Ausgabe
Das Exilland Amerika zerstörte ihre Karriere
Stephan Templ
Lisette Model (1901 Wien–1983 New York)
Lisette Model wurde im Jahre 1901 in Wien als Tochter eines aschkenasisch-sefardischen Vaters (Victor Stern-Pacifico, 1866 Trieste–1924 Wien) und der Französin Francois Antoniette Picus (Albens 1866–1944 Nizza) geboren.
Inhalt
Lisette Model hatte anfänglich Musik bei Arnold Schönberg studiert und kam erst im Paris der 1930er Jahre zur Fotografie, und zwar zur zeitkritischen Gesellschaftsfotografie, der sie sich vollends verschrieb: Auf der einen Seite porträtierte sie das Leben der gelangweilten Reichen mit ihren Hundeschauen an der Promenade des Anglais in Nizza, die das Leben der Obdachlosen in Paris kontrastierten, aber genauso in New York, wohin sie mit ihrem jüdischen Ehemann Evsa Model 1939 aus Paris geflohen war. Die Nazis und die Flucht konnen ihren Aufstieg als gefragte Bildreporterin nicht aufhalten. Erst die amerikanische Politik des Kalten Krieges, die McCarthy-Ära, zerstörte ihre Karriere.
Die Schnüffler outeten sie als Kommunistin– schliesslich gehörte sie doch der als links geltenden Photo League an – und das reichte, dass Harper´s Bazaar und andere Magazine die Verträge mit ihr kündigten – sie stand vor dem Nichts, landete auf der „National Security Watchlist“, blieb aber im Gegensatz zu den anderen politisch Verfolgten der McCarthy-Zensur, wie Thomas Mann, Bert Brecht oder Hanns Eisler, in den U.S.A. Sie hielt sich mit ihrer Lehrtätigkeit an der New School for Social Research über Wasser, ihre Schülerinnen waren Diane Arbus und Eva Rubinstein.
Der Schock über die abermalige Verfolgung in den U.S.A. sass so tief, dass sie selbst noch kurz vor ihrem Tode im Jahre 1983 ihre Biografie verzerrte, ihre wesentlichen Arbeiten, die sozialkritische Bildberichterstattung verschwieg, nur um nicht als Linke oder gar als Kommunistin in die Geschichte einzugehen, was ihre Versenkung in der Geschichte zur Folge hatte.
Nun wird sie mit einer grossen Schau in der Albertina gewürdigt, Wien hat sogar ein Plätzchen im achten Bezirk nach ihr benannt, unweit ihrer Kindheitswohnung in der Josefsgasse Nummer 9.
Ausstellung bis 22. Februar in der Albertina, Wien
Lisette Model
Oper, San Francisco, 1949
34 × 26,6 cm, Silbergelatinepapier
ALBERTINA, Wien © Estate of Lisette Model, courtesy baudoin lebon and Avi Keitelman
Lisette Model
Spiegelung, 1939-1945
26,5 x 33,4 cm, Silbergelatinepapier
ALBERTINA, Wien © Estate of Lisette Model, courtesy baudoin lebon and Avi Keitelman