Ausgabe

Wie Lämmer zur Schlachtbank?

Michael Bittner

Inhalt

Seidel, Bertram/ Seidel Gabriele/ Hilbert, Enrico (Hrsg.): Wie Lämmer zur Schlachtbank? Widerstand und Verweigerung aus der jüdischen Bevölkerung Sachsens gegenüber dem NS-Regime 1933-1945. Bodenburg: Edition AV 2025.

525 Seiten, Euro 30,70.-

ISBN 978-3-86841-325-0

 

Gut gemeint ist das Gegenteil von gut, sagt ein altes Sprichwort. Daher muss ich meine Rezension zweiteilen, um dem Werk gerecht zu werden.

 

Was ist an diesem Buch gut? Die Idee, den Widerstand in der NS-Zeit in einem abgeschlossenen Gebiet, in Sachsen, flächendeckend aufzuarbeiten und ein Buch von über 500 Seiten entstehen zu lassen, das interessant zu lesen ist. Es eignet sich gut zum Kreuz- und quer-Lesen und man sucht unwillkürlich nach Namen, die man kennt  (meine Tante aus Zwickau habe ich nicht gefunden, macht nichts), nach Orten, nach Ereignissen wie dem Novemberpogrom. Ein solches Buch ist in einer Zeit, in der sich der Antisemitismus plötzlich von links an uns heranschleicht, ganz besonders wichtig. Es kann auch dazu dienen, aufdringliche Palästinensertuchträger kurzzeitig abzuwehren und Mut zur Zivilcourage zu tanken.

 

Die Aufgabe war überschaubar, nur 0,4% der Vorkriegspopulation war jüdisch und die anonymen Autoren – drei Personen fungierten als Herausgeber, es ist kein Autor angeführt – haben eine unglaubliche Menge an Quellen und Literatur durchforstet und das Thema augenscheinlich erschöpfend abgehandelt.

 

Und dabei sind wir schon bei dem, was an diesem Buch nur gut gemeint ist, es ist kein wissenschaftliches Buch. Es gibt keine einzige Fussnote, keinen einzigen Verweis, woher die Informationen kommen, daher ist auch nicht nachprüfbar, ob die Sachverhalte so auch stimmen. Es wären ja auch Kurzzitate im US-Stil möglich gewesen, das ist weniger Arbeit und hätte den Text nicht aufgebläht.

 

 Es sind aber nicht nur die fehlenden Quellenbelege, sondern auch die übertriebene Lakonik der Einträge. Ein aus Sachsen gebürtiger Jude aus den U.S.A. kämpfte gegen die Nazis – in welcher Einheit, wann, wo, wie und wann ging er ins Exil? Nichts! Wir erfahren bei manchen Personen ganz überflüssige Informationen über ihre politische Einstellung, klar immer links, aber fast keine Fakten, nur oberflächlich werden die meisten Schicksale gestreift. Und wie hiess die hübsche Frau auf einem der viel zu wenigen Bilder? Käthe? Käte? Kate? Sie kommt in allen drei Schreibweisen vor, kein gutes Zeichen für das Lektorat.  Ach ja, Unitet States schreibt man auch nicht so (S. 460).

 

Mein Vorschlag: Für die 2. Auflage den Text redigieren, Quellenverweise dazugeben, die Kapitel so ausbauen, dass es den tapferen jüdischen Menschen aus Mitteldeutschland gerecht wird, Bilder dazugeben, ein paar Dokumente, dann sind es 750 Seiten, auch schon wurscht, man muss das Buch dann besser binden, aber es wäre ein eindrucksvolles Monument für den Widerstand der jüdischen Bevölkerung in Sachsen.

 

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