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Die Entnazifizierung in Kärnten

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Christoph Kropfisch: Die Entnazifizierung in Kärnten

unter besonderer Berücksichtigung der Politischen Expositur Feldkirchen.

Diplomarbeit, Universität Graz 2008.

Die österreichische Entnazifizierung habe versagt. Schon in der frühen Nachkriegszeit sei es zu einer starken Re-Integration von ehemaligen Nazis gekommen. So lautet das harte Urteil mancher Geschichtskundiger. Insbesondere das  Bundesland Kärnten wird für seinen Umgang mit der Vergangenheit gerügt. Doch gerade in der unmittelbaren Nachkriegszeit, in den Jahren 1945-1947, wurde die Entnazifizierung in Österreich mit grossem Engagement betrieben. Das trifft auch auf das Land Kärnten zu, das noch vor den bundesstaatlichen Entnazifizierungsgesetzen landesautonom Entnazifizierungen durchführte. In seiner 2008 an der Uni Graz eingereichten Diplomarbeit setzt sich Christoph Kropfisch mit der österreichischen Entnazifizierung kritisch auseinander und geht dabei auf die Massnahmen der britischen Alliierten und der Landesregierung in Kärnten sowie der politischen Expositur Feldkirchen genauer ein. Unter die Entnazifizierungsmaßnahmen der frühen Nachkriegsjahre fallen das 1945 beschlossene Verbotsgesetz, die im selben Jahr einberufenen Volksgerichte, das Wirtschaftssäuberungsgesetz sowie das Kriegsverbrechergesetz. Diese Gesetze hatten einen stark sanktionellen Charakter, konnten aber keine 100%ige Entnazifizierung garantieren. Dies wäre nur in totalitären Systemen möglich, eine starke Demokratie hingegen kann auch durch Amnestien verzeihen, so der von Christoph Kropfisch zitierte Historiker Dieter Stiefel. Kärnten hatte als einziges Bundesland bereits eine eigene Landesregierung, bevor es im Mai 1945 Teil der britischen Zone wurde. In Unkenntnis der unter Bundeskanzler Karl Renner in Wien beschlossenen Gesetze wurde in Kärnten ein landesautonomes Entnazifizierungsgesetz verabschiedet, das die Entfernung aller Illegalen aus dem Bereich der Kärntner Landesregierung forcierte und die Entlassung aller SS-Angehörigen anstrengte. Christoph Kropfisch beschäftigt sich in seiner Diplomarbeit auch mit dem spezifischen Nationalismus Kärntens, der seinen Ursprung schon Ende des 19. Jahrhunderts hatte und sich vor allem gegen Wien und die Südslawen richtete. Neben einer Beschreibung der britischen Entnazifizierungmassnahmen und von deren Schwächen zeigt Kropfisch auch anhand tabellarischer Aufzeichnungen einen österreichweiten Vergleich der registrierten bzw. nach den Gesetzen erfassten ehemaligen Nationalsozialisten. Dabei kommt er zu folgendem Schluss: Kärnten lag in der Entnazifizierung nicht unter dem bundesweiten Durchschnitt, sondern im österreichischen Mainstream.

Neben dem im Jahr 1981 erschienen Standardwerk von Dieter Stiefel, das vorwiegend auf überregionalen, ausländischen Quellen basiert, gibt es inzwischen eine ganze Reihe weiterer historischer Arbeiten zur Entnazifizierung in Österreich. Im Gesamtkontext der österreichischen NS-Forschung betrachtet ist es jedoch nach wie vor ein „Nischenthema". Christoph Kropfisch, ein gebürtiger Kärntner, hat sich bewusst für dieses Thema entschieden, um durch die Auswertung von regionalem Quellenmaterial aus seinem Bezirk Feldkirchen der seiner Meinung nach einseitigen und tendenziösen Kritik an seinem Bundesland entgegenwirken. So präsentiert Kropfisch interessante Regionalquellen aus dem Kärntner Landesarchiv, wie z. B. die Original-Meldeblätter zur Registrierung ehemaliger Nationalsozialisten nach dem Verbotsgesetz.

Die Diplomarbeit von Christoph Kropfisch bietet einen sehr guten Überblick über die Entnazifizierung in Österreich und speziell in Kärnten. Dabei geht er zunächst von der gesamtösterreichischen Situation aus und beschreibt sodann, nach einer allgemeinen Einführung in die Nachkriegsgesetzgebung, die Lage in Kärnten. Die gut strukturierte Arbeit lässt in puncto Entnazifizierung in Kärnten keine Fragen offen und eignet sich für Interessierte, die wissen wollen, wie sich die frühe Nachkriegszeit in Österreich darstellte und wie es zum negativen Bild der Entnazifizierungsmassnahmen kam.