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Darf man das?

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David Safier: 28 Tage lang.

Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch 2014.

416 Seiten, Euro 16,95 [D].

ISBN 978-3-499-21174-4

Sie hat es vorgemacht: Rachel Kochawi hat mit ihrem „Das Brot der Armut. Die Geschichte eines versteckten Kindes" (Edition AV, Lich/Hessen 2010), die Geschichte ihres Überlebens, versteckt im Keller beim ehemaligen Dienstmädchen, erzählt, nicht als Bericht „und dann ... und dann ... und dann", sondern viel spannender: als Roman.

Ähnliches hat auch David Safier unternommen. Er erzählt die Geschichte der zu Beginn 16-jährigen Mira. Sie darf dem Leser ihre Geschichte direkt erzählen, was ihr Authentizität verleiht. Mira schmuggelt Nahrungsmittel von ausserhalb des Ghettos herein, damit ihre Familie etwas zu essen hat, aber auch, um Luxusartikel wie Butter zu verkaufen, damit sie beim nächsten Ausflug jenseits der Ghettomauern noch mehr erwerben kann. Unterwegs verfolgen „Hyänen", wie Mira sie nennt, die Schmugglerin, wollen sie fangen und ausliefern. Ein junger Mann erkennt ihre Notlage, umarmt sie, küsst sie heftig und freut sich offensichtlich, sie zu sehen. Eine positive Begegnung, denn die beiden werden einander wiedersehen.

Vorläufig führt Mira uns durch den Alltag im Ghetto in Warschau und seine Entwicklung im Laufe Zeit. Wir erfahren, dass Miras Vater sich vor Verzweiflung aus dem Fenster gestürzt hat, dass ihre Mutter sich zusehends von der realen Welt entfernt, nur ihre jüngere Schwester Hannah scheint unbeirrt heranzureifen.

Auch Menschen, die tatsächlich im Ghetto anzutreffen waren, begegnen dem Leser: „Frankenstein", einer der brutalsten deutschen Wachmänner, der sich rühmt, mit eigener Hand mindestens 300 Menschen erschossen zu haben. Andererseits ist da Janusz Korczak: Er betreibt das Waisenhaus im Ghetto weiter und wacht über seine Schützlinge; schliesslich begleitet er sie auf ihrem letzten Gang zu den Zügen nach Auschwitz.

Nach einiger Zeit des Versteckens wird Mira aufgegriffen, kommt auf den Umschlagplatz und entdeckt Amos, den jungen Mann, der sie schon einmal gerettet hat und dem sie, wie erwähnt, zuvor im Ghetto begegnet ist. Jetzt trägt er die Uniform eines Judenpolizisten - sie ist eine Fälschung.

Am 13. April 1943, am Vorabend des Pessach-Festes, beginnt der Aufstand. Er dauert 28 lange Tage, Mira und Amos schaffen es in einen rettenden Lastwagen. Noch ist der Krieg aber nicht zu Ende.

David Safier hat viel recherchiert, denn was über das Ghetto erzählt wird, klingt so wahrscheinlich, als hätte er bzw. seine Protagonistin alles leibhaftig erlebt. In seinem Vorwort an den Buchhändler schreibt Safier, es sei ihm um die Frage gegangen: „Was für ein Mensch willst du sein?"

Und dennoch: Am Ende beschleicht den Leser die Frage: Ist das denn legitim? Darf man dieses Thema ohne Weiteres zu einem fiktiven Roman verarbeiten? Diese Fragen muss wohl jeder für sich allein beantworten.