Ausgabe

Yishai Sarid: Das Monster.

Monika Kaczek

Inhalt

 

Das Monster der Erinnerung

Yishai Sarid: Das Monster. Roman

Aus dem Hebräischen von ­
Ruth Achlama

 

176 Seiten, Hardcover

Euro 21,60

ISBN: 978-3-0369-5796-8
©Kein & Aber Verlag, Zürich

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In einem Gespräch mit Nils Minkar vom SPIEGEL erinnert sich Yishai Sarid an ein Treffen von deutschen und israelischen Schriftstellern, das vor einigen Jahren statt fand. Binnen weniger Minuten kamen die Kollegen aus Deutschland anhand von Familiengeschichten auf das Thema Schoah sowie Zweiter Weltkrieg und waren einer Meinung, wie sehr ihre Grossväter gelitten hätten. „Doch Sarid misstraute der mitteilsamen Geselligkeit. Zwar mochte er die Deutschen, aber in diesem Austausch kam es ihm so vor, als würde man die Illusion einer gemeinsamen Geschichte als Nachfahren der Kriegsgeneration beschwören.“ 1

Als der Autor 1983 mit einer Gruppe von Jugendlichen die Gedenkstätten der Vernichtungslager in Polen besucht, beginnt er alles über den Holocaust studieren. Dem Rat seiner Frau folgend, beginnt Sarid ein Buch über die Schoah zu schreiben – daraus wurde „Monster“.

Die Hauptfigur ist ein namenloser israelischer Historiker, der für Yad Vashem arbeitet und sich als Guide in den Gedenkstätten der Konzentrationslager sein Geld verdient, indem er israelische Jugendliche und Gruppen beim Besuch der ehemaligen Lager in Polen begleitet. Aufgrund seiner längeren Aufenthalte in Polen sieht der junge Familienvater seine Frau und den Sohn nur selten.

„Monster“ ist in Form eines Briefes verfasst, den der Protagonist an den Direktor von Yad Vashem schreibt. Darin erklärt der Wissenschaftler, wie es zu einem Vorfall kam, der zu seiner Entlassung führte. Als er einmal als Guide einen deutschen Regisseur, der einen Dokumentarfilm über die Schoah plant, durch Treblinka führt, kommt es zu einem Eklat. Auch sonst schildert  der Protagonist in seinem Bericht mit einem sachlichen Ton die furchtbaren Vorgänge in den Konzentrationslagern – für den Leser ist das grauenvoll und fast unerträglich. Bei den Führungen mit israelischen Schülern beobachtet der Protagonist die Reaktionen der Kinder und anderen Besucher. „Auf die Deutschen hatten sie keinen Hass, die Kinder in meinen Gruppen, ganz und gar nicht, nicht einmal annähernd. Die Mörder kamen kaum vor in dem Narrativ, das sie sich schufen. Sie sangen traurige Lieder, hüllten sich in Flaggen und beteten für die Seelen der Ermordeten (...).“ (S. 36) Letztendlich bleibt die Frage offen: Was macht einen Menschen zum Mörder? „Sarid entriegelt in diesem Roman die Absperrungen und Begrenzungen, mit denen wir uns den Holocaust üblicherweise vom Leibe halten. Er lässt das Monster frei, der Protagonist verliert sich im Kampf dagegen. (...) In Gegenwart des Monsters Erinnerung gibt es keine Schonung. Das ist das Prinzip des Buches.“ (Der Spiegel) 2

 

Yishai Sarid
wurde 1965 in Tel Aviv als Sohn des israelischen Politikers Jossi Sarid (1940 – 2015) geboren. Nach seiner Tätigkeit als Nachrichtenoffizier in der israelischen Armee, studierte er in Jerusalem sowie Harvard Jus und arbeitete später als Staatsanwalt. Heute ist er als Rechtsanwalt tätig, und er veröffentlicht Artikel in diversen Zeitungen. Bei Kein & Aber erschienen bislang seine Romane „Limassol“ und „Alles andere als ein Kinderspiel“. Yishai Sarid lebt mit seiner Familie in Tel Aviv. 

 

1 Minkar, Nils: Es ist nicht vorbei. In: DER SPIEGEL, Nr. 6/2.2.2019, S. 120
2 Minkar, Nils: Es ist nicht vorbei. In: DER SPIEGEL, 2019, S. 122