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18.000 Austritte aus dem Judentum in Wien

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Anna L. Staudacher: ...meldet den Austritt aus dem mosaischen Glauben. 18000 Austritte aus dem Judentum in Wien, 1868-1914. Namen-Quellen-Daten.

Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag 2009.

826 Seiten, Euro 100,80.-

ISBN 3-631-55832-4

Autorin und Verlag treten seit Jahren mit der Erfassung und Veröffentlichung von aus dem Judentum ausgetretenen Personen, hauptsächlich in Wien, von 1782 bis 1914 hervor (Wegen jüdischer Religion - Findelhaus, 2001; Jüdische Konvertiten in Wien 1782-1868, 2002; Jüdisch-protestantische Konvertiten in Wien 1782-1914, 2004). Bestanden die bisher erschienenen Publikationen aus jeweils zwei Bänden, so liegt diesmal ein querformatiger Band mit den Daten zu etwa 18.000 Personen vor. Bezüglich ausführlicher soziologischer Untersuchungen, statistischer Auswertungen und Erläuterungen zu Schrift-interferenzen kann auf Band I der Arbeit aus 2004 verwiesen werden (dazu eine Rezension in: DAVID, Heft 53, September 2005).

Die im Jahre 1868 in Kraft getretenen interkonfessionellen Gesetze waren die Grundlage dafür, dass nur der Austritt aus einer Religionsgemeinschaft ermöglicht wurde (bisher erfolgte dieser ausschliesslich automatisch bei Annahme der Taufe). Der Austritt erfolgte nunmehr vor dem Wiener Magistrat, ab 1892 vor dem Magistratischen Bezirksamt des Wohnortes. Ab sofort genügte eine formlose schriftliche Erklärung, ein bis zwei Zeilen reichten, mit Angabe des Namens, weiters von Adresse, Beruf, Wohnort und Herkunft und der Unterschrift, wobei Handzeichen beglaubigt sein mussten. Damit hatte der Austretende den Stand der Konfessionslosigkeit erreicht, der mit einem „Rathschlag" schriftlich bestätigt wurde. Bei einem eventuellen Eintritt in eine andere Religionsgemeinschaft wurde von dieser die amtliche Bestätigung verlangt. Dieser Ablauf führte zu einem Informationsfluss von Magistrat/Magistratischen Bezirksämtern über erfolgte Austritte an die Israelitische Kultusgemeinde, die daraufhin Austrittsprotokolle, und zu diesen noch Austrittskarteien anlegte. Diese beiden (zum Teil lückenhaften) Hauptquellen, behördliche Austrittserklärungen einerseits und die Austrittsprotokolle/Austrittskarteien der IKG andererseits, wurden ergänzt mit Angaben aus anderen Quellen der Israelitischen Kultusgemeinde wie Geburtenbüchern und  Proselytenprotokollen. Weiters wurden Trauungsmatriken der IKG sowie katholischer und evangelischer Pfarren ausgewertet, insbesondere aber auch Register über Ziviltrauungen vor dem Wiener Magistrat (erhalten ab 1870;  Namenregister dazu, erstellt von Anna Staudacher, erscheinen seit 2007 als Beilage laufend in Adler, Zeitschrift für Genealogie und Heraldik, Wien), zusätzlich die fallweise getrennt geführten Taufmatriken jüdischer Konvertiten bei einzelnen römisch-katholischen und evangelischen Pfarren, und auch die Gesuche zur Namensänderung bei der Niederösterreichischen Statthalterei.

Aufgenommen wurden alle Personen, die in Wien ihren Austritt erklärt haben sowie jene, die in den Austrittsaufzeichnungen der IKG aufscheinen, unabhängig davon, ob sie in Wien oder ausserhalb Wiens ausgetreten sind (bei dieser zweiten Gruppe erfolgten Meldungen an die IKG nur sporadisch).

Die Vielzahl der Quellen, die oftmals phonetische Schreibweise bei Familien- und Ortsnamen und das teilweise mehrfache Abschreiben erbringen eine Fülle von Daten, in denen eine nicht unerheblichen Anzahl Lese- und Schreibfehlern enthalten ist. Diese durch gegenseitiges Überprüfen und Abstimmen nach Möglichkeit reduziert zu haben ist ein grosses, nicht zu unterschätzendes Verdienst der Autorin. Das Ergebnis ist eine alphabetische Auflistung nach Familiennamen (bei Frauen zusätzlich der Name vor der Heirat), ev. Namensänderungen, Vorname, Geburts- und Herkunftsdaten (Ort, Land), Beruf, Austrittsdaten (Jahr, Alter, Familienstand, vor welcher Behörde und IKG-Eintragung). Die aus Platzgründen nur gelegentlichen Fussnoten verweisen auf zusätzliche Literatur.

Nach diesem etwa 700 Seiten umfassenden Hauptteil folgen zwei Konkordanzen, die der Namensänderung-Jüdischer Name und die der Mädchennamen-Frauennamen, danach die Rekonstruktion der im Original verlorenen Austrittsprotokolle der IKG 1868-1884. Quellen- (aus diesem geht die Bearbeitung von Taufmatriken auch in Pfarren rund um Wien hervor) und Literaturverzeichnis schliessen den inhaltsreichen Band ab.

Gedacht für Historiker, Biographen und Familienforscher (Vorwort), liegt somit ein weiterer mit Akribie und Sachkenntnis erstellter Band einer Aufarbeitung von Massenquellen vor, der - gemeinsam mit den bisher erschienenen Bänden - für diesen Bereich sehr wohl als Standardwerk bezeichnet werden kann.