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Ein Bildnis der Sopranistin Fanny Cleve

Josef KERN

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Zu den im Depot verwahrten Schätzen der Städtischen Galerie im Würzburger Kulturspeicher zählt ein stilistisch dem „Deutschen Impressionismus" zuzurechnendes Porträt von der Hand des Malers Karl Walther.1 Es entstand im Jahre 1931 in Leipzig und zeigt die Opern- und Konzertsängerin Fanny Cleve, die als Jüdin 1933 das Deutsche Reich verlassen musste und zunächst in ihr Heimatland Österreich zurückkehrte. Zu ihrem Schicksal nach 1938, dem Jahr des Anschlusses an Deutschland, hat sich die Fachliteratur bisher ausgeschwiegen.

In die Musikgeschichte ging Fanny Cleve ein, als sie am 10. Februar 1927 die Anita bei der vom Komponisten Ernst K�enek selbst inszenierten und von Gustav Brecher dirigierten Uraufführung der Jazz-Oper Jonny spielt auf am Leipziger Opernhaus sang. Neben ihr standen Paul Beinert (ein Schwager von Rudolf Hess), Max Spilcker, Theodor Horand und Claire Gerhardt-Schulthess auf der Bühne. Generalmusikdirektor Brecher, der 1930 auch die von randalierenden Nationalsozialisten gestörte Uraufführung von Brecht-Weills Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny leitete, wurde 1933 entlassen und beging 1940 auf der Flucht Selbstmord.2

Portrait Fanny Cleve. Quelle: Städtische Galerie Würzburg. Mit freundlicher Genehmigung J. Kern.

Ihre Ausbildung zur Opernsängerin erhielt die am 22. März 18933 in Ybbs an der Donau geborene Tochter des Rabbiners Adolf Löwy4 und seiner Frau Theresa, geborene Freund, bei der berühmten Sängerin Lilli Lehmann in Wien.5 1917 gab Cleve ihr Debut in Strassburg, dann wechselte sie ans Stadttheater Freiburg im Breisgau, um 1920 ein Engagement am Darmstädter Landestheater anzutreten, wo sie bis 1923 blieb. Anschliessend sang sie am Kölner Opernhaus und an der Grossen Volksoper in Berlin, dann - von 1925 bis 1932 - am Opernhaus zu Leipzig. Sie wirkte als Gast an der Staatsoper Dresden sowie an der Wiener Staatsoper. 1934/35 hatte Fanny Cleve dann noch ein Engagement an der Wiener Volksoper. Zu ihren grossen Rollen zählten die Gräfin in Figaros Hochzeit, die Donna Anna in Don Giovanni, die Tosca, die Elsa im Lohengrin, die Kaiserin in Richard Strauss‘ Frau ohne Schatten. Sie sang die blinde Griechin Myrtocle in Eugene d'Alberts Die toten Augen sowie bei zeitgenössischen Produktionen wie Hermann Wetzlers Die baskische Venus (1927) oder Erwin Dressels Der Rosenbusch der Maria.6 Die Liste der Dirigenten, unter denen sie sang, liest sich wie ein Who is Who der Musikgeschichte: Leo Blech, Fritz Busch, Otto Klemperer, Hans Pfitzner, Franz Schalk, Richard Strauss und Bruno Walter.

Eine Konzertankündigung für einen Bunten Abend unter der Devise Juden für Juden in der Zeitung Die Stimme vom Dezember 1933 belegt, dass Fanny Cleve bereits vor ihrem Engagement an der Volksoper nach Wien zurückkehrte.7 Für das Jahr 1935 ist ein Konzert in Leningrad überliefert. Vom 18. bis zum 25 April 1936 schliesslich hielt sich die Sängerin in Barcelona auf. Anlass war das XIVe Festival de la Societat Internacional per la Música Contemporània (Festival der Internationalen Gesellschaft für Zeitgenössische Musik), zu dem parallel der Ier Congrés de la Societat Internacional de Musicologia lief. Ausser Fanny Cleve traten als Solistinnen Concepció Badia sowie die Schweizerin Alice Frey-Knecht auf, als Geiger Louis Krasner und Stefan Fenkel, am Klavier Benjamin Britten und Ernst K�enek, der Cellist Pau (Pablo) Casals. Als Dirigenten wirkten neben anderen Karel Ancerl, Hermann Scherchen und Anton von Webern.8 Danach verloren sich ihre Spuren; im monumentalen Grossen Sängerlexikon von Karl J. Kutsch heisst es lapidar:

„Als Jüdin hat sie jedenfalls nach 1933 Deutschland wie auch 1938 Österreich verlassen müssen, doch ist über ihr weiteres Schicksal nichts bekannt geworden."

