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Jüdisch-christliche Liebesbeziehungen bei Leopold Kompert

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Ingrid Steiger-Schumann: Jüdisch-christliche Liebesbeziehungen im Werk Leopold Komperts. Zu einem Zentralmotiv des böhmisch-jüdischen Schriftstellers (1822 - 1886). Oldenbourg: De Gruyter Verlag 2015.

362 Seiten, Euro 119,95

ISBN 978-3-110438-017

 

Ingrid Steiger-Schumann schreibt in der vorliegenden Arbeit, mit der sie an der Universität Genf dissertierte, dass Leopold Kompert eine feste Überzeugung immer vertreten hatte: Dass es möglich sei, „zur Verständigung zwischen Christen und Juden beizutragen“, durch eine Evokation der traditionellen jüdischen Welt in der Literatur. Die Autorin versucht zu zeigen, „wie konstitutiv das Motiv der jüdisch-christlichen Liebesbeziehungen für sein Werk ist.“ Denn in der Lebenszeit Komperts waren „erstmals auch interreligiöse Liebes- und Eheverbindungen als Lebensentwurf“ möglich. Kompert beschrieb die jüdische Lebenswelt seiner Heimat kritisch, genau und mit Empathie, ohne sie zu erklären. Er wurde mit seinen Werken einer der Begründer der Ghettoliteratur, der Gabriele von Glasenapp und Hans Otto Horch eine dreibändige ausführliche Dokumentation gewidmet haben.

Steiger-Schumann nennt ihn einen zu Lebzeiten berühmten, später fast vergessenen Autor. Sie widmet sich im ersten Teil ihrer Studie seiner Biographie und der Rezeptions- und Editionsgeschichte seines Werkes, im zweiten Teil der literaturgeschichtlichen Analyse. Der 1822 geborene Kompert wuchs als Sohn eines Wollhändlers und Enkel eines Rabbiners in Mnichovo Hradiště/Münchengrätz und Mladá Boleslav/Jungbunzlau (Böhmen) auf. In Jungbunzlau war der revolutionäre Schriftsteller und Politiker Moritz Hartmann, der sich taufen liess, sein Mitschüler. Kompert brach sein Medizinstudium ab, wurde Hauslehrer, Bankangestellter und Redakteur der Österreichischen Konstitutionellen Zeitung und des Österreichischen Lloyd. Mit der Zeit wurde er einer der arriviertesten jüdischen Schriftsteller seiner Zeit in Wien. 1857 heiratete er die Sozialarbeiterin Marie Löwy. Er war Mitglied der Concordia, Schriftführer der Schillerstiftung, Vorstandsmitglied der Wiener Israelitischen Kultusgemeinde, Gemeinderat und Landesschulrat von Niederösterreich. Kompert wurde mit dem Ehrendoktorat der Universität Jena, dem Bürgerrecht der Stadt Wien und dem Titel Regierungsrat ausgezeichnet.  1906 gab Stefan Hock Komperts Gesammelte Werke in 10 Bänden heraus. Auswahlbände erschienen unter anderen in der NS-Zeit im Schocken Verlag, in einem Verlag der DDR und in jüngster Zeit im Wallstein Verlag. In der Buchreihe Conditio Judaica erschien 1998 auch die Studie Draussen vor dem Ghetto. Leopold Kompert und die ‚Schilderung jüdischen Volkslebens’ in Böhmen und Mähren“ von Maria Theresia Wittemann.

 

Evelyn Adunka