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Österreichisches Jahrbuch für Politik 2009

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Andreas Khol/ Günther Ofner/ Stefan Karner/ Dietmar Halper (Hg.): Österreichisches Jahrbuch für Politik 2009.

Wien - Köln - Weimar: Böhlau Verlag 2010.

618 Seiten, Euro 28,90.-

ISBN 978-3-205-78503-3

Für das Jahr 2009 wurde nun von der Politischen Akademie der ÖVP das Österreichische Jahrbuch für Politik vorgelegt. Seit 32 Jahren gibt diese Publikation einen Überblick über die politische und gesellschaftliche Lage Österreichs.  Ausführlich widmet sich der Band dem derzeit wohl meistdiskutierten Thema: der Wirtschafts- und Finanzkrise. Sie wird aus verschiedenen Perspektiven behandelt: Vizekanzler Josef Pröll stellt die politische Agenda vor, Veit Sorger und Markus Beyrer von der Industriellenvereinigung legen ihre Vorschläge für die wirtschaftliche Erholung dar. Der Ökonom Stephan Schulmeister und der Vorstand der Finanzmarktaufsicht Kurt Pribil schreiben zur Ordnung der Finanzmärkte. Der EVN-Manager Günther Ofner diskutiert die Herausforderungen für die Finanz- und Wirtschaftspolitik. Zwei Beiträge befassen sich mit den Wechselwirkungen in Bezug auf einzelne Sachgebiete. Die Bedeutung der Bildung im Kampf gegen die Krise erläutert der Bildungsfachmann Andreas Salcher, der Geschäftsführer des Österreichischen Integrationsfonds, Alexander Janda, behandelt die Zusammenhänge mit der Integrations- und Migrationspolitik.

Ein weiterer Abschnitt ist den 2009 stattgefundenen Wahlen in Oberösterreich, in Vorarlberg, zum Europäischen Parlament und der deutschen Bundestagswahl gewidmet. Die beiden Landtagswahlen werden von den ÖVP-Politikern Dietmar Wetz (V), Michael Strugl und Wolfgang Hattmannsdorfer (OÖ) analysiert, die Europa-Wahl vom Politologen Franz Sommer und die deutsche Wahl von Andreas Lederer und Paul Unterhuber, die beide in der „Strategischen Planung" der CDU mitarbeiteten.

Ins politisch Grundsätzliche geht das nächste Kapitel. Der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier untersucht die programmatische Arbeit der politischen Parteien in Österreich. Konkret auf das in Ausarbeitung befindliche neue ÖVP-Programm gehen Dietmar Halper, Direktor der Politischen Akademie, und sein Stellvertreter Peter Danich ein. Die Kommunikationsfachleute Johannes Domsich und Max Kossatz unterstreichen in ihrem Beitrag die Bedeutung des Internets und diverser Formate wie Blogs, Facebook, Twitter usw. Die Frage, wem eigentlich parlamentarische Untersuchungsausschüsse nützen, hat sich der ÖVP-Klubdirektor im Parlament, Martin Falb, gestellt. Finanz-Staatssekretär Andreas Schieder sieht in Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Finanzkrise ein Revival des Sozialstaates zum Ausgleich von Ungerechtigkeiten des Marktes. Mit einer Zukunftsfrage hat sich ÖAAB-Bundesobmann und Aussenminister Michael Spindelegger auseinandergesetzt: Welche Antworten hat der ÖAAB für die Herausforderungen der heutigen Arbeitswelt? Gesellschaftlich stets aktuell ist die Familienpolitik. Günter Danhel, Koordinator des Österreichischen Familiennetzwerkes, geht auf die Politik von „Re-Familialisierung" bzw. „De-Familialisierung" ein. ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger plädiert für das (inzwischen eingeführte) Transferkonto zur Erhöhung der Transparenz bei den Sozialleistungen. Die Bildungsdebatte findet auch im Jahrbuch ihren Niederschlag. Die VP-Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager befasst sich mit der Neuen Mittelschule, Alt-Landeshauptmann Hans Katschthaler mit der schulischen Bildungsdiskus-sion in Österreich. Dem universitären Bereich widmen sich die Beiträge von Elmar Pichl, Kabinettschef im Wissenschaftsministerium, und Christian Sebastian Moser von der Politischen Akademie, die dabei an die Studentenproteste im vorigen Jahr anknüpfen.

Im Europa-Kapitel analysiert Alt-Kanzler Wolfgang Schüssel den Vertrag von Lissabon, ÖGB-Präsident Erich Foglar behandelt die europäische Sozialpolitik im Lichte dieses Vertrages. Der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Ludwig Adamovich, hat einen Beitrag über das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichtes zum Lissabon-Vertrag verfasst. Für einen unabhängigen ORF und gegen staatliche Bevormundung plädiert der ehemalige Chefredakteur Werner Mück. Gerald Grünberger, Mitglied des Rundfunkbeirates, stellt die Frage, ob das neue ORF-Gesetz eine dauerhafte, zufriedenstellende Neuordnung bringe. Mit der jüngsten Geschichte setzen sich der ehemalige Nationalratspräsident und jetzige Obmann des Seniorenbundes Andreas Khol und der Historiker Stefan Karner auseinander. Khol schreibt über die Nationalratswahl 1999, und Karner zieht Bilanz der in der Folge gebildeten Regierung Schüssel. Der Historiker Michael Gehler geht in zwei Beiträgen auf die Südtirol-Problematik ein: Er analysiert die Paket-Entscheidung und legt 15 Thesen zur Lösung des Südtirol-Konfliktes nach dem Zweiten Weltkrieg dar. Walter Obwexer, Professor für Europa- und Völkerrecht in Innsbruck, behandelt die Institutionalisierung der Europaregion Tirol als Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit.

Im Anhang finden sich ein chronologisch geordneter innen- und aussenpolitischer Jahresrückblick und die Resultate der Bundespräsidenten- und Nationalratswahlen seit 1919, der Landtagswahlen seit 1945 und der Wahlen in Österreich zum Europäischen Parlament samt Mandatsaufteilungen des Europäischen Parlaments seit 1994 sowie die Ergebnisse der Arbeiterkammer-Wahlen seit 1989. Dem am politischen Geschehen Österreichs Interessierten ist das Jahrbuch wie schon in der Vergangenheit weiterhin wichtiges Hilfsmittel und systematisches Nachschlagewerk.