Noch im Begleitband zu einer Ausstellung zum Thema jüdische Sänger 1933 - 1945 aus dem Jahre 2008 wurde vermutet, die Künstlerin sei in die USA emigriert.9 Einen der wenigen späteren Hinweise bot die New York Times vom 24. Juli 1939: Im Radioprogramm des New Yorker Klassik-Senders WQXR wurde für 6.25 p. m. „Fanny Cleve, Songs" angekündigt, wobei diese aber vermutlich von der Platte kamen.10

Intensive Nachforschungen haben nun ergeben, dass Fanny Cleve 1938 an Bord der S. S. President Harding die Flucht in die Vereinigten Staaten gelang. Am 20. November 1944 erhielt sie die amerikanische Staatsbürgerschaft. Zunächst versuchte sie erneut als Opernsängerin Fuss zu fassen, was ihr aber - wohl aus Altersgründen - nicht gelang. Sie erteilte Gesangsunterricht, der allerdings den Lebensunterhalt nicht zu sichern vermochte, so dass sie sich gezwungen sah, einen neuen Beruf zu erlernen und als Buch- und Notenbinderin zu arbeiten.11 Daneben wirkte sie noch auf dem Gebiet der Occupational Therapy (Ergotherapie) in Altersheimen. 1956 erhielt sie eine Unterstützung vom Künstlerfond des Süddeutschen Rundfunks in Stuttgart. Fanny Cleve, bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten eine der bedeutendsten Sopranistinnen in Deutschland, starb von der Öffentlichkeit unbeachtet am 10. Juni 1971 im St. Elizabeth Hospital in Youngstown, Ohio. Nachrufe sucht man in der deutschen wie der österreichischen Presse vergebens.12

Prägend für die sich gleichermassen sicher zwischen klassischem und zeitgenössischem Repertoire bewegende Sängerin war neben Lilli Lehmann zweifellos ihr Engagement am progressiv eingestellten Landestheater in Darmstadt. Intendant Gustav Hartung (1887-1946), ein wichtiger Wegbereiter expressionistischen Theaters, lehnte bürgerliches Illusionstheater ab und machte das Darmstädter Haus mit Uraufführungen moderner Autoren und aufsehenerregenden Klassiker-Inszenierungen landesweit bekannt.13 Fanny Cleve

„stand in dieser Zeit in freundschaftlicher Beziehung" zu Hartung, „mit dem sie uns bekannt machte [...] und es ergaben sich anregende Bekanntschaften mit Künstlern und Musikern",

berichtet Julius Kaufmann.14

Zur gleichen Zeit, von 1921 bis 1925, wirkte in Darmstadt ein gewisser Johann Heinrich Suhrkamp als Dramaturg und Regisseur, der später unter dem Namen Peter Suhrkamp einer der bekanntesten Verleger der Bundesrepublik Deutschland werden sollte. Siegfried Unseld betont im Vorwort seiner Suhrkamp-Biographie, dass der Verleger sich über seine jungen Jahre stets in Schweigen gehüllt habe, und so widmet er den 1921 bis 1925 in Darmstadt verbrachten Jahren nur wenige Zeilen. Als Theater- wie als Ehemann scheint Suhrkamp wenig Erfolg beschieden gewesen zu sein. Er wurde Lehrer, übersiedelte 1929 nach Berlin, wo er als freier Mitarbeiter des Berliner Tageblatts und des bei Ullstein erscheinenden Monatsmagazins Uhu tätig war. Zweimal sei er seinerzeit verheiratet gewesen, wie Unseld am Rande erwähnt, ohne die Namen der Gattinnen zu nennen. 15 Doch dies stellt nur einen Teil der Wahrheit dar, denn Suhrkamp war, wenn auch nur kurz, ein weiteres Mal verehelicht - und zwar mit Fanny Cleve!

