Der Jüdische Friedhof in Währing gehört zweifelsohne zu den schönsten und kulturhistorisch wertvollsten. Er ist ein einzigartiges Dokument der Wiener Kultur, Kunst, Wirtschaft und Gesellschaft in der Zeit des Biedermeier. Nazis, Krieg, Witterung, Vandalismus und jahrzehntelange Vernachlässigung haben ihre Spuren hinterlassen. Bis 1898 wurden auf dem Friedhof 30.000 Personen begraben. Der letzte Friedhofsgärtner hiess Theodor Schreiber. Die Nazis deportierten und töteten ihn 1938. Ohne den Einsatz vieler Freiwilliger wäre der Zustand des Friedhofes heute noch schlimmer, als er ohnehin schon ist. Der Gesamtbestand der historisch und architektonisch einzigartigen Grabdenkmäler ist mittlerweile akut bedroht. Zu den Zerstörungen durch die Nationalsozialisten kommen schwerwiegende Schäden an den Grabmälern durch unsachgemässe Handhabung, Abräumaktionen, Vandalismus sowie Umwelteinflüsse wie Regen, Frost, Pilze und Flechten. Viele der Grabsteine aus Sandstein sind inzwischen bis zur Unkenntlichkeit abgewittert oder zerbrochen, anderswo wurden die Beschilderungen der Gräberfelder entfernt, sodass eine Orientierung auf dem Areal im 18. Wiener Gemeindebezirk ohne Hilfe unmöglich ist. Herabstürzende Äste oder offenstehende Familiengräber stellen für BesucherInnen eine grosse Gefahrenquelle dar.
Alle Fotos: Rene Wallentin, mit freundlicher Genehmigung SPÖ Wien, Gemeinderatsklub.
Nach jahrelangem Kampf hat sich eine Koalition der RetterInnen etabliert. Der 2017 gegründete Verein „Rettet den jüdischen Friedhof Währing“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, den kulturhistorisch bedeutsamen jüdischen Friedhof in Währing wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Ziel des Vereins ist die Unterstützung der notwendigen Sanierungsmassnahmen, die Einrichtung eines Museums mit regelmässigen Führungen und die Stärkung des öffentlichen Bewusstseins für diesen so bedeutsamen Ort in Wien.
SPÖ-Rathausklubvorsitzender Josef Taucher konnte sich gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
tern des SPÖ-Rathausklubs bei einem Besuch vor Ort
selbst ein Bild machen: „Nur in gemeinsamer Anstrengung wird es möglich sein, dieses Kulturjuwel retten und für künftige Generationen bewahren zu können. Damit der Friedhof wieder begehbar wird, braucht es viele helfende Hände, die mit Schere, Rechen und anderem Werkzeug den Friedhof erhalten. Wir haben eine historische Verantwortung!“
Information zu den Führungen:
Schrottenbachgasse 3, 1190 Wien
Öffnungszeiten: Am 2. Sonntag des Monats von 10 bis 16 Uhr
(Ausnahme jüdische Feiertage).
Anmerkung der Redaktion: Wir verweisen an dieser Stelle gerne ausdrücklich auf die seit zwanzig Jahren im DAVID erscheinenden Fachbeitrage zum jüdischen Friedhof Währing der Friedhofsexpertin Tina Walzer, unter anderem „Der Währinger jüdische Friedhof und seiner Erhaltung“, In: DAVID, Heft 69, Sommer 2006, S. 32 f. (teilweise wortgleich oben wiedergegeben); vgl.
http://davidkultur.at/artikel/der-wahringer-judische-friedhof-und-seine-erhaltung