Evelyn Adunka
Horst Schreiber, Irmgard Bibermann: Von Innsbruck nach Israel. Der Lebensweg von Erich Weinreb/Abraham Gafni.
Innsbruck – Wien - Bozen: Studien Verlag 2019.
256 Seiten, Euro 21.90
ISBN 978-3-7065-5310-0
Diese in zweiter Auflage, erstmals 2014 publizierte Lebensgeschichte beruht auf zahlreichen Gesprächen und Interviews mit Abraham Gafni, die Horst Schreiber und Irmgard Bibermann von 2010 bis 2013 in Israel und Tirol durchführten.
Der auf den ersten 73 Seiten einleitende historische Essay von Horst Schreiber von der Universität Innsbruck vermittelt einen kompakten und doch auch detailreichen Überblick zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Innsbruck und der jüdischen Zuwanderung nach Tirol, die nie mehr als 500 Personen umfasste.
Erich Weinreb wurde 1928 in Innsbruck geboren. Nach der baldigen Scheidung der Eltern heiratete seine Mutter Anna Turteltaub Salomon Scharf, mit dem Erich gute Erinnerungen verbinden. Scharf gelang die Flucht nicht und er wurde in Auschwitz ermordet. Nach dem Tod seiner Mutter 1934 wuchs Weinreb mit seinem jüngeren Bruder Leopold bei seinen Grosseltern Wolf Maier und Amalie Turteltaub auf, einer Familie, die aus Galizien stammte und in der jüdische Traditionen gepflegt wurden. Seine Grosseltern spendeten 1926 der Kultusgemeinde einen Tora-Mantel, der sich heute im jüdischen Museum in Hohenems befindet.
Gafni verschweigt aber auch nicht, dass ihm in seiner Jugend in Innsbruck die Marschlieder der Nazis gefallen haben: „[...] ich habe alles mitgesungen, obwohl es gegen Juden war […].“ Im Dezember 1938 wurde die Familie nach Wien abgeschoben, wo sie in der Rembrandtstrasse lebte. Erich besuchte keine Schule und erkundete die Stadt. Das Ehepaar Turteltaub wurde 1942 nach Riga deportiert und ermordet. In Wien wurden Erich und Leopold Weinreb Mitglieder des Sportvereins Makkabi; mithilfe des Rechtsanwalts Willy Perl gelang ihnen im Juni 1939 auf den Dampfschiffen Helios und Liesel die Flucht nach Palästina. Die beiden Brüder kamen in das Kinderheim Ahawah in Haifa und danach in ein Internat der Jugendaliyah in Talpiot in Jerusalem, wo Erich seine Bar Mizwa feierte. 1947 trat er der Palyam, der Marineeinheit der militärischen Eliteeinheit Palmach bei. In den 1950er Jahren arbeitete er für eine Firma für Reparaturen von Kühlschränken, danach leitete er 15 Jahre lang das Arbeitsamt für Seeleute in Haifa. Mit Zipora, die er 1951 heiratete und deren Familie aus Polen stammte, zog er drei Töchter gross.
Gafni bezeichnet Israel als seine Heimat, nahm aber 2004 wieder die österreichische Staatsbürgerschaft an. Das Buch, das auch zahlreiche eindrucksvolle Fotos enthält, endet mit einer Beschreibung von Gafnis Besuchen in Tirol. Ein Kapitel ist dem vom Abendgymnasium Innsbruck erarbeiteten Erinnerungstheater von Irmgard Bibermann Alte Heimat/Schnitt/Neue Heimat gewidmet, das auf den Erinnerungen von Gafni und von Dorli Neale beruht.