Am 25. September 2027 starb Georg Stefan Troller im 104. Lebensjahr in Paris, das jüdische neue Jahr 5786 hat er noch erlebt, ich hoffe er konnte es noch willkommen heissen.
Georg Stefan Troller, wer war das? Werden sich viele Österreicher fragen. Ein Österreicher, ein Wiener, ein Amerikaner, ein Pariser, ein Journalist, ein Schriftsteller, ein Filmemacher und vor allem ein gerader, direkter, ehrlicher Mensch. „Ich darf nicht verzeihen“, sagte er in einem Interview der taz zum seinem hundertsten Geburtstag.
Obwohl er sich mit 100 Jahren dazu entschied, wieder Österreicher zu werden, passte Troller nicht in dieses Land, wo die Ehrlichkeit stets mit Füssen getreten wird. Heimat gab es für ihn keine, Wien war seine Geburtsstadt, aufgewachsen in der Inneren Stadt, im Fetzenviertel, gross geworden in Döbling, dann geflohen und als amerikanischer Soldat nach Europa zurückgekehrt, war sein Schlüsselerlebnis im Zweiten Weltkrieg die Befreiung von Dachau.
In Wien wollte er nicht mehr sein, so wählte er 1949 Paris als seinen Wohnort, ein Amerikaner in Paris. Doch wurde der Hauptschauplatz seiner jahrzehntelangen Arbeit das deutsche Fernsehen, nicht die französischen Medien und schon gar nicht der ORF. Troller passte in kein Schema, in das man Journalisten presst, er war kein Fischer-Karwin, kein Kreuzer und kein Wolf, er war anders als alle anderen Fernsehfiguren damals, er war authentisch. Als Interviewer, der Prominente von Pablo Picasso bis Woody Allen befragte, entwickelte er einen ganz eigenständigen Stil der Gesprächsführung, 1.200 bis 1.500 Mal sass er mit Prominenten und auch Unbekannten vor der Kamera. Und dabei ging es ihm – anders als den Durchschnittsjournalisten – darum, die Wahrheit zu ergründen.
Neben Fernsehserien wie der Personenbeschreibung, von der 70 Folgen produziert wurden, führte er Regie bei zahlreichen Dokumentarfilmen, er schrieb Drehbücher für den frühverstorbenen Axel Corti, und eines für Robert Schindel, Gebürtig. Seine Schriften sind fast alle autobiografisch, viele handeln von Krieg und Verfolgung. Überraschend für jemanden, der angibt, keine Heimat zu haben, ist die grosse Bewunderung für Paris, dieser Stadt hat er einige Bücher gewidmet, Wien nur eines: Mein fideles Grab an der Donau. Wien 1918-1938, 2004 erschienen. Er sagte einmal, dass Karl Kraus sein grosses Vorbild war, aber Troller ging weit über den Wirkungskreis des grossen Satirikers hinaus, nicht nur Intellektuelle, auch das breite Publikum erreichte er mit seinen Büchern und Fernsehproduktionen.
In Deutschland wurde er mit Preisen überhäuft, in Österreich nur mit einem, passenderweise dem Axel Corti-Preis, den er 2004 entgegennahm.
Nun ist Georg Stefan Troller tot und wir hoffen, dass er in Frieden ruhen kann. Er hat sein Jahrhundert überlebt, er hat schon seit einiger Zeit nicht mehr in diese Medienlandschaft gepasst. Die „Wahrheit“, die er gesucht hat, interessiert die noch jemanden? Im Zeitalter von Trump? Im Zeitalter der KI? Im Zeitalter von…. die Liste ist lang. Mit unserer verlogenen Zeit konnte der grosse „Menschenfresser“, wie er sich selbst bezeichnete, nichts mehr anfangen.

Georg-Stefan-Troller-2011-im-ZDF-bei-Vor-30-Jahren. Quelle: Von Bodow - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52113869