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„Österreich soll für alle Menschen, die hier leben, zur Heimat werden, ohne dass sie dafür ihre Wurzeln aufgeben müssen“

Monika KACZEK

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DAVID: Am 16. Dezember 2013 wurden Sie als Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten angelobt. Seit dem 1. März vergangenen Jahres sind Sie Bundesminister für Europa, Integration und Äusseres. Wie wichtig scheint es Ihnen, dass die Integrationsagenden ins Aussenamt übernommen wurden?

BM Kurz: Das Zusammenspiel aus Integrations- und Aussenpolitik bietet viele Synergien: Zum Beispiel wenn es darum geht, Zuwanderinnen und Zuwanderer auf das Leben in Österreich und unsere Werte vorzubereiten. Die Integration beginnt schon im Ausland an unseren Botschaften, die einen wichtigen Beitrag leisten, um die österreichische Willkommenskultur nach aussen zu tragen. Gleichzeitig lässt uns das grosse Netz an Botschaften  im Integrationsbereich auch international immer auf dem neuesten Stand der Entwicklungen sein.

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Foto: BMEIA, mit freundlicher Genehmigung

DAVID: Im Februar dieses Jahres besuchten Sie gemeinsam mit Elmar Brok, dem Vorsitzenden des aussenpolitischen Ausschusses des Europäischen Parlaments, Bagdad, die kurdische Region des Iraks und das Camp Baharka, ein Flüchtlingslager für rund 3000 Personen aus der Gegend rund um Mossul. Neben dem Ausdruck Ihrer Solidarität mit den Opfern der Gewalt, sicherten Sie dem Irak auch humanitäre Unterstützung im Kampf gegen den IS-Terror zu. Wie kann diese Hilfe konkret ablaufen?

BM Kurz: Wir haben auf die humanitäre Krise umgehend reagiert und bis jetzt Hilfe in der Höhe von 2,85 Mio. Euro geleistet.  Die Mittel werden über das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen sowie der Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung hauptsächlich im Nordirak zur Verfügung gestellt und dienen der Basisversorgung (Nahrungsmittel, Notunterkünfte), dem Zugang zu Trinkwasser und der medizinischen Erstversorgung, wie zum Beispiel  medizinischen Nothilfepaketen für 100.000 Personen, die direkt nach Erbil geliefert wurden.

DAVID: Die furchtbaren Flüchtlingstragödien, die im Mittelmeer geschehen, stellen die EU vor verstärkten Aufgaben. Für Sie ist die Errichtung von Asylzentren in Nordafrika ein Weg, um vor Ort Unterstützung zu leisten.1 Welche Staaten der Maghrebregion könnten für solche Zentren in Frage kommen?

BM Kurz: Es ist wichtig, dass Flüchtlinge aus Krisengebieten schon ausserhalb Europas Schutz und menschenwürdige Aufnahmebedingungen vorfinden können, bevor sie sich, von Schleppern ausgenützt, auf lebensgefährliche Überquerungen des Mittelmeers einlassen. Gleichzeitig müssen wir auch vor Ort in den Heimatländern ansetzen, damit für Menschen, die durch Migration bessere wirtschaftliche Lebensbedingungen suchen, auch eine Rückkehr möglich ist.  Das kann Europa nur gemeinsam tun, indem die EU  durch ihre Aussenpolitik zu Konfliktlösung und für stabile Rahmenbedingungen in den einzelnen Ländern der Region beiträgt. Das tut die EU durch die regionalen Entwicklungs- und Schutzprogramme, die derzeit in insgesamt 13 Staaten des Mittleren Ostens, Nordafrikas und des Horns von Afrika umgesetzt werden (Algerien, Ägypten, Äthiopien, Irak, Jordanien, Kenia, Libanon, Libyen, Mauretanien, Marokko, Niger, Sudan, Tunesien). Ausserdem soll es an einem Knotenpunkt der afrikanischen Migration Richtung Mittelmeer, nämlich in Niger, ein „Vielzweckzentrum" geben, das in erster Linie  Aufklärung über die Gefahren der von Schlepperbanden organisierten Weiterreise zum Mittelmeer sowie Information und Unterstützung für eine Rückkehr bieten soll.  Auch dieses Zentrum könnte dann für eine Anzahl von Flüchtlingen, für die kein anderer Ausweg besteht, die Möglichkeiten für eine Auswanderung nach Europa prüfen.  Unterstützung für menschenwürdige Lösungen in Afrika soll und muss dabei aber Vorrang haben.  

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Foto: BMEIA, mit freundlicher Genehmigung

DAVID: Für Sie sind Migration und Integration nicht nur Herausforderungen, sondern vor allem auch Chancen für Österreich und Europa.2 Auf Ihrer Website3 findet sich Ihr Statement: „Österreich soll für alle Menschen, die hier leben, zur Heimat werden, ohne dass sie dafür ihre Wurzeln aufgeben müssen". Welche Wege  sollten Gesellschaft und Politik hier beschreiten?

BM Kurz: Mir geht es bei der Integrationspolitik darum, ein positives Zusammenleben zu ermöglichen. Dabei muss man auch Begriffe wie Heimat diskutieren. Unser Ziel in der Integrationspolitik ist aber, dass Jede und Jeder Österreich als Land der Chance sehen und auch als Heimat erfahren kann, ohne seine Wurzeln verleugnen zu müssen. Wir wollen, dass im Mittelpunkt der Integration steht, was jemand in Österreich leisten will, und nicht Herkunft, Religion oder Hautfarbe. Wichtig ist dabei natürlich die Sprache, als auch die Anerkennung der österreichischen Werte. Klar ist aber: Integration braucht dabei Anstrengungen von beiden Seiten - den Migrantinnen und Migranten sowie von der Mehrheitsbevölkerung. Wir müssen Herausforderungen offen ansprechen können, aber gleichzeitig auch mehr die Chancen einer erfolgreichen Integration sehen, sowie Verbindendes vor Trennendes stellen.

DAVID: Vielen Dank, Herr Bundesminister, für das interessante Gespräch.

1  http://www.kleinezeitung.at/k/politik/aussenpolitik/4712641/Diplomatie_Aussenminister-Kurz-fur-Asylzentren-in-Nordafrika-

2 http://www.juliusraabstiftung.at/aktuelles/33,nachgefragt-was-sagt-sebastian-kurz-zu-den-erwartungen-der.html

3   https://www.sebastian-kurz.at/de