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Ich war Europäer

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Benno Weiser Varon. Ich war Europäer.  Aus dem Spanischen von Reinhard Andress und Egon Schwarz.

Wien: Picus Verlag 2008.

259 Seiten, Euro 22,90.-

ISBN 978-3-85452-637-7

  

In der Emigration in Ecuador beginnt Benno Weiser die Erinnerungen an seine Jugendzeit im nationalsozialistischen Wien der 30er Jahre niederzuschreiben. 1942 erscheint der Roman zunächst in spanischer Sprache in dreiundfünfzig Folgen in der Wochenzeitung La Defensa, ein Jahr darauf wird er als einer der frühesten Exilromane in Quito veröffentlicht. Jetzt, mehr als sechzig Jahre später, ist das Buch, ins Deutsche übersetzt, erstmals auch der deutschsprachigen Öffentlichkeit zugänglich.

Als jüdischer Medizinstudent sieht sich Benno Weiser mit der zunehmenden Anhängerschaft nationalsozialistischer Überzeugungen innerhalb der Universität konfrontiert. Trotz oder gerade weil er Jude ist, beteiligt er sich aktiv an den Auseinandersetzungen zwischen den sich formierenden Studentengruppen. Zwischenzeitlich gelingt es ihm durch einen Rückzug in die Welt der Medizin die politischen Geschehnisse um sich herum zu vergessen. Durch den erstarkenden Nationalsozialismus wird das Leben von Benno Weiser allerdings zusehends aus den Fugen gerissen. Einschränkungen, Verbote und nächtliche Beutezüge nationalsozialistischer Schergen bestimmen den Alltag jüdischer Familien in Wien. Nachdem sein Vater und er mehrmals von NS-Behörden verhaftet werden und der Familienbesitz konfisziert wird, ist Benno Weiser schnell klar, dass es seit dem „Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland für Juden nur mehr um das nackte Überleben geht. Nur wenige Monate vor Beendigung des Medizinstudiums ist er gezwungen, seine Familie und seine Heimat zu verlassen.

Als namenloser Ich-Erzähler führt Benno Weiser die Leser durch seine Erinnerungen. Im Mittelpunkt stehen keine grossen Ereignisse, sondern die kleinen, nicht weniger furchtbaren Verbrechen des Alltags. Ich war Europäer ist eine sehr persönliche Auseinandersetzung mit ehemaligen Schulkollegen und Freunden des Autors, die NS-Anhänger waren und der Versuch eine Erklärung dafür zu finden. Trotz des historischen Hintergrunds gelingt es Benno Weiser in unterhaltsamer, manchmal sogar humorvoller Weise, die Geschichte seiner Jugend zu erzählen