Ausgabe

»Wir wollten nicht einfach abwarten, was mit uns geschieht.« Frauen im antinazistischen Widerstand

Monika Kaczek

Inhalt

Helga Amesberger, Brigitte Halbmayr, Simon Clemens: Meine Mama war Widerstandskämpferin. Netzwerke des Widerstands und dessen Bedeutung für die nächste Generation.

Wien: Picus Verlag 2019

288 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, Euro 26,00

ISBN: 978-3-7117-2085-6

E-Book (epub-Format)

ISBN: 978-3-7117-5412-7, Euro 20,99

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Zu den AutorInnen

Helga Amesberger ist Ethnologin und Politikwissenschaftlerin am Institut für Konfliktforschung in Wien. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen die Verfolgung von Frauen im Nationalsozialismus, Prostitutionspolitik und Gewalt gegen Frauen.

Brigitte Halbmayr ist Soziologin und Politikwissenschaftlerin am Institut für Konfliktforschung inwWien. Sie beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit der Verfolgung von Frauen im Nationalsozialismus und mit Biografie-Forschung.

Simon Clemens studierte in Bonn Philosophie, Politikwissenschaften und Soziologie sowie Soziologie an der Freien Universität Berlin. Er arbeitet für die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und die Freie Universität Berlin.

 

Zum Buch

Mit ihrem Buch würdigen die AutorInnen den Mut von Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus anhand der Lebensgeschichten dreier Frauen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten. Exemplarisch stehen die Biographien von Barbara Eibensteiner, Irma Trsak und Gertrude Horn für Widerstandsgruppen des Kommunistischen Jugendverbands sowie der tschechischen/slowakischen und jüdischen Gemeinde. In Interviews mit Töchtern und Söhnen der Aktivistinnen zeigen sich nicht nur die Auswirkungen der Widerstandstätigkeit auf die Familien, sondern auch die Weitergabe des politischen Bewusstseins.

 

Barbara Eibensteiner, die auch Betty oder Hansy genannt wurde (1. Oktober 1917 Rudmanns, Niederösterreich  – 23. Jänner 1948 Wien), schloss sich 1937 in Wien dem Kommunistischen Jugendverband (KJV) an. Die Widerstandsgruppe flog auf und am 4. Juni 1941 wurde gegen Barbara Eibensteiner sowie neun weitere GenosseInnen Anklage wegen Aufbau des KJV erhoben. Nach dem Verbüssen einer Haftstrafe wurde Barbara Eibensteiner am 26. Oktober 1944 der Gestapo übergeben und am 14. November 1944 in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Nach der Befreiung arbeitete sie in Wien als Dolmetscherin, Stenotypistin und Kindergärtnerin. Ihre Tochter Johanna wurde am 17. November 1947 geboren und rund zehn Wochen später verstarb Barbara Eibensteiner am 23. Jänner 1948.

 

Irma Trksak wurde am 2. Oktober 1917 als zweites von vier Kindern einer aus der Slowakei stammenden Familie in Wien geboren. Nach ihrer Matura am tschechischen Komenský -Realgymnasium besuchte Irma Trsak ein Jahr die pädagogische Akademie. Bereits während ihrer Studienzeit engagierte sie sich im Widerstand, zum einen in der Zensurstelle für Briefe in slawischen Sprachen, zum anderen in ihrer Gruppe im Tschechoslowakischen Turnverein. Am 29. September 1941 wurde Irma Trksak verhaftet und mit dreizehn weiteren Frauen aus dem tschechischen Widerstand nach Ravensbrück deportiert. Im Chaos der Auflösung des Lagers konnten Irma und ihre Freundinnen am 29. April 1945 vom letzten so genannten Evakuierungsmarsch fliehen. Sie gehörte zu den Gründungsmitgliedern der österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück (1947) und engagierte sich als Zeitzeugin in Schulen. Irma Trksak starb am 11. Juli 2017 im 100. Lebensjahr.

Ein weiteres Kapitel widmet sich dem Schicksal von jüdischen Aktivistinnen anhand der Geschichte von Gertrude Horn (geborene Fanto), die 1924 in Wien als Kind einer nichtjüdischen Mutter und eines jüdischen Vaters geboren wurde. Im Zuge des Novemberpogroms wurde ihr Vater verhaftet und nach Dachau deportiert, von wo er 1939 völlig abgemagert nach Hause zurückkehren konnte. Wegen Nichttagens eines „Judensterns“ wurde Gertrude Horn 1942 von einem Schnellrichter zu einer Haftstrafe vom 6. bis 28. Juni verurteilt. Im Anschluss wurde sie ins Sammellager in der Kleinen Sperlgasse im zweiten Bezirk geschickt, von wo sie aber wieder frei kam. Während ihrer Haft im Polizeigefängnis lernte Gertrude Horn ein Mädchen kennen, das sich in der Widerstandsgruppe Mischlingsliga Wien (MLW) engagierte und Gertrude Horn schloss sich nach ihrer Entlassung der Bewegung an. Sie erhielt den Rang einer Gruppenführerin und war für Ausbildung sowie Sabotage zuständig. Als die MLW enttarnt wurde, kam es zu Verhören der Mitglieder durch die Gestapo und zu Verhaftungen. Gertrude Horn und ihr Partner Otto Horn konnten überleben und heirateten nach Kriegsende.

Meine Mama war Widerstandskämpferin zeigt die Courage engagierter Frauen, die gegen Unrecht ankämpften – so wie Barbara Eibensteiner: „Trotzig werden wir, und heimlich unsere Zusammenkunftsstätten aufsuchen, uns vereinigen, und kämpfen für unser Recht, für die Freiheit.“