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Saskia Goldschmidt: Die Glücksfabrik.
Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke.
München: Deutscher Taschenbuchverlag 2014
328 Seiten, kartoniert, Paperback, Euro 15,40 (A)/ Euro 14,90 (D)
ISBN 978-3-423-26024-4
Am Totenbett blickt Mordechai de Paauw, der von allen Motke genannt wird, im Alter von 97 Jahren auf sein Leben zurück. Als Erbe eines erfolgreichen Fleischereibetriebs macht der ehrgeizige Motke sich in den Niederlanden der Dreissigerjahre auf die Suche nach genialen Ideen. Gemeinsam mit Rafael Levine, einem aus Deutschland emigrierten Arzt und Wissenschaftler, gelingt es dem umtriebigen Geschäftsmann, aus Stierhoden Testosteron zu gewinnen. De Paauw baut das Verfahren mit seiner neu gegründeten Firma Farmacon weiter aus. Am Beginn des Zweiten Weltkriegs sieht Motke sein Lebenswerk als bedroht an und beginnt, Menschen in seiner Umgebung für sich zu instrumentalisieren. Er schafft es, den Krieg zu überdauern und es gelingt dem Unternehmen, die Hormone zu standardisieren, um später die Pille weltweit zu vertreiben. Für den Erfolg von Farmacon ist Motke bereit, über Leichen zu gehen. Skrupellos nützt er seine Macht aus und beutet die jungen Arbeiterinnen seiner Fabrik sexuell aus. Die Frauen werden auf seiner „Cosy-Corner-Couch" missbraucht und ihnen werden zu Testzwecken auch Hormonpräparate aufgezwungen.
Nach ihrem Debütroman Um jeden Preis glücklich - Geschichte einer Familie (2011) gelingt es der 1954 in Amsterdam geborenen niederländischen Autorin Saskia Goldschmidt erneut, eine packende Familiengeschichte zu schildern. Gekonnt schafft sie durch die Verbindung von Fiktion und Realität das Bild eines Mannes aufzuzeigen, dessen Gier nach Macht grenzenlos ist. Der Roman weist Verbindungslinien zur Familiengeschichte der Autorin auf. Bei Recherchen stiess die Autorin auf Dokumente über den Arzt und Pharmakologen Ernst Laqueur, den Schwiegervater ihres Vaters. Laquer war Mitbegründer der Firma Organon, die Hormonpräparate herstellte. Goldschmidts Vater, ein Überlebender des Konzentrationslagers Bergen-Belsen, heiratete Renate Laquer, die extravagante Professorentochter. Doch die Ehe hielt nur bis 1950. Renates Begründung der Trennung war: „ Die Ehe ist nicht dafür gemacht, um die Hölle zu überdauern."
Laqueur widerspiegelt sich in der Romangestalt des Wissenschaftlers Rafael Levine. In ihrem Nachwort beschreibt Goldschmidt, warum sie für ihr Buch einen Protagonisten gewählt hat, der am Totenbett sein Leben Revue passieren lässt: „Denn das ist der Moment, Bilanz zu ziehen, und sich, vielleicht zum ersten Mal, die Frage zu stellen: War ich ein Mensch, wirklich ein Mensch?".