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Habsburgs jüdische Soldaten

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Erwin A. Schmidl: Habsburgs jüdische Soldaten 1788-1918.

Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2014.

264 Seiten, 62 s/w-Abbildungen, 12 Grafiken, 2 Karten; Euro 29,90

ISBN: 978-3-205-79567-4

  

Der Autor, Leiter des Fachbereichs Zeitgeschichte am Institut für Strategie und Sicherheitspolitik der Landesverteidigungsakademie in Wien, Dozent an den Universitäten Innsbruck und Wien, ist einer der profiliertesten Militärhistoriker des Landes sowie Spezialist für die Thematik „Juden und Militär".  Schmidl hatte bereits vor 25 Jahren ein Buch veröffentlich, das sich in deutscher und englischer Sprache dieser Materie widmete: Juden in der k. (u.) k. Armee 1788-1918 / Jews in the Habsburg Armed Forces (Studia Judaica Austriaca XI. Eisenstadt: Österreichisches Jüdisches Museum 1989). Aus dieser Publikation schöpfte auch Michael Mader in seinem Artikel Die jüdischen Soldaten in der k. u. k. Monarchie. Vorzeichen der grossen Tragödie in unserer Zeitschrift (DAVID Heft Nr. 101/2014 und Heft Nr. 102/2014).

Das vorliegende Buch ist die erweiterte, einsprachige (deutsche) Fassung der Abhandlung des Jahres 1989. Die Darstellung ist in folgende Kapitel gegliedert: Habsburgs jüdische Soldaten 1788-1918 (S. 12-20), Die Einführung des Militärdienstes für Juden (21-50), Die Zeit von den Napoleonischen Kriegen bis 1866 (51-69), Die Zeit der allgemeinen Wehrpflicht: 1868 bis 1918 (70-84), Jüdische Offiziere (85-112), Der Erste Weltkrieg 1914-1918 (113-137), Die Zeit nach 1918 (138-169). Diese Kapitel sind noch jeweils in mehrere Unterkapitel unterteilt. Der Anhang (171-207) enthält zusätzliche wertvolle Materialien, darunter: Statistische Daten (203-204) und Die Dienstgrade [Chargengrade] der k. u. k. Armee (205-207). Es folgen der Tafelteil [Abbildungen] (209-240), ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis (241-256) sowie Personen- und Ortsregister (257-264). Das Buch bietet somit einen vollständigen, gut lesbaren Überblick über diesen wichtigen Teil der Geschichte Österreich-Ungarns, der Republik Österreichs und seines Judentums.  Eine Leseprobe findet sich unter:

http://www.boehlau-verlag.com/download/163180/978-3-205-79567-4_Leseprobe.pdf 

Österreich gehörte zu den ersten Staaten Europas, die Juden zum Militärdienst heranzogen: Unter dem aufgeklärten Absolutisten Kaiser Josef II. wurden im Habsburgerreich - entgegen den Einwendungen sowohl der Generalität als auch der Rabbinerschaft - 1788 Juden erstmals zum Militär verpflichtet. Anfänglich waren sie nur beim Fuhrwesenskorps, der Traintruppe, zugelassen, die man deswegen ironisch „Moses-Dragoner" nannte. Erst gegen Ende der Napoleonischen Kriege wurden Juden auch für die anderen Waffengattungen assentiert. Das orthodoxe Judentum im galizischen Schtetl hatte weiterhin wenig Interesse am Militärdienst. Anders die assimilierungswilligen Juden in den Metropolen. Für sie, insbesondere die jüdischen Studenten und Akademiker, führte der Staats- und Militärdienst im Laufe des 19. Jahrhunderts zur Emanzipation und gesellschaftlicher Anerkennung. Dieses neue jüdische Bildungsbürgertum begründeten seinerseits in Österreich-Ungarn eine neue Kreativität und Intellektualität, die bis 1938 wirksam blieb. Ein geradezu klischeehaftes Charakteristikum für die habsburgischen Streitkräfte waren der jüdische Militärarzt und Trainsoldat; numerisch dienten allerdings die meisten Juden bei der Infanterie. Fast ein Fünftel aller Reserveoffiziere der k. u. k. Wehrmacht war jüdisch. Weit geringer war der jüdische Anteil bei den Berufsoffizieren und die Konversion von Juden zum Christentum war, der Beamten- und Offizierskarriere durchaus förderlich. Dennoch erreichten mehrere Offiziere jüdischen Bekenntnisses sogar die Generalsränge. Trotz Benachteiligungen durch traditionelle antijüdische Vorurteile sowie den aufkommenden Rassenantisemitismus, verstand sich die k. u. k. Armee als supranational und bewirkte der Korpsgeist eine deutliche Toleranz gegenüber jüdischen Offizierskameraden. In der multinationalen k. u. k. Armee galt die Loyalität des Offizierskorps dem Kaiser als oberstem Kriegsherrn, nicht einzelnen Volksgruppen oder Nationen. Die verstärkte Hinwendung zum Staat und Loyalität gegenüber dem Herrscherhaus war identitätsstiftend für das neue assimilierte Judentum, aus heutiger Sicht geradezu ein Symbol für die Einheit des Vielvölkerstaates, für die Supranationalität der Donaumonarchie. Während des Ersten Weltkriegs (1914-1918) dienten etwa 300.000 jüdische Soldaten in den Streitkräften Österreich-Ungarns. Dabei war der Blutzoll unter den jüdischen Reserveoffizieren unverhältnismässig hoch. Heute wissen wir, dass alle Loyalität, Kampfeinsatz, Tapferkeit und Verdienst um Kaiser und Vaterland diesen jüdischen Frontsoldaten 25 Jahre später keinen Schutz bieten konnte: vor Erniedrigung, Vertreibung und Massenvernichtung.