Ausgabe

Geschichte ist nicht immer koscher:

Florian MÜLLER

Das neue Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich

 

Inhalt

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Museum und einem Haus der Geschichte? Die Antwort auf die Frage ist gar nicht so einfach, gibt es doch in Österreich noch keine Vorbilder. Das Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich ist das erste Haus der Geschichte in Österreich. 

Einen Erklärungsversuch gibt es jedenfalls bereits im Einleitungstext des neuen Museums mit einem Zitat von Martin Buber: „Ich habe keine Lehre, aber ich führe ein Gespräch.“ Das neue Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich will ein Ort des Diskurses sein, durch eine Ausstellung, durch intensive Kulturvermittlung und als Serviceeinrichtung, die interessierten Bürgerinnen und Bürgern beim Verstehen von Geschichte unterstützt. Martin Bubers Zitat stellt auch klar, dass es bei der Geschichtsschreibung nicht nur eine Wahrheit gibt, dass sich Geschichtsschreibung auch verändert und dass diese Diskurse auch abgebildet werden müssen.

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Museumsvitrine. Foto: Museum Niederösterreich, 

mit freundlicher Genehmigung: F. Müller.

Im April 2014 beschloss die Niederösterreichische Landesregierung die Errichtung eines Hauses der Geschichte und übergab dem Museum Niederösterreich – vormals Landesmuseum – den Auftrag dazu. Der thematisch und methodisch sehr vielfältige wissenschaftliche Beirat von insgesamt 92 Personen, in dem auch Martha Keil, die Leiterin des Instituts für jüdische Studien in Österreich (INJOEST) vertreten war, entwickelte ein Konzept, das zwei brennende Ideen in sich trug: Die Darstellung der Geschichte Niederösterreichs im zentraleuropäischen Kontext sollte nicht chronologisch, sondern thematisch dargestellt werden und die Vermittlung soll in Form so genannter „Foren“ direkt in der Ausstellung verankert werden. In nur drei sportlichen Jahren entstand so ein Museum auf 3.000 Quadratmetern mit über 2.000 Objekten. Darunter befindet sich übrigens eine Installation eines Projekts von Bob Martens und Herbert Peter (Technische Universität Wien), das zum Kennenlernen von 17 (ehemaligen) Synagogen in Niederösterreich einlädt.

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Film 38 - Auch das war Wien. Copyright: Satel Film GmbH, mit freundlicher Genehmigung: F. Müller.

 

Neben Themen wie „Flucht und Wanderung“ oder „Glaube – Wissen“ widmet sich ein eigener Themencluster mit dem Titel „Im Gleichschritt – ausgelöscht“ der Entstehung von autoritären Systemen und speziell der Propaganda und dem Auslöschungskrieg des Nationalsozialismus. In einem bewegenden Raum mit Leihgaben des DÖW und von Shoah-Überlebenden aus den USA wird vor allem die Rolle Niederösterreichs im Vernichtungsfeldzug der Nazis beleuchtet. Auch die erste Schwerpunktausstellung widmet sich einem zeitgeschichtlich brisanten Thema „Die umkämpfte Republik: Österreich 1918-1938“ und zeigt, wie schnell verbale Gewalt in physische Gewalt umschlägt und wie schnell eine junge Demokratie in eine Diktatur kippen kann. Im letzten Raum der Schwerpunktausstellung steht eine SS-Uniform dem Gewand eines KZ-Häftlings gegenüber. Neben einer Tora-Krone aus Wiener Neustadt sieht man als Abschlussbild eine Filmaufnahme der brennenden Synagoge von Bühl (Deutschland). Eine Schwerpunktausstellung, die 1938 endet, ist nicht dazu angetan, ihre Besucherinnen und Besucher mit einem Wohlgefühl zu entlassen. Aber schliesslich soll Geschichte auch zum Nachdenken anregen.

Information:

Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich

Schwerpunktausstellung „Die umkämpfte Republik: Österreich 1918-1938“

Di-So und Ft, 9.00-17.00

Veranstaltungstipp:

 

13. Dezember 2017, 18.00

Zeitzeugenforum „Erzählte Geschichte“: Gespräch mit Regisseur mit Wolfgang Glück und anschliessender Vorführung des oskarnominierten Films „38 – Auch das war Wien“

 

Weitere Informationen:

www.museumnoe.at