Im Februar 2013 nahm in Graz der deutsch-jüdisch-stämmige Künstler Sven Oliver Wangemann eine Intervention im öffentlichen Raum vor. Frottagen (Abreibungen, mit Schriftzeichen der Torah) wurden von den Kanalisationsdeckeln genommen, auf denen sich das Wappen des steirischen Panthers befindet.
Florinda Ke Sophie, Sven O. Wangemann und GR und Wirtschaftsbund-Obfrau Daniela Gmeinbauer
Für Wangemann symbolisieren die Deckel verschliessende Siegel, die das Toten- vom Lebendenreich trennen. Basierend auf der griechischen Mythologie - dem Fluss Styx, welcher sinnbildlich unter den Füssen der Grazer fliesst. Die Problematik sich überlappender kultureller kollektiver Identitäten wurde am Beispiel des Judentums in den Fokus der Betrachtung gerückt. Auch Graz hat eine wechselvolle Geschichte im Hinblick auf das Miteinander von „einheimischem" und jüdischem Leben gesehen. Eine Begegnung mit dem Fremden in der eigenen Mitte wurde erfahrbar gemacht, die Relevanz gebräuchlicher und gewohnter Symbole konnte hinterfragt werden.
Davidstern mit TextThora
Der Grafiker platzierte auf dem Fussboden der Galerie Blaues Atelier einen Davidstern, in den er in hebräischer Schrift die Anfangszeilen der Torah schrieb. Ein Senkblei, auch Lot genannt, wurde in der Mitte des Davidsterns installiert, um zu zeigen, dass alle lebendige Ausrichtung in Gottes Hand liegt. Ein altes Schloss ohne Schlüssel symbolisierte, dass auch die Entschlüsselung der Geheimnisse des Lebens für uns oft im Unerreichbaren liegen - der Schlüssel zum Schloss war daher in vier Meter Höhe unter der Raumdecke befestigt. Von Grazer Bürgern entliehene Alltagsgegenstände aus der Zeit um 1940 sollten das partizipierende Element der Bürger darstellen und im Zusammenhang mit einem Hitler-Gemälde darauf verweisen, dass der jüdische wie auch der nicht-jüdische Alltag eng miteinander verflochten waren.
Frottagen Kanaldeckel v. Wangemann
Essbares im bildnerischen Werk zeigte das nahrhafte und nährende Element des jüdischen Beitrags zum historisch gewachsenen kulturellen Gesamtbild. Eine Filmdokumentation der Aktionskunst rundete die Ausstellung ab. Die Eröffnung wurde durch Florinda Ke Sophie (Galerie Blaues Atelier), Sven O. Wangemann und die Gemeinderätin und Wirtschaftsbund-Obfrau Daniela Gmeinbauer (stellvertretend für den Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl) vorgenommen.