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»bios [torah]« - Von Rabbinern und Robotern

Monika KACZEK

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Vom 10. Juli 2014 bis zum 11. Jänner 2015 wird im Jüdischen Museum Berlin ein äusserst interessantes Projekt präsentiert. In ihrer Kunstinstallation »bios [torah]« zeigt die Künstlergruppe robotlab einen speziell für hebräische Buchstaben programmierten Industrieroboter, der eine Tora schreibt. Diese Installation bildet einen Kontrapunkt zum Toraschreiber (aus Fleisch und Blut) in der Sonderausstellung »Die Erschaffung der Welt - Illustrierte Handschriften aus der Braginsky Collection«, die vom 4. April bis zum 8. August 2014 ebenfalls im Jüdischen Museum Berlin gezeigt wird.

Mit »bios [torah]« übernimmt ein menschengrosse Roboter die Funktion eines Sofers, eines Tora-Schreibers, dessen Aufgabe es ist, Tora-Rollen, Texteinlagen für Gebetskapseln (Tefillin) und Türpfostenkapseln (Mesusot) sowie andere religiöse Schriften zu kopieren. „Das Schreiben einer Tora ist ein sakraler Akt, der von besonders ausgebildeten Schreibern ausgeführt wird. Mit seiner Arbeit kreiert der Tora-Schreiber sozusagen die Welt noch einmal«, erklärt Cilly Kugelmann, Programmdirektorin des Jüdischen Museums Berlin.  Der Roboter greift den Kopiervorgang des Sofers auf. Der Schreibarm mit Kalligrafiefeder und Tinte arbeitet im menschlichen Schreibtempo täglich zehn Stunden. Am Ende wird er 304.805 hebräische Buchstaben von rechts nach links zu Papier gebracht haben. Der Roboter braucht für die Vollendung auf der 80 Meter langen Papierrolle nur drei Monate; ein eigens dafür ausgebildeter Schreiber benötigt für diesen sakralen Akt in der Regel ein Jahr oder mehr. Bis Jänner 2015 entstehen auf diese automatisierte Weise zwei Tora-Rollen, deren erste in die Sammlung des Jüdischen Museums Berlin aufgenommen wird. Die vom Roboter geschriebene Tora kann jedoch nicht im Gottesdienst verwendet werden. Sie erfüllt nicht die Auflagen, die ein Tora-Schreiber zu befolgen hat und ist damit nicht koscher: Der Text muss auf von koscheren Tieren hergestelltem Pergament, mit Federkiel und mit spezieller Tinte geschrieben werden. Der Roboter schreibt ohne jegliche Intention, kennt keine Segenssprüche und bringt nicht die innere Hingabe mit, die einen Tora- Schreiber auszeichnet.

Weitere Informationen: http://www.jmberlin.de/