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Zur Geschichte des Jüdischen Friedhofs in Horn

Erich RABL

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Die Stadt Horn hat vier Friedhöfe. Der älteste ist der städtische Friedhof bei der Stephanskirche. Der Preussenfriedhof liegt im Himmelreich nördlich der Stadt, dort ist ein Teil der an der Cholera gestorbenen preussischen Soldaten 1866 beerdigt worden. Der Entstehung nach ist der jüdische Friedhof der dritte Friedhof Horns. An der Prager Strasse wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ein sowjetischer Friedhof angelegt.

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Von links: Dr. Erich Rabl, der Leiter des Stadtarchivs, Univ.-Prof.Dr. Martin Jäggle, Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit,Vizepräsident Dr. Willy Weisz, Abt Christian Haidinger, Pater Albert Groiss, Vizebürgermeisterin Roswitha Helwig und Bezirkshauptmann Mag. Johannes Kranner Foto: Martin Kalchhauser, Horner NÖN

Der jüdische Friedhof geht auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Durch das Toleranzpatent von Kaiser Joseph II. aus dem Jahr 1782 war - nach ihrer Vertreibung 1670 - wieder die Ansiedlung jüdischer Bewohner in Niederösterreich möglich geworden, 1857 liess sich die erste jüdische Familie (sieben Personen) in Horn nieder, weitere Zuwanderer kamen vorwiegend aus Böhmen und Mähren. Bei der Volkszählung des Jahres 1880 bekannten sich 89 Personen zur israelitischen Konfession, das waren 4% der Horner Bevölkerung. Die Stadt Horn hatte 1880 rund 2200 Einwohner.

Die Familien jüdischen Glaubens vereinigten sich zunächst (1863) zu einer Betgenossenschaft, 1873/1874 konstituierte sich die Israelitische Kultusgemeinde Horn; diese Kultusgemeinde umfasste anfangs das Gebiet der Gerichtsbezirke Eggenburg, Geras, Horn, Haugsdorf, Oberholla-brunn, Ravelsbach und Retz. 1902 wurde dann die Kultusgemeinde Hollabrunn von Horn abgespalten.

Die Betgenossenschaft bzw. die Kultusgemeinde mietete zuerst im so genannten Karglhof, einem grossen Gebäude an der Frauenhofner Strasse, eine Wohnung, die als „Andachtsort, Schule und Lehrerwohnung" genutzt wurde. Um die Jahrhundertwende (1903) kaufte die Kultusgemeinde das Wohnhaus Stadtgraben Nr. 25 (gegenüber der heutigen Fahrschule) und richtete dort eine Synagoge ein. Sie bestand bis 1938. Der Thoramantel der Horner Synagoge hat sich im Jüdischen Museum in Wien erhalten.

Mit der Errichtung der Betgenossenschaft bzw. einer Kultusgemeinde wurde auch die Errichtung eines Friedhofes notwendig. Für die Anlage eines jüdischen Friedhofes wurde ein Platz neben dem Preussenfriedhof - also nördlich der Stadt - angekauft, und es wurden einige Kinder dort bestattet. Doch dieser Friedhof war relativ weit von der Stadt entfernt und der Weg dorthin war im 19. Jahrhundert nicht ausgebaut.

So kaufte die Kultusgemeinde 1873 einige Grundstücke vom damaligen Bürgermeister Georg Riederich. Die Stadtgemeinde Horn erhob gegen die Errichtung des jüdischen Friedhofs Einspruch, weil sich hier früher eine katholische Kirche und ein katholischer Friedhof der Pfarre Riedenburg befunden hatten. Aber der Einspruch wurde abgewiesen. 1878 wurde eine kleine Leichenkammer und 1913 die grössere Leichenhalle zugebaut.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und im ersten Teil des 20. Jahrhunderts vertrat das deutschnationale Horner Bürgertum, aber auch die Christlichsozialen eine antisemitische Haltung, das bildete offenbar den Nährboden dafür, dass der jüdische Friedhof im Laufe des 20. Jahrhunderts mehrfach geschändet wurde.

Heute stehen auf dem Friedhof fast 80 Grabsteine, ca. 50 Gesteinsreste und etwa 17 Grabsteine liegen am Rande des Friedhofes.

