Maria Blumencorn, Chime Yangzom: Kein Pfad führt zurück. Aufbruch in ein neues Leben: Chime - meine Tochter aus Tibet erzählt.
München: Südwest-Verlag 2011.
299 Seiten, 60 Abbildungen, Euro 19,99
ISBN 978-3-517-08720-7
Im Jahre 2000 filmte Maria Blumencorn für ihre Dokumentation „Flucht über den Himalaya" eine Gruppe von sechs tibetischen Flüchtlingskindern und ihren Begleitern auf ihren Weg zum Dalai Lama nach Dharamsala in Indien. Durch das Erlebnis der gemeinsamen Flucht wurden die sechs Kinder zu Geschwistern, und Maria Blumencorn übernahm über „The Six" - wie die Kinder später von allen genannt wurden - die Patenschaft, wodurch eine ziemlich ungewöhnliche Familie über zwei Kontinente hinweg entstand.
Eines der Kinder war Chime Yangzom, die gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester Dolkar von ihrer Mutter auf den gefährlichen Weg über den Himalaya geschickt worden war. Gemeinsam mit Chime schreibt Maria Blumencrom, elf Jahre nach deren Flucht, von ihren gemeinsamen Erlebnissen und wie sie und „The Six" zu einer Familie wurden. Besonders ergreifend hierbei sind die Schilderungen Chimes, bei denen dem Leser deutlich wird, mit welch harten Entscheidungen tibetische Eltern konfrontiert werden, wenn sie sich die Ausbildung ihrer Kinder nicht mehr leisten können. Dabei wird der Schmerz der Kinder, die ihrer Heimat entrissen und von ihren Familien getrennt aufwachsen müssen, dem Leser verständlich gemacht. Darüber hinaus gewährt das Buch einen ein Blick in den Alltag von tibetischen Flüchtlingskindern in Indien, von dem Leben im Kinderdorf, die Sehnsucht nach der Heimat und den Wünschen und Träumen von heranwachsenden Tibetern, die sich mit einer indischen Umwelt konfrontiert sehen.
Zudem erhält man durch die von Maria Blumencorn geschriebenen Passagen einen Einblick in die Beweggründe eines Menschen, der sich für andere Menschen in anderen Teilen der Erde einsetzt. Dabei gewährt sie uns einen Blick in ihre eigene Vergangenheit, in der sie selbst von ihrer Mutter als kleines Kind verlassen wurde und sich später entschloss, anderen zu helfen. Dies tut sie durchaus selbstkritisch und humorvoll, indem sie schildert, wie der bei ihr stark ausgeprägt Altruismus sich auf ihr Leben und auf ihre Familie teilweise auch negativ auswirkt. Doch nicht nur auf ihr eigenes Verhalt wirft die Autorin einen kritischen Blick, sondern auch auf die Tibet-Politik Chinas und auf die Erziehungspolitik der tibetischen Exilregierung.
Alles in allem bietet das Buch vor allem zwei Dinge: Zum einen den Einblick in den Alltag und die Gefühlswelt eines tibetischen Flüchtlingskindes, das erwachsen wird und lernt, mit dem Verlust umzugehen. Zum anderen die Sicht des Helfers, dessen Strapazen meistens von dem Glück, helfen zu können, überstrahlt werden.