Ausgabe

Spontane Empörung – in Rekordzeit

Ernst SMOLE

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Kaum waren die ersten Kurzberichte über die Tragödie vor der Küste von Gaza eingetroffen, hagelte es bereits internationale Proteste. Noch waren keine Details bekannt, doch sofort wusste man, wer die Schuldigen waren: Die Juden! Es ging völlig unter, dass die restlichen Schiffe ohne Zwischenfälle geentert worden waren, ein Indiz dafür, dass Israel bei dieser heiklen, aber verständlichen Mission durchaus mit Bedacht vorgegangen ist. Warum liessen die „Friedensaktivisten" keine Kontrolle ihrer Ladung in einem israelischen Hafen zu? Haben die mitfahrenden Prominenten tatsächlich bis ins unterste Ladedeck kontrolliert, ob nicht doch Waffen an Bord waren? Hätte Israel den Tross ohne Kontrolle der Ladung in Gaza an Land gehen lassen sollen, um sich dann von dort, mit frisch importierten Waffen verstärkt, beschiessen zu lassen? Überflüssig und zynisch sind die Hinweise, das Ansehen Israels in der Welt habe sich nun weiter verschlechtert. Dieselbe Reaktion war auch beim Bau der Mauer im Westjordanland zu vernehmen - seither aber gibt es keine Selbstmordattentäter mehr, die Mauer hat hunderte Menschenleben gerettet. Israel kann - wie jeder bedrohte Staat auf dieser Erde - nicht auf sein internationales Ansehen schielen, wenn es um die Sicherheit seiner Bürger geht. Wann immer Juden abgewartet,  anderen vertraut haben, haben sie dies mit dem Leben bezahlt. Israel hat aus der Geschichte von Vertreibung, Verfolgung und Tod die aus seiner Sicht richtigen, traurigen Schlüsse gezogen. Die palästinensische Tragödie ist längst eine zwischen islamistischen Extremisten und gemässigten Palästinensern. Israel versteht sich als Ordnungsmacht. Im Westjordanland, wo Israel militärisch präsent ist, geht es um ein Vielfaches friedlicher zu als im Gazastreifen, in dem die Palästinenser unter sich sind. Israels Militär wird aber als Besatzungs-, und nicht als Ordnungsmacht wahrgenommen. Daher scheint die einzige Lösung zu sein, dass Israels Militär einer internationalen Schutztruppe weicht, die im Westjordanland und im Gazastreifen dafür sorgt, dass sich die Palästinenser - sie sind das zur Zeit wohl bemitleidenswerteste Volk im gesamten Nahen Osten - nicht weiterhin gegenseitig massakrieren. Diese Ordnungstruppe sollte - dem Verursacherprinzip folgend - aus Europa kommen. Dies würde Israel vermutlich auch akzeptieren, falls der Aufbau von Vertrauen gelänge. Der Antisemitismus ist eine europäisch-christliche Erfindung. Er setzte ein, als die ersten Kreuzfahrer, zum Üben des kommenden Mohammedaner-Totschlagens, sich die Juden des Rheinlandes aussuchten. Über die Inquisition, die Jahrhunderte lang wiederkehrenden Pogrome in Osteuropa, die tausenden Opfer verschiedener bizarrer Verschwörungslegenden setzte er sich fort und fand im Holocaust seine furchtbarste Ausprägung. Ohne den europäischen Antisemitismus wäre Israel in seiner jetzigen Form niemals entstanden. Israel hätte Frieden bringen sollen - eingetreten ist das Gegenteil. Es ist eine moralische Pflicht der Europäer, alles zu versuchen, um im Nahen Osten eine zumindest einigermassen friedliche Koexistenz zu sichern. Einfach wird dies keinesfalls. Völlig fehl am Platz sind jedoch einseitige Schuldzuweisungen, wie sie jetzt erhoben werden.