Die Familien Winternitz und Kummermann

Von den Familien, die hier auf dem Friedhof beerdigt wurden, möchte ich zwei exemplarisch erwähnen, und zwar die Familien Winternitz und Kummermann. Theresia Winternitz, 1896 gestorben, und Bernhard Winternitz, im Jahr 1900 gestorben, sind die Eltern des berühmten Indologen Moriz Winternitz. Der Vater war ein kleiner Gemischtwarenhändler, zuerst in Horn, später in Sigmundsherberg. Der Sohn Moriz Winternitz war im Horner Landesgymnasium ein durchschnittlicher Schüler, doch später ein bedeutender, international verankerter Gelehrter in Oxford und Prag. Die Werte, die er verkörperte, waren Toleranz, Humanität, Völkerverständigung und Frauenemanzipation. Moriz Winternitz, dem im nächsten Jahr in den Museen der Stadt Horn eine kleine Sonderausstellung gewidmet wird und für den im Kunsthaus Horn 2013 eine Gedenktafel anlässlich seines 150. Geburtstages angebracht werden soll, starb 1937 in Prag. Er ist dort begraben.

Der letzte Horner, der am jüdischen Friedhof begraben wurde, war der Kaufmann Jakob Kummermann. Er hatte ein Gemischtwarengeschäft in der Wiener Strasse gegenüber dem Bürgerspital, er betrieb einen Landesproduktenhandel und besass einen Speicher am Bahnhof (dort ist heute die Aufschrift Jakob Kummermann noch lesbar). Jakob Kummermann starb am 9. März 1938 und wurde am 11. März 1938 beigesetzt, von der Wiener Strasse bewegte sich ein eindrucksvoller Trauerzug zum jüdischen Friedhof - dieser Trauerzug stand ganz im Gegensatz zu dem Aufmarsch, der wenige Tage später die NS-Diktatur einleitete.

Kummermanns Frau Emilie und die Tochter Friedericke mussten wie alle jüdischen Bewohner Mitte September 1938 auf Befehl des NS-Kreisleiters Karl Hofmann innerhalb von 24 Stunden die Stadt Horn verlassen. Sie schafften die Ausreise nicht, sie starben in einem nationalsozialistischen Konzentrationslager. Der Sohn Ernst Kummermann konnte nach Kanada ausreisen, wo er bis zu seinem Tod vor einigen Jahren lebte. Obwohl ihm Anfang der 1950er Jahre das Elternhaus restituiert wurde, verlegte er wie fast alle jüdischen Mitbürger seinen Wohnsitz nicht mehr nach Horn zurück.

Die kleine Gruppe der jüdischen Mitbürger, die bis 1938 in unserer Stadt lebte, wurde vertrieben und ein Teil von ihnen im wahrsten Sinne des Wortes ausgelöscht. Die Nachkommen, die überlebten, sind heute im Ausland; Kontakte zu ihnen gab es in den letzten Jahren nach Israel, England und in die USA.

Notwendige Renovierungsarbeiten

Ein jüdischer Friedhof ist ein „Hauses der Ewigkeit", d.h. ein jüdisches Grab ist für die Ewigkeit gedacht, es wird nie aufgelassen. Für Historiker ist der jüdische Friedhof auch ein historisches Denkmal, die Grabsteine sind auch wichtige Quellen für Teilaspekte der Geschichte Horns.

Am 4. November 2012 überreichte Abt Christian Haidinger vom Benediktinerstift Altenburg in Anwesenheit von Frau Vizebürgermeisterin Roswitha Helwig den Reingewinn eines Benefizkonzertes an Dr. Willy Weisz von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien zur Renovierung des jüdischen Friedhofes.

Die Israelitische Kultusgemeinde Wien verhandelt jetzt mit der Stadtgemeinde Horn, damit diese in Zukunft die Betreuung des Friedhofes übernimmt. Eine Renovierung ist notwendig, in einer der beiden Aufbahrungshallen könnte man eine Dokumentation über den Friedhof und die Geschichte der Israelitischen Kultusgemeinde Horn unterbringen.

Literaturhinweise:

Erich Rabl (1990): Der jüdische Friedhof in Horn. In: Kläranlage Horn. Beiträge zur Geschichte des Taffatales. Mühlen - Riedenburg - Jüdischer Friedhof. Eine Festschrift des Gemeindeverbandes Horn für Abwasserbeseitigung. Horn, S. 46-67.

Claudia Theune/Tina Walzer (Hg.) (2011): Jüdische Friedhöfe: Kultstätte, Erinnerungsort, Denkmal. Wien u.a.