Die bereits erwähnten Lebenserinnerungen von Julius Kaufmann sowie einige im Stadtarchiv Darmstadt verwahrte Dokumente liefern dafür den Beweis: In Fanny Cleves Anmeldung zur Einwohnerliste der Haupt- und Residenzstadt Darmstadt liest man unter dem Punkt „Ehegatte": „Suhrkamp, Heinrich Johann, Dramaturg und Spielleiter am hess. Landestheater. Geburtstag 28.3.91 (in) Kirchhatten/Oldenburg, Glaubensbekenntnis evg." Als Datum der Eheschliessung wird (wie auch auf Suhrkamps Meldeformular) der 29.9.1923 genannt. Dieses Dokument nennt auch den Tag der Scheidung, die das Landgericht Darmstadt (vermutlich in Abwesenheit der Parteien) am 30.12.1924 aussprach.16 Für das Jahr 1922 berichtet Kaufmann folgendes:

Passfoto Fanny Cleve, um 1920. Quelle: Stadtarchiv Darmstadt. Mit freundlicher Genehmigung J. Kern.

„Eine Freundschaft Fanny's mit dem damaligen Intendanten Gustav Hartung war abgeklungen, als der junge Dramaturg Peter Suhrkamp in ihren Gesichtskreis kam. [...] Er verliebte sich in Fanny und verlobte sich mit ihr. In dieser Zeit war ich Fanny bei der Besorgung antiker Möbel behilflich, und auch Ernst W. Müller17, obgleich er im Grunde Antisemit war, half dabei mit. Als die beiden heirateten, - der Akt fand nur vor dem Standesamt statt - fungierten wir als Trauzeugen. Die Liebe dauerte aber nicht lange. Nach kaum zwei Monaten lebte sich das Paar wieder auseinander und Suhrkamp verliess Darmstadt. [...] Fanny Cleve, die ihren Gatten wirklich geliebt hatte und im Grunde von bürgerlicher Solidität war, litt unter der brüsk abgebrochenen Ehe aufs tiefste."18

Wie der Maler Karl Walther dazu kam, die gefeierte Sopranistin Fanny Cleve 1931 zu porträtieren, bleibt ebenso ungeklärt wie der Umstand, warum das Gemälde in den Würzburger Kulturspeicher gelangte.19 Der Leipziger Künstler, der kurz auch Musik studiert hatte und Zeit seines Lebens ein begeisterter Pianist war, fertigte - wie sein Akademielehrer Professor Robert Sterl20 - von einer Reihe von Musikern repräsentative Bildnisse an; zu nennen sind hier die Komponisten Kurt Rasch und Paul Hungar, Hermann Abendroth, der Dirigent des Gewandhaus-Orchesters Leipzig, Karl Wolschke (ebenda 2. Violinist), der Cellist Julius Patzak, der Musiker und Schriftsteller Ernst Woldemar Sacks sowie der Tenor Ernst Neubert.21 Als Karl Walther Fanny Cleve malte, kam er gerade von einem Paris-Aufenthalt zurück, wo er erneut nachhaltig von Edouard Manets Kunst beeindruckt wurde, dessen Werk er bereits von der grossen Gedenkausstellung in der Galerie Matthiesen 1928 in Berlin her kannte. An Manet erinnern die Auffassung der Persönlichkeit, die Konzentration auf das Antlitz, die furios mit raschen Pinselhieben gemalten Kleidungsstücke Seidenrock, Bluse und Federboa. Die Dargestellte sitzt als „Kniestück" vor einem völlig neutralen Hintergrund, bei dem sich nur rechts ein leichter Schatten andeutet. Auf Attribute, welche Fanny Cleve als Sängerin auszeichnen könnten, wurde bewusst verzichtet; als Schmuckstücke trägt sie zwei schwere Ringe sowie einen Anhänger, in dem ein Bergkristall zu leuchten scheint.

