Ausgabe

Jeckes: Plädoyer für ein vielfarbiges Mosaik

Inhalt

Anja Siegemund (Hg.): Deutsche und zentraleuropäische Juden in Palästina und Israel. Kulturtransfer, Lebenswelten, Identitäten – Beispiele aus Haifa.

Jüdische Kulturgeschichte in der Moderne, Band 11

Berlin: Neofelis Verlag 2016

514 Seiten, Hardcover, mit zahlreichen Abbildungen und Fotos, Euro 39.00, ISBN: 978-3-95808-027-0

Auch als eBook erhältlich, Euro 39,00

ISBN: 978-3-95808-087-4.

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©: Neofelis Verlag, Berlin

 

Anja Siegemund, Historikerin mit dem Schwerpunkt auf deutsch-jüdische Geschichte, gelingt mit diesem von ihr herausgegebenen Sammelband ein vielfältiges Bild über die Jeckes – den rund 90.000 deutschsprachigen Einwanderern, die zwischen 1933 und 1945 nach Palästina einwanderten. Unter den drei grossen Städten des Landes war Haifa sozial und kulturell am meisten von dieser Gruppe geprägt. Dazu schreibt die Autorin in ihrer Danksagung zur Entstehungsgeschichte des Buches: „Sein Ausgangspunkt war die schlichte Erkenntnis, dass Haifa zwar legendär ist als ‚Stadt der Jeckes‘, doch in dieser Hinsicht fast gänzlich unbeschrieben.“ Anja Siegemunds Beitrag trägt den Titel „Die Jeckes“: Ein Klischee und Faszinosum neu verhandelt. Plädoyer für ein vielfarbiges Mosaik. Der Sammelband umfasst Beiträge von deutschen und israelischen ForscherInnen, die auch ein vielfältiges Mosaik auf die Geschichte der Stadt entwerfen: Linde Apel, Ofer Ashkenasi, Yossi Ben-Artzi, Anne Betten, Friedrich von Borries, Patrick Farges, Jens Uwe Fischer, Ita Heinze-Greenberg, Fabian Hennig, Katharina Hoba, Caroline Jessen, Christian Kraft, Thomas Lewy, Andrea Livnat, Malgorzata A. Maksymiak, Ruthi Ofek, Viola Rautenberg, Christiane Reves, Sebastian Schirrmeister, Joachim Schlör, Grit Schorch, Rakefet Sela-Sheffy, Anja Siegemund, Ines Sonder, Gernot Wolfram, Dorit Yosef. Die Themen der Artikel reichen vom Traum von Haifa als Gartenstadt (Ines Sonder), Deutsche Bauten in Haifa (Ita Heinze-Greenberg), über Das Technion – eine Filiale Preussens im Carmel (Christiane Reves) bis hin zur Sprachsituation und Akkulturation der Einwanderer (Anne Betten). Rückblickend meint Anja Siegemund: „Was also bleibt von den Jeckes? (...) Und es ist der Name an sich, ‚Jeckischkeit‘, die heute in Israel als Attribut nicht unbedingt einer Herkunft, sondern für bestimmte, durchaus positive Eigenschaften steht. Werden in der Wertediskussion im heutigen Israel zionistisch-deutsch-jüdische Werte, wie sie die Vereinigung der Israelis mitteleuropäischer Herkunft mit der expliziten Berufung auf das weltanschauliche ‚Erbe‘, verfechten, bleiben und als jeckisch identifiziert werden? Wird das Sinnbild der Bindestrichmentalität, Kernmerkmal des früheren deutschen Judentums, weiter als ein Erbe auch der Jeckes gehen? Dann wäre die jeckische Geschichte im Prinzip doch nicht zu Ende?“

 

 

Zur Autorin

Dr. Anja Siegemund ist Historikerin mit dem Schwerpunkt auf deutsch-jüdische Geschichte. Studium in München, Münster und Jerusalem, Tätigkeiten im Gedenkstättenbereich, in der historisch-politischen Bildung und für Oral History-Projekte. Promotion mit einer Gruppenbiographie über die Idee der Verständigung mit den Arabern bei deutschen und Prager Zionisten. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören der deutsche und zentraleuropäische Zionismus und dessen ProtagonistInnen sowie die Geschichte der zentraleuropäischen Migration nach Palästina und Israel. Von 2009 bis 2015 leitete sie das Leo Baeck Institut Jerusalem zur Erforschung der Geschichte der deutschen und zentraleuropäischen Juden. Seit 2015 ist sie Direktorin der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum.

Monika Kaczek