Mit modernsten Medien aber auch bewegenden Geschichten und fesselnden Originalobjekten widmet sich das Museum für Zeitgeschichte im Hacker Haus einem lange vernachlässigten Bereich der jüdischen Geschichte Österreichs: dem jüdischen Leben in den ländlichen Dorfgemeinden. Basierend auf einem Forschungsprojekt von Lokalhistorikern unter der Leitung der Doktoren Dressl, Hagenhofer und Sulzgruber wurde die Ausstellung von Dr. Martha Keil vom Institut jüdischer Geschichte Österreichs kuratiert und gibt auf etwa 250 m² spannende Einblicke in eine „Versunkene Welt“.
Wegweisend ist, dass es sich um eines der wenigen Projekte handelt, bei dem nicht die grossen jüdischen Gemeinden der Städte wie Wien, St. Pölten oder Wr. Neustadt im Zentrum stehen, sondern bei dem gezielt dem Alltagsleben der jüdischen Bevölkerung in den kleinen ländlichen Gemeinden vor 1938, aber auch deren Beraubung, Ermordung und Vertreibung nachgegangen wird. Bereits das Foyer widmet sich der Geschichte des Hauses, in welchem das Museum heute untergebracht ist, handelt es sich doch dabei um das ehemalige Wohnhaus und Geschäftslokal der jüdischen Familie des Max Hacker. Hier erhält der Besucher bereits einen Einblick in das typische Schicksal einer ländlichen jüdischen Familie, die sich ihren Lebensunterhalt als Kaufleute verdiente und 1938 ihren Besitz und grossteils auch ihr Leben verlor. In der Dauerausstellung des Hauses wird der Frage nachgespürt was das Judentum an sich ausmacht und wie sich das Leben der Juden in einer kleinen Gemeinde wie Bad Erlach vor 1938 gestaltete. So kann man den Schofar bestaunen, der einst in der Erlacher Synagoge geblasen wurde, sich Rekonstruktionen aller Synagogen Niederösterreichs in 3D ansehen oder (vor allem als Nichtjude) in fesselnden Kurzfilmen dem religiösen Leben und Feiern im Judentum nachspüren. Eine interaktive Gemeindenkarte lädt zum Recherchieren über jüdische Personen und Orte der Region ein. Am Beispiel der Familie des Weinhändlers Simon Hacker wird mittels Projektionen, Zeitzeugeninterviews und Originalobjekten der Alltag einer jüdischen Familie im Erlach der Zwischenkriegszeit rekonstruiert und auch deren Beraubung und Ermordung gedacht. Ein anschliessender Gedenkraum mit den leise geflüsterten Namen aller 71 in der Region während der Shoah ermordeten Personen regt zum Besinnen an. In dem modernen Anbau, der „Ellipse“, zeigt die Sonderausstellung „Mit ohne Juden“ die Entwicklung jüdischen Lebens in der gesamten Region, von der ersten Ansiedlung jüdischer Familien ab den 1870er – Jahren bis zur dunklen Zeit der Shoah aber auch das Erinnern und Gedenken ab den 1980er – Jahren und die Schicksale der Überlebenden. Neben Themen wie Religion, Arbeitswelten und Patriotismus wird dabei auch ein kritischer Blick auf die Behandlung der jüdischen Familien in der Shoah, aber auch Fluchtwege und die Arisierung des Vermögens geworfen. Unterstützt wird die Ausstellung durch interaktive Hörbücher. Dennoch soll das Museum nicht der Anklage dienen, sondern der Förderung von gegenseitigem Verständnis und der Mahnung, dass sich solch schreckliche Zeiten nie mehr wiederholen.