Francis George Steiner wurde am 23. April 1929 im Pariser Vorort Neuillysur-Seine geboren. Der Grossonkel seiner Mutter Elsie Steiner (geborene Franzos) war der Schriftsteller Karl Emil Franzos.
Der Vater Frederick (Friedrich) George Steiner war als leitender Anwalt in der Oesterreichischen Nationalbank tätig. Fünf Jahre vor der Geburt ihres Sohnes zogen die Eltern gemeinsam mit der 1922 geborenen Tochter Ruth aus Furcht vor dem wachsenden Antisemitismus in Österreich nach Frankreich. Dort wuchs George Steiner mit den drei Sprachen Deutsch, Französisch und Englisch auf. Als er sechs Jahre alt war, brachte sein Vater ihm bei, Homers Ilias auf Griechisch zu lesen.
George Steiner bei einer Rede am Nexus Institut 2013. Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/George_Steiner#/media/Datei:George_Steiner_2013_(cropped).jpg ; https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/
Im Mai 1940 konnte die Familie über Genua nach New York fliehen. Vier Jahre später erhielt George Steiner die amerikanische Staatsbürgerschaft. In Chicago studierte er Literatur, Mathematik und Physik und war auch als Redakteur der Zeitschrift The Economist tätig. Von 1966 bis 1997 schrieb er für den New Yorker. Seine Lehrtätigkeit führte ihn an renommierte Universitäten wie Princeton und Cambridge.
Sein Denken war grundlegend von seiner Familiengeschichte und der Flucht vor dem Nationalsozialismus geprägt. In seinen zahlreichen Büchern, Artikeln und Essays stellte er sich immer wieder die Frage, wie es möglich sein konnte, dass in einem zivilisierten Land, das von Goethe und Bach inspiriert war, eine Hölle auf Erden entstehen konnte. Im Bereich der Sprachwissenschaften war er kein texttreuer Philologe, sondern stellte mitunter den herkömmlichen Kanon in Frage. Babel (1975), seine Studie über Sprache und Übersetzung, gilt bis heute als Grundwerk der Komparatistik.
George Steiner starb am 3. Februar 2020 in seinem Haus im britischen Cambridge. Zehn Tage später verstarb seine Frau Zara Steiner, eine britische Historikerin, im Alter von 91 Jahren.
Thomas Palzer vom Deutschlandfunk schrieb in seinem Nachruf:
„Steiners Daseinsstil war europäisch, sein Denkstil leidenschaftlich – eine aparte Mischung aus kontinentaleuropäischer Metaphysik und englisch-analytischer Skepsis. In Steiner, so könnte man sagen, berühren sich Wittgenstein und Heidegger auf fruchtbare Weise.“