Gerhard H. Gürtlich, Csaba Székely:
Zugkraft im Nordburgenland. Die Neusiedler Seebahn.
Wien: Holzhausen Verlag 2017
2. erweiterte Auflage
296 Seiten, 24 Tafelseiten
Preis: Euro 19,90
ISBN: 978-3-902976-75-8
Als dieses Buch Ende 2014 erstmals erschien, war nicht unbedingt damit zu rechnen, dass dieses – ein reines Fachbuch – innerhalb kurzer Zeit vergriffen sein würde. Die beiden Autoren, langjährige Führungskräfte aus dem Bereich des österreichischen Verkehrswesens, haben nun die Gelegenheit einer 2. Auflage dazu benutzt, ihre Arbeit nicht nur detailreich zu aktualisieren, sondern auch entsprechend zu ergänzen und zu erweitern. So wuchs alleine der Umfang der Neuauflage von 228 Seiten und 16 Tafelseiten auf beachtliche 296 Seiten und 24 Tafelseiten.
Die Neusiedler Seebahn (NSB) führt seit ihrer Eröffnung am 19. Dezember 1897 auf eingleisiger Normalspur vom Bahnhof Neusiedl entlang des Nordufers des Neusiedler Sees durch die Parndorfer Heide und den Seewinkel, quert südlich von Pamhagen die österreichisch-ungarische Staatsgrenze und mündet schliesslich in der Kleinen Ungarischen Tiefebene im Bahnhof Fertőszentmiklós in die ungarische Stammstrecke der Raab-Oedenburger-Ebenfurter Eisenbahn AG.
Die NSB ist in gewisser Weise eine Art „siamesischer Zwilling“ der Raaberbahn. Daher wird in fast jedem Kapitel des Buches auf die Raaberbahn Bezug genommen. Beispielsweise bedient sich die Neusiedler Seebahn seit ihrem Bestehen des Personals der Raaberbahn. Ausführlich beschreiben und erklären die beiden Autoren die vielschichtigen gemeinsamen Strukturen der beiden Bahnen, ein Beziehungsgeflecht, das nicht einfach zu durchschauen ist.
Nach dem Zerfall der Donaumonarchie am Ende des Ersten Weltkrieges und dem Zuschlag Deutsch-Westungarns an die Republik Österreich wurde eine neue, bisher unbekannte Staatsgrenze gezogen, sodass sich nunmehr zehn Stationen der NSB auf österreichischem Gebiet befanden, während neunzehn bei Ungarn blieben.
Die Auswirkungen des Staatsvertrags von St. Germain (1919), der Volksabstimmung in Ödenburg und Umgebung (1921), personelle Änderungen im Gefolge der Ereignisse des Jahres 1938 und der Entnazifizierung 1945, die Zerstörungen am Ende des Zweiten Weltkrieges und der rasche Wiederaufbau spiegeln sich auch in der kleinen Welt der NSB wider. Dennoch sollte die NSB – trotz so mancher tiefer historischeren Zäsuren – eine bemerkenswert gefestigte Institution im Nordburgenland bleiben.
Mit dem vorliegenden Band wurde nicht nur der Inhalt der vergriffenen 1. Auflage aktualisiert: mit den Kapiteln über die Anschlussbahnen der NSB, die eingesetzten Lokomotiven und Triebwagen erfolgte auch eine wesentliche inhaltliche Erweiterung.
Die im Januar 2017 zeitgerecht zum 120-jährigen Bestandsjubiläum der Neusiedler Seebahn erschienene 2. Auflage beschreibt ein sehr interessantes Stück Eisenbahngeschichte des nördlichen Burgenlandes und zeichnet zugleich ein buntes Bild des Seewinkels, das von den grossen weltgeschichtlichen Umwälzungen des 20. Jahrhunderts umrahmt und überschattet wurde.
Gerhard Artl