Die italienische Hafenstadt Triest ist Heimat einer einst blühenden jüdischen Gemeinde. Zeugnis dafür ist die Synagoge, die als eine der grössten in Europa gilt. Von den italienischen Faschisten geschlossen und von den Nazis geplündert, ist sie heute wieder ein Ort des Gebets.
Man muss vom Hafen schon ein weites Stück gehen, bis man die triestinische Synagoge findet. Versteckt, an der Piazza Giotti zwischen der Via Gaetano Donizetti, der Via San Francesco Assisi und der Via Guido Zanetti, erhebt sich das aus prachtvollem Kalkstein gebaute Gtteshaus. Obgleich es sich um eine der grössten Synagogen in Europa handelt, fügt sich der Bau dezent in das mediterrane Ensemble ein; doch er sticht ins Auge. Vielleicht war es ja die architektonische Nonchalance, die Pracht mit dem Ortsbild gekonnt verknüpfen konnte, die die Synagoge vor der Zerstörung durch die Nationalsozialisten bewahrt hat.
Fassadenansicht Ostseite mit Apsis, Via Guido Zanetti. Foto: C. Steiner, mit freundlicher Genehmigung.
Gab es zuvor in Triest fünf kleinere Bethäuser, erwog die jüdische Gemeinde am Ende des 19. Jahrhunderts, ein grösseres Gtteshaus bauen zu lassen, um die Gläubigen darin zu einen. Denn die kleineren Synagogen vermochten immer weniger, den Bedürfnissen der wachsenden Gemeinde gerecht zu werden. Und so wurden nach einem internationalen Wettbewerb die bekannten Triestiner Architekten Ruggero Berlam und sein Sohn Arduino damit beauftragt, ein grosses Gebetshaus an der Piazza Giotti zu bauen. 1908 begannen die Architekten, die bereits mehrere Bauten in Friaul und Istrien realisiert hatten, mit der Grundsteinlegung. Entsprechend der jüdischen Tradition wurde das Gtteshaus entlang einer West-Ost-Achse erbaut. Die Pläne sahen ein prachtvolles Gebäude mit orientalischen Elementen vor. Die Architekten orientierten sich vorwiegend an syrischen Elementen, die sehr markant an dem Gebäude hervorstechen. Von aussen hat die Synagoge drei Fassaden, nämlich an der Via Gaetano, der Via San Francesco Assisi und an der Via Guido Zanetti. Besonders die grosse Fensterrosette an der nördlichen Gebäudefront, deren Achsen einen Davidstern formen, sei hier zu erwähnen. Vier Jahre später, im Juni 1912, wurde die Synagoge im Beisein des damaligen Statthalters von Triest Prinz von Hohenlohe eröffnet.
Detailaufnahme Westportal, Via Gaetano Donizetti. Foto: C. Steiner, mit freundlicher Genehmigung.
Die Räume - aufgeteilt in ein Haupt- und zwei Nebenschiffe - sind rechteckig angeordnet und in ein Oratorium und einen grossen Gebetsraum aufgeteilt. Das Oratorium wird zumeist für die wöchentlichen Gttesdienste verwendet, der grosse Gebetsraum, der fast christlich anmutet, wird für die Hohen Feirtage herangezogen. Beim Interieur achteten die Architekten darauf, dass die Gebetsräume grosszügig vom einfallenden Licht durchflutet werden, was den Raum noch grösser erscheinen lässt. Die Bankreihen orientieren sich in Richtung Osten und wurden dezent dekoriert. Der grosse Gebetsraum wird von einer majestätischen Apsis abgeschlossen, deren Gewölbe mit einem goldenen Mosaik ausgekleidet wurde. Am Hauptaltar findet sich eine Ädikula, in der die Gesetzestafeln, gestützt auf vier Säulen, angebracht sind. Umsäumt wird der Altar von zwei bronzenen Menorot (siebenarmigen Leuchtern). Über der Eingangstüre befindet sich auf der Balustrade eine prächtige Orgel, die mit Davidsternen verziert wurde. Die Eingangshalle wird durch auf Marmorsäulen geformte Arkaden unterteilt. Der Boden im Hauptgebetsraum besticht durch ein aufwändiges Schwarzweissmosaik mit kreisförmigen Verzierungen, die Davidsterne zeigen. Ebenfalls in der Synagoge: Das Archiv, Räume für die Administration sowie eine Mikwe (ein rituelles Bad).
Zum Titelbild: Aussenansicht der Synagoge von Triest in der Via San Francesco dAssisi von der Piazza V. Giotti aus. Foto: iStockphoto.com.