Karl Walthers Schaffen ist, auch wenn gelegentlich bislang unbekannte Werke auf dem Kunstmarkt auftauchen, weitgehend erforscht. Der Fund der Darmstädter Unterlagen zur bislang unbekannten Eheschliessung Suhrkamps mit der Sängerin Cleve liefert einen kleinen, dennoch bunt schillernden Mosaikstein zum Gesamtbild des Verlegers. Bei Fanny Cleve hingegen bleibt noch manches zu tun, um sie vor dem unverdienten Schicksal des in Vergessenheit-Geraten-Seins zu bewahren.22 Ein kleiner Schritt dorthin könnte es sein, ihr Porträt aus seinem Depot-Dasein zu befreien und es an geeigneter Stelle - etwa als Dauerleihgabe an eine Musikinstitution in Leipzig oder Wien - einer an unserer Kulturgeschichte interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. n

Professor Dr. Josef Kern, Institut für Kunstgeschichte der Universität Würzburg.

1   Josef Kern, Karl Walther (1905 - 1981), Leben und Werk, Würzburg 1995, Werkverzeichnis Nr. 318, 92 x 73 cm., Farbtafel 207. Städtische Galerie Würzburg, Inv.Nr. E 7205. Die Würzburger Galerie verfügt dank ihres mit Walther befreundeten Gründers und langjährigen Leiters Heiner Dikreiter über die grösste Sammlung des Künstlers in öffentlichem Besitz.

2   Helmut Bez u.a, Gustav Brecher und die Leipziger Oper 1923-1933. Mit einem Beitrag von Heinrich Creuzburg, Erinnerungen an Gustav Brecher, Leipzig 1990.

3   In der Literatur wird stets das Jahr 1898 genannt. Nach Auskunft des Matrikelamtes der Israelitischen Kultusgemeinde Wien vom 8. Juni 2009 erblickte sie 1893 das Licht der Welt. Auch in den Meldebögen der Stadt Darmstadt findet sich der 22.3.1893 als richtiges Geburtsdatum. Mein besonderer Dank gilt Magister Wolf-Erich Eckstein, Wien, Frau Gerlinde Stöger in Ybbs und Dr. Friedrich Wilhelm Kniess vom Stadtarchiv Darmstadt, der mir eine Reihe von Dokumenten sowie eine Porträtfotografie von Fanny Cleve zugänglich gemacht hat.

4   Der Darmstädter Maler Julius Kaufmann (1895 - 1968) überliefert in seinen nur als Typoskript vorliegenden Lebenserinnerungen Besuche der Sängerin: „Am Darmstädter Landestheater war eine alte Bekannte aus Strassburg erschienen: Fanny Cleve, die wiederzusehen uns eine grosse Freude war. (...) Ihre Mutter, die Witwe eines Wiener Rabbiners, der ein sehr weiser und - wie sie des Mehrmalen sagte - heiliger Mann war, war mit ihr nach Darmstadt gezogen." (Stadtarchiv Darmstadt, ST 52, Julius Kaufmann, Lebenserinnerungen. Ein Weg zur Kunst in vier Epochen Deutschen Daseins. Dritter Teil 1918 - 1921, S. 15/IV). Zu Kaufmann vgl. Historischer Verein für Hessen (Hrsg.), Stadtlexikon Darmstadt, Stuttgart 2006, S. 471. Seine Frau, die Malerin Elsa-Pfister-Kaufmann schuf drei Bildnisse der Mutter von Fanny Cleve, die für diese, die Schwester Ilona sowie den Bruder Felix bestimmt waren; über ihren Verbleib ist nichts bekannt. Von Adolf Löwy stammt das Buch „Die Tugend- und Sittenlehre des Talmud, dargestellt in anziehenden Erzählungen, mit besonderer Benützung des im 11. Jahrhundert vom berühmten Gaon Rabbenn Nissim Ben Jakob verfassten Werkes „Sefer" Massothe Buch der Begebenheiten" (Wien, Verlag des Verfassers, 1890). Auch Fanny Cleves Mutter entstammte einer Rabbinerfamilie. Die Schwester kam bei kriegerischen Auseinandersetzungen in Palästina ums Leben. Ihr Bruder Dr. Felix Cleve emigrierte 1940 mit seiner Familie in die Vereinigten Staaten; sein Sohn Georg Wolfgang, später George Cleve (geboren 1936 in Wien) wurde später ein bekannter Dirigent.

