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Sigmund Freud zum 160. Geburtstag

Tina WALZER

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Sigmund Freud, der weltberühmte Begründer der Psychoanalyse und wohl bis in unsere Zeit eine der einflussreichsten jüdischen Persönlichkeiten, wurde am 6. Mai 1856 im mährischen Freiberg (heute Pribor1, Tschechische Republik) geboren. Sein Geburtstag jährt sich heuer zum 160. Mal. Im Januar war seine Enkelin Sophie zu Besuch in Wien.

 

Sophie kam als Tochter von Sigmund Freuds ältestem Sohn Jean-Martin 1924 in Wien zur Welt. Im Alter von 14 Jahren musste sie 1938 vor der nationalsozialistischen Verfolgung aus Österreich flüchten. Über Frankreich gelangte sie gemeinsam mit ihrer Mutter 1942 in die USA. Dort absolvierte sie zunächst eine Ausbildung zur Sozialarbeiterin, schloss später ein Studium der Psychologie ab und arbeitete als Sozialwissenschafterin. Ihre Arbeiten sind vor allem durch ihre kritische Position gegenüber den psychoanalytischen Lehren ihres berühmten Grossvaters und ihren Einsatz für den Feminismus bekannt.

In ihrem zuletzt veröffentlichten Buch Im Schatten der Familie Freud setzt sie sich mit der Familiengeschichte auseinander. Zwei ihrer nahen, mindestens ebenso berühmten Verwandten zollt sie darin besondere Anerkennung: ihrem Cousin Lucian Freud (1922 - 2011), wie sie ein Enkel Sigmund Freuds, der einer der bedeutendsten Portraitmaler des 20. Jahrhunderts wurde, sowie Freuds jüngster Tochter, ihrer geliebten Tante Anna Freud (1895 - 1982), die im Londoner Exil gemeinsam mit ihrer Partnerin Dorothy Tiffany Burlingham (1891 - 1979) die Hampstead Child-Therapy Clinic begründete.

Im Interview mit Peter Huemer im Rahmen der Veranstaltungsreihe Gespräche im Stadtsaal des Psychosozialen Zentrums ESRA in Kooperation mit Ö1 bekannte Sophie Freud im Januar 2016, mit dem Begriff der kollektiven Schuld nichts anfangen zu können:

„Man muss jetzt neue Brücken bauen. Wenn ich mich nur auf bittere Erinnerungen konzentriere, bin ich sehr unkreativ. Meine Mutter mit all den schlechten und bitteren Erinnerungen wollte in Wien begraben sein, meine Grossmutter ist in Theresienstadt umgebracht worden. Seit ich in Wien bin, denke ich, das würde ihr Freude machen, dass ich jetzt hier bin und an der Volkshochschule Beratungen gebe. Dadurch, dass ich hier arbeite und auch neue Menschen kennen gelernt habe, und nicht nur alte Verbindungen wieder aufgenommen habe, ist es auch ein neuer Beginn, es ist ein Zurückgehen und ein Vorwärtsgehen zur gleichen Zeit."

Literaturhinweis: Im Schatten der Familie Freud. Meine Mutter erlebt das 20. Jahrhundert. List Verlag 2009. (= List Taschenbücher Nr.60751), 480 Seiten, ISBN-13: 9783548607511, ISBN-10: 3548607519

  

1  Aus drucktechnischen Gründen wird auf die Wiedergabe der diakritischen Zeichen verzichtet.