Christoph Tepperberg
Gregor Gatscher-Riedl: Die Ritter Konstantins. In hoc Signo vinces. – „In diesem Zeichen wirst Du siegen.“ Die Geschichte des Heiligen Konstantinischen Ritterordens vom Heiligen Georg, hrsg. von Birol Kılıç. Wien-Istanbul: Neue Welt Verlag 2024.
Softcover, 220 Seiten, 60 Farb- und SW-Abbildungen, 1 Tabelle, Euro 99,00.-
ISBN-13: 978-3-9505287-1-8
Der Autor
Mag. Dr. Gregor Gatscher-Riedl, PhDr. MPA, geboren 1974, Studium an den Universitäten Wien und Nitra (Slowakei) ist Leiter des Archivs der Marktgemeinde Perchtoldsdorf. Er hat ein breites Forschungs- und Publikationsspektrum: Regionalgeschichte, besondere Orte der Habsburgermonarchie, besonders des Adriaraumes, Geschichte der Schifffahrt, Studentengeschichte, Kirchengeschichte sowie Wappen- und Ordenskunde.
Der Autor hatte schon früher beim Neue Welt Verlag ein Buch zu diesem Thema verfasst: In Hoc Signo Vinces. Die Geschichte des Heiligen Konstantinischen Ritterordens vom Heiligen Georg: Zwischen religiösem Mythos und politischem Anspruch von Byzanz nach Neapel. (2012, 2022). Zum 1.700-Jahr-Jubiläum der Erklärung Konstantins zum Regenten im gesamten Imperium 324 entstand eine neue Publikation mit ähnlichem Titel, die noch vor Weihnachten 2024 in der Wiener Hofburg präsentiert werden konnte.
In seiner umfassenden Studie nimmt Gregor Gatscher-Riedl den Leser mit auf eine interessante und spannende Reise durch die Jahrhunderte einer ritterlichen christlichen Ordensgemeinschaft. Der „älteste Orden der Christenheit“ gründet seine Entstehung auf eine Kreuzeserscheinung. Die Gründungslegende ist so alt wie die römische Kirche selbst. Der Überlieferung nach wurde dem Kaiser Konstantin (270/88–337) in einer Traumerscheinung bedeutet: „In hoc signo vinces!“ (In diesem Zeichen wirst Du siegen). Daraufhin liess Konstantin das Christusmonogramm auf den Schilden seiner Soldaten anbringen. Unter dem Zeichen des Kreuzes siegte Konstantin am 28. Oktober 312 n.u.Z. in der Schlacht an der Milvischen Brücke gegen seinen Rivalen Maxentius. Der Orden soll bereits im Jahre 313 von Konstantin gestiftet worden sein. Der Kaiser wurde nun zum Alleinherrscher des Römischen Westreiches, und legte durch seine späteren Regierungsmassnahmen den Grundstein für die Dominanz des Christentums. (S. 30-36) Das Christentum als Staatsreligion (380 n.u.Z.) führte unseligerweise auch zur verstärkten Ablehnung des Judentums und zum vermehrten Judenhass in Europa, was bis zum heutigen Tage spürbar ist.
Das päpstliche Interesse an der Person und Überlieferung Kaiser Konstantins hängt auch mit der „Konstantinischen Schenkung“ zusammen, die dem Papsttum den Primat über die christliche Kirche einräumte und zudem die Basis für den kirchlichen Landbesitz bildete. Die Entstehung dieser berühmten Urkunde, die angeblich in den Jahren 315/317 von Kaiser Konstantin ausgestellt worden sein soll, wurde im 15. Jahrhundert als Fälschung entlarvt und wird von der modernen Mediävistik auf die Zeit um 800 datiert.
Der Mythos ist das Selbstverständnis dieses Ritterordens, der als päpstliche Gemeinschaft und durch seine Verbindungen zu Fürstenfamilien wie den Farnese, den Bourbonen und den Habsburgern immer auch Gegenstand europäischer Politik war. Hinzu kam der Anspruch der direkten Kontinuität zu den Kaisern von Byzanz und dem Zentrum Konstantinopel (Istanbul).
Der Orden soll 1190 durch Kaiser Isaak Angelos erneuert worden sein. Seit dem 16. Jahrhundert ist der Orden als Ritterorden der albanischen Familie Angelo dokumentiert, die aufgrund einer Legende als Nachfahrin der oströmischen Dynastie der Komnena auftrat. Unter ihnen erhielt der Orden 1575 die päpstliche Bestätigung. (S. 40-73) Der letzte Angehörige der Angeli verkaufte das Amt des Ordens-Grossmeisters 1697 an Herzog Francesco Farnese von Parma, was dieser sich 1699 von Kaiser und Papst bestätigen liess. (S. 74) Man sieht, es mischten sich hier materielle Interessen mit Interessen des Ranges unter europäischen Fürsten. Danach ging der Orden ans Königreich Neapel. Hier bestand der Orden mit Unterbrechung bis zum Untergang des Königreichs beider Sizilien 1860, unter dessen Protektorat der Orden stand. Marie-Louise von Österreich gründete als Herzogin von Parma (1791–1847) einen parmesischen Ordenszweig, der bis heute als dynastischer Orden des Hauses Bourbon-Parma existiert. (S. 102-135) Durch den Nachfolgestreit im Haus Bourbon-Sizilien erfolgte 1960 die Spaltung des Ordens in zwei Obedienzen, die Neapolitanische und die Spanische Obedienz, die jeweils das Amt des Grossmeisters beanspruchen. (S. 182-199)
Der Grossmeister des Ordens ist eines der ganz wenigen erblichen Kirchenämter und wird innerhalb des Hauses Bourbon-Beider-Sizilien weitergegeben. Ihm gehören katholische Laien beiderlei Geschlechts sowie Geistliche an. Der Ordensauftrag besteht in der Stärkung des christlichen Lebens seiner Mitglieder. Die Ritter und Damen des Ordens bekennen sich offen zu Papst und Kirche.
Auch wenn bereits Zeitgenossen Zweifel an der fiktiven Geschichte des Ordens hegten, galt er dennoch als ältester und kaiserlicher Ritterorden. Formell stand er sogar über dem höchsten katholischen Orden, dem 1430 gestifteten burgundischen Orden vom Goldenen Vlies. Gemeinsam mit dem weit bekannteren Souveränen Malteser-Ritterorden ist der Konstantinische Georgsorden eine der wenigen ritterlichen katholischen Ordensgemeinschaften, die sich den Status der päpstlichen Anerkennung bis in unsere Zeiten bewahren konnten.
Als wissenschaftliche Abhandlung ist der Band mit einem Anmerkungsapparat (Fussnoten) ausgestattet. Im Anhang finden sich Verzeichnisse der Grossmeister, Grossprioren und Kardinal-Protektoren (S. 201-206), Ein Verzeichnis von Literatur und Quellen (S. 207-217), Abkürzungen (S. 218) und eine Mitgliederstatistik 1699-1960 (S. 219) ergänzen diese profunde, umfassende und akribisch recherchierte Studie.
Gregor Gatscher-Riedl bei der Buchpräsentation in der Wiener Hofburg. Aus Türkische Allgemeine. Ihre Zeitung für Türkische News aus dem deutschsprachigen Raum vom 28. Oktober 2024.