5   Lilli Lehmann (1848-1929) gilt als einer der frühen Superstars der Opernwelt. Von Richard Wagner selbst betreut, nahm sie am ersten „Ring" 1876 in Bayreuth teil, ausserdem sang die Sopranistin bei den ersten Aufführungen des „Ring" die Woglinde und Helmwige sowie bei „Tristan und Isolde" in den Vereinigten Staaten. Weitere Paraderollen waren die Brunhilde in der „Walküre" und die Königin der Nacht in Mozarts „Zauberflöte". 1909 veröffentlichte sie ihr Lehrbuch „Meine Gesangskunst" (Berlin, Verlag der Zukunft), das 1927 in New York unter de Titel „How to sing" bei MacMillan erschien.

6   Alle Angaben nach Karl Josef Kutsch, Leo Riemens, Hansjörg Rost, Grosses Sängerlexikon, Band 1, S. 658, München 2003.

7   Die Stimme, Jüdische Zeitung, Wien, 7.12. 1933 (19. Kislew 5694).

8   Herbert Henck, Rita Kurzmann-Leuchter. Eine österreichische Emigrantin aus dem Kreis der Zweiten Wiener Schule (im Internet unter www.herbert-henck.de/Internettexte/Kurzmann_III/kurzmann_iii.html).

9   Hannes Heer, Verstummte Stimmen. Die Vertreibung der „Juden" aus der Oper 1933 bis 1945. Ausstellungskatalog Berlin 2008, S. 44.

10   www.jjonz.us/RadioLogs/pagesnfiles/logs_files/1930s/1939/39_07Jul/%5Bn%5D39-07-24-(Mon).pdf.

11   So finden sich Anzeigen von ihr z. B. im Musical Courier, 147-148/1953: „Fanny Cleve, Teacher of Singing, Work Shop, Opera - Concert - Oratorio, 160 W 73rd  NYC 23" sowie im Bulletin of the American Association of University Professors, Nr. 144, 1958, S. 531. 1963 unterrichtete sie an der traditionsreichen Dana School of Music, die mittlerweile der Youngstown University angegliedert wurde.

12   Mein Dank für entsprechende Hinweise gilt Wolf-Erich Eckstein, Wien, sowie Matthias Pasdzierny vom Musikwissenschaftlichen Institut der Universität der Künste Berlin. Quellen: Passagierliste der S. S. President Harding; Einbürgerungsnachweis No. 6223783 vom 20. November 1944; Social Security Death Index.

13   Hartung war von 1920 bis 1924 und erneut von 1931 bis 1933 Intendant des Landestheaters Darmstadt, anschliessend wirkte er in Köln, wo er Leiter des Schauspielhauses wurde. 1927 bis 1930 war er Chef des Renaissance-Theaters in Berlin. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er zur Flucht gezwungen. In der Emigration war er am Schauspielhaus Zürich tätig, nach dem Krieg bis zu seinem Tod am Theater der Stadt Heidelberg. Vgl. Hermann Kaiser, Modernes Theater in Darmstadt, 1910-1933. Ein Beitrag zur Stilgeschichte des deutschen Theaters zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Darmstadt 1955. Erwähnung findet Fanny Cleves „ üppig-weicher Sopran" (S. 66) und ihr Auftritt als Margiana in Rossinis „Barbier v. Sevilla" (S. 79).

14   Kaufmann wie Anm. 4, S.. 16/IV.

15   Siegfried Unseld: Peter Suhrkamp. Zur Biographie eines Verlegers in Daten, Dokumenten und Bildern, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2004. Die beiden Gattinnen hiessen Ida Plöger und Irmgard Lehmann (freundliche Auskunft von Reimund Fellinger, Suhrkamp-Verlag Frankfurt a. M., vom 6. Mai 2009). Die Ehe mit der 1889 geborenen Kieler Professorentochter Lehmann wurde am 9.11.1919 geschlossen und am 12.3.1923 am Landgericht Rudolstadt geschieden (Stadtarchiv Darmstadt, 12/18, Melderegistratur J.H. Suhrkamp).1935 heiratete er dann die Schauspielerin Annemarie Seidel (1895 - 1959), die jüngere Schwester Ina Seidels. Die Ehe litt in den späteren Jahren unter Annemarie Seidels Alkoholismus. Die Scheidung war bereits beschlossene Sache, doch starb Suhrkamp zwei Tage vor dem angesetzten Gerichtstermin und nur wenige Monate vor seiner Frau.

16   Stadtarchiv Darmstadt, ST 12/18, Melderegistratur Cleve bzw. J.H. Suhrkamp.

17   Müller war Architekt und Volkskundler.

18   Kaufmann, S. 17/IV. - Für die Biografie des Verlegers ist eine weitere Mitteilung des Künstlers von Interesse: Bevor Suhrkamp Darmstadt den Rücken kehrte, „gab er mir noch ein grösseres Bündel Manuskripte zur Aufbewahrung. Sie standen viele Jahre bei mir zu seiner Verfügung, bis sie 1944 ein Raub der Flammen wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete Suhrkamp den nach ihm benannten Verlag. Er antwortete auf Briefe nie." (ebenda). Interessanterweise erscheint auf der oben erwähnten Passagierliste von 1938 der Eintrag „CLEVE, Fanny Suhrkamp, 46, M (= married), Opera Singer."

19   Sowohl Walther wie auch Fanny Cleve wohnten in der Leipziger Südvorstadt: Die Sängerin in Kronprinzstrasse 5 a (heute Kurt-Eisner-Strasse), der Maler um die Ecke in der Brandvorwerkstrasse 26. Der Kunstsalon Heinrich Barchfeld, in dem Walther 1926 eine Einzelausstellung hatte, befand sich anfangs in der Kronprinzstrasse 29, ab 1924/25 in der Schillerstrasse 7, etwa 500 Meter vom Opernhaus entfernt.

20   Robert Herrmann Sterl (1867 - 1932) zählt neben Max Liebermann, Max Slevogt und Lovis Corinth zu den bedeutenden Vertretern des deutschen Impressionismus. Zu seinen Hauptwerken gehört „Ernst von Schuch dirigiert den Rosenkavalier von Richard Strauss" von 1912. Vgl. Robert Sterl und die Musik, Lüneburg 1994.

21   Vgl. das Werkverzeichnis, s. Anm. 1. Raschs Porträt befindet sich seit einigen Jahren im Besitz der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar, wo er von 1945 bis zu seiner politisch erzwungenen Entlassung als Professor lehrte; vgl. Kurt Rasch (1902 - 1986) Lebensbild eines Komponisten, herausgegeben von Eve-Maria Rasch, von Hans-Günter Hartmann und Josef Kern, Würzburg 1997 (Abb. auf dem Umschlag).

22   Zwar nennt sie Heer (wie Anm. 8), sicher unter Bezug auf Theo Stengel, Herbert Gerigk, Lexikon der Juden in der Musik, mit einem Titelverzeichnis jüdischer Werke, Berlin 1940. (Faksimile abgedruckt in: Eva Weissweiler, Ausgemerzt! Das Lexikon der Juden in der Musik und seine mörderischen Folgen; Freiburg 1999), doch sucht man sie vergebens im Biographischen Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933-1945 / International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933-1945, Hrsg. v. Institut für Zeitgeschichte / Research Foundation for Jewish Immigration, New York 1999 sowie bei Kay Weniger, Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film und Musikkünstler, Berlin 2008. Abhilfe wird ein Eintrag von M. Pasdzierny im Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit schaffen, welches im Internet unter http://cmslib.rrz.uni-hamburg.de:6292/content/home.xml zu finden ist. Ausserdem entsteht an der Columbia University gerade eine Dissertation über K�eneks Oper „Jonny spielt auf", deren Verfasser an Fanny Cleve nicht vorbei kommen wird (freundliche Mitteilung von Mag. Veronika Grossberger, Ernst K�enek-Institut an der Donau-Universität Krems). Offen bleibt weiterhin, ob es noch Tonträger gibt, welche die Stimme der Sängerin der Nachwelt überliefern.