Ausgabe

Mag. Thomas Stelzer, Landeshauptmann von Oberösterreich, im Interview

Ilan BERESIN

Content

DAVID: Die jüdische Geschichte Oberösterreichs beginnt im 13. Jahrhundert, wo ein Judenviertel in Linz urkundlich erwähnt wird. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrten 1947/1948 einige Mitglieder der jüdischen Gemeinde von Linz wieder in ihre Heimatstadt zurück und errichteten die Israelitische Kultusgemeinde Linz erneut. Wie ist der Kontakt zwischen der Landesregierung und der Kultusgemeinde heute? Gibt es gemeinsame Veranstaltungen oder Projekte?

h11458.jpg

Landeshauptmann Mag. Stelzer. Foto: Mit freundlicher Genehmigung Land OÖ.

 

Landeshauptmann Stelzer: Wir pflegen einen sehr guten Kontakt und engagieren uns auch darin, Rolle und Bedeutung der jüdischen Kultusgemeinde für Linz sichtbar zu machen. Ein wichtiger Schritt dabei war sicherlich die gelungene Sanierung des Gemeindehauses der jüdischen Gemeinde in der Linzer Bethlehemstrasse, zu der das Land Oberösterreich wichtige Beiträge geleistet hat. Es ist ein sichtbares Zeichen, dass jüdisches Gemeindeleben in Linz und Oberösterreich lebendig ist.

 

DAVID: Im Jahre 2012 erschien das Buch Weg von hier, wo die Linzer Jüdin Ilse Mass ihre Lebensgeschichte präsentiert. Während des Nationalsozialismus gelang Ilse Mass die Flucht über Shanghai nach Palästina. Ihr Buch zeigt, wie wichtig die Erinnerung von Zeitzeugen ist. Gibt es von Seiten der Landesregierung Kontakte zu ehemaligen Oberösterreicherinnen und Oberösterreichern?

Landeshauptmann Stelzer: Selbstverständlich. Wir pflegen unsere Kontakte gerade zu Zeitzeugen. In den letzten Jahren hat es immer wieder auch Einladungen nach Oberösterreich gegeben, soweit dies den Menschen noch möglich war, und sie es gewünscht haben. Darüber hinaus wurde die Ausstellung „Die Gerechten“ im Linzer Ursulinenhof gezeigt, in deren Rahmen wir Zeitzeugen nicht nur eingeladen haben, sondern sie auch gebeten haben, speziell mit jungen Menschen ihre Erfahrungen zu teilen.

 

DAVID: Welchen Beitrag leistet das Land Oberösterreich für die Gedenkstätte Mauthausen?

 

Landeshauptmann Stelzer: Oberösterreich ist sich seiner aus der Geschichte gewachsenen Verantwortung bewusst und handelt auch danach. Dies in einer sehr umfassenden Art und Weise, die von Forschungsaufträgen über die Arbeit des Instituts Hartheim bis hin zum Bemühen, Erinnerungsstätten in allen Landesteilen sichtbar zu erhalten, reicht. Natürlich leisten wir auch für die Gedenkstätte Mauthausen Beiträge, auch wenn in diesem konkreten Fall die Zuständigkeit beim Bund liegt.

 

DAVID: In diversen Regionen Oberösterreichs gibt es „Stolpersteine“, z.B. in Wels, Braunau und Aigen. Wissen Sie, warum es in Linz keine gibt?

 

Landeshauptmann Stelzer: Dazu kann ich nichts sagen, weil die Entscheidung bei der Stadt Linz liegt. Das ist Sache der zuständigen Verantwortlichen der Landeshauptstadt.

 

DAVID: Im Jahre 2010 unterzeichneten der Staat Israel und das Land Oberösterreich ein Kulturabkommen. Welche konkreten Projekte oder Initiativen sind dadurch entstanden?

 

Landeshauptmann Stelzer: Das Kulturabkommen ist sogar noch älter – es besteht seit 2005 und wurde zuletzt im November des Vorjahres erneuert. Seit Beginn, also seit 2005, wurden mehr als 30 Projekte umgesetzt. Es gibt regelmässig konkret Schulprojekte, zum Beispiel des Linzer Stiftergymnasiums, und auch die Anton Bruckner Privatuniversität des Landes arbeitet mit israelischen Partnern zusammen. Ein besonderer Höhepunkt kommt 2019: das Kulturabkommen ermöglicht es, dass die „Qumran-Rollen“, also die Urquellen der Heiligen Schrift, im Linzer Schlossmuseum präsentiert werden können.

 

DAVID: Zum Abschluss des Gesprächs würden wir Sie gerne auch nach Ihren musikalischen, literarischen und sonstigen kulturellen Interessen fragen.

 

Landeshauptmann Stelzer: Ich bin ein sehr offener Mensch, der sich gerade im Kulturbereich gerne auf Neues einlässt, und auch überraschen lässt. Daher fällt es mir schwer, diese Frage konkreter zu beantworten. Ich habe in meiner Kindheit und Jugend die Musikschule besucht, spiele jetzt noch soweit es meine Zeit zulässt Gitarre, gehe regelmässig ins Theater und in Konzerte, und habe viel Freude damit, Kultur in einer grossen Bandbreite zu geniessen.

 

DAVID: Vielen Dank, Herr Landeshauptmann, für das interessante Gespräch.

 

Zur Person: Mag. Thomas Stelzer 

1967 in Linz geboren, arbeitete Mag. Thomas Stelzer nach Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz in in einer Bank. Seine politische Karriere in der ÖVP führte ihn über den Linzer Gemeinderat 1997 in den Landtag, seit April 2017 ist er Landeshauptmann von Ober-österreich und seit 1. Juli 2017 Bundesobmann-Stellvertreter der ÖVP.