Ausgabe

In Erinnerung an Karl Pfeifer s.A. (1928 – 2023)

Monika Kaczek

Der österreichische Journalist Karl Pfeifer ist im Alter von 94 Jahren in Wien verstorben. Pfeifer, der 1938 aus Österreich vertrieben wurde, besuchte als Zeitzeuge auch regelmässig Schulen, um den SchülerInnen über sein Schicksal zu berichten.

Inhalt

Karl Pfeifer wurde am 22. August 1928 in Baden bei Wien geboren, wo er auch aufwuchs. Zehn Jahre später floh seine Familie  nach Ungarn, wo er sich in Budapest der sozialistisch-zionistischen Jugendgruppe Hashomer Hatzair anschloss. 1943 wurde er mit einer Gruppe jüdischer Kinder nach Palästina gebracht, wo er in einem Kibbuz lebte und später in der Elite-Einheit Palmach sowie in der israelischen Armee diente. 1951 kehrte Karl Pfeifer nach Österreich zurück, wo er von 1982 bis 1995 als Redakteur der Zeitschrift Gemeinde der Israelitischen Kultusgemeinde Wien tätig war. „Zum Hassobjekt der deutschsprachigen rechtsextremen Szene geriet Pfeifer 1995. Dem an der Fachhochschule Münster lehrenden Politologen Werner Pfeifenberger, einem ‚Apologeten des Nazitums‘ (O-Ton Pfeifer), wies er nach, dass dieser in einem Artikel mit dem Titel Internationalismus gegen Nationalismus – eine unendliche Todfeindschaft?, veröffentlicht im Jahrbuch der FPÖ-Bildungseinrichtung Freiheitliche Akademie, das NS-Regime verharmlost und den Juden vorgeworfen hat, Hitler-Deutschland 1933 zum Krieg herausgefordert zu haben.“1 Nachdem die Wiener Staatsanwaltschaft Anklage gegen Pfeifenberger wegen NS-Wiederbetätigung erhob, beging dieser Selbstmord. Daraufhin hetzte Andreas Mölzer (FPÖ) in der rechten Wochenzeitung Zur Zeit, „der ‚jüdische Journalist‘ Pfeifer habe die ‚Lawine gegen Pfeifenberger‘ ausgelöst und sei Teil einer ‚Jagdgesellschaft‘, die Pfeifenberger ‚in den Selbstmord getrieben‘ habe.“2 Karl Pfeifers Klage auf Entschädigung wurde von den österreichischen Gerichtsinstanzen abgewiesen. Erst im November 2007 bekam er vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Recht zugesprochen, und für das Versäumnis der Gerichte wurde die Republik Österreich zu 5.000 Euro Entschädigung verurteilt. 2013 erschien sein Buch Einmal Palästina und zurück: Ein jüdischer Lebensweg. Im März 2022 wurde ihm durch den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig das Goldene Verdienstzeichen der Stadt Wien verliehen. Zwei Monate später erhielt er den erstmals vergebenen Simon-Wiesenthal-Preis, stellvertretend für alle Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Karl Pfeifer starb am 6. Jänner 2023 in Wien. Unser aller Beileid gilt seiner Frau Dagmar und seinen FreundInnen.

In einem Beitrag erinnert sich Armin Thurnher an seinen Weggefährten: 

„Sein Widerstand war stets handfest, nicht legendär, seine Geschichte war ein unangenehmes Ausrufezeichen, seine Präsenz ein lästiges Mahnmal. Karl Pfeifer, der jüdische Journalist, flüchtete als Kind vor den Nazis nach Palästina, wuchs in Israel auf, kämpfte in der Eliteabteilung der dortigen Armee, kehrte später nach Österreich zurück, beobachtete, berichtete und kommentierte mit scharfem Blick, wo Furchtbares aus dem noch fruchtbaren Schoss kroch. Nach den Waldheimjahren und in den Haiderjahren am Ende des vergangenen Jahrtausends kamen auch unsereinem in diesem Land solche Gefahren zu Bewusstsein. Karl Pfeifer wurde von der Renaissance der Rechten nicht überrascht. Er hatte es gewusst. Die Rechte brauchte er nicht kommen sehen, sie war immer da. Aber Karl Pfeifer blieb kampfeslustig.“3

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Karl Pfeifer bei der Verleihung des Simon-Wiesenthal-Preises 2021. Foto: H. Punz, APA. Quelle: picturedesk.com

Anmerkungen

1 https://www.endstation-rechts.de/news/der-oesterreichische-ns-zeitzeuge-karl-pfeifer-ist-tot (09.01.2023)

2 ebd.

3 https://www.falter.at/maily/20230108/erinnerung-an-karl-pfeifer (09.01.2023)