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In den „Gründerjahren“ liessen sich vor allem ungarische Juden – Unternehmer, Bankiers, Hoteliers, Rechtsanwälte und Notare sowie Angehörige freier Berufe – in Rijeka nieder.
Die nachfolgenden Generationen tragen charakteristischerweise ungarische oder auch deutsche Familiennamen und italienische Vornamen (etwa der Rabbiner Adolfo Gerloszi). Italienisch als Amts- und Verkehrssprache in Rijeka wurde von Budapest akzeptiert. Seit den Siebzigerjahren des 19. Jahrhunderts besassen die Juden Rijekas einen eigenen Friedhof; die Chewra Kadischa wurde 1885 von Adolfo Gerloszi gemeinsam mit den Unternehmern Antonio Matersdorfer und Giuseppe Treusch gegründet. In den folgenden Jahren entstand eine Jüdische Frauenorganisation.
Der Tempio Israelitico und die Pomerio Strasse. Historische Postkarte, Ende 19. Jahrhundert. Quelle: Muzej grada Rijeke/Museum der Stadt Rijeka, mit freundlicher Genehmigung.
Die neologe Synagoge von Rijeka
Im Zuge der Stadterweiterung und „Stadtverschönerung“ („abelimento“) seit Beginn des 19. Jahrhunderts planten Unternehmerfamilien - namentlich die Destillerie Žiga Wortmann im Stadtteil Sušak - den Bau einer repräsentativen neologen Synagoge. Der Budapester Architekt Lipót Baumhorn (1860-1932), der insgesamt dreissig Synagogen in Ungarn und der heutigen Slowakei projektierte, zeichnet für die 1903 in Rijeka fertiggestellte Synagoge der Reformierten Gemeinde in Rijeka (Comunitá israelitica di Fiume) verantwortlich. Der ekklektizistische Zentralbau an der Adresse Rijeka, Pomerio Nr. 31 mit romanischen, maurischen und byzantinischen Stilelementen, einer Kuppel, gekrönt vom Davidstern, und vergoldeten Ecktürmen wurde aus verputzten Ziegeln errichtet und zu Rosch Haschanah 1903 eröffnet. Das Gebetshaus fasste 2.500 Personen: die gesamte Judenschaft der Stadt und ihrer Umgebung, bis Opatija. Zum Eingang führten drei Stufen, flankiert von dunklen Marmorplatten mit je einer Menora darauf. Den Eingang schloss ein schmiedeeisernes Gitter ab.
Innen- und Aussenansicht der neologen Synagoge von Rijeka, Postkarte, 1912. Quelle: 1912 (2).jpg (188.56 KiB) Pogledano 4002 puta, Preuzeto sa: http://www.lokalpatrioti-rijeka.com/forum/viewtopic.php?f=235&p=99960, mit freundlicher Genehmigung Lokalpatrioti-Rijeka/“Fiumana“ – Administracija.
Diese Synagoge wurde 1944 von den Deutschen geplündert und niedergebrannt. Die Kuppel und die Fassade, aber auch die Inneneinrichtung blieben erhalten. Diese Bauruine wurde 1948 von der kommunistischen Stadtverwaltung abgetragen. Einen lokalen Kollaborateur der Nazis, der als Brandstifter der Synagoge beschuldigt (identifiziert?) wurde, verurteilte 1945 das kommunistische Militärtribunal Rijeka zum Tod; die Exekution erfolgte ohne Aufschub. Diese Ambivalenz halten einander heute noch „Antifaschisten“ - Exkommunisten mit nostalgischer Verharmlosung der Verbrechen der kommunistischen Justiz in der Nachkriegszeit, sowie Revisionisten der deutschen Besatzer und des mit ihnen kollaborierenden Ustascha-Regimes, vor: nicht die Deutschen hätten die Synagoge zerstört, sondern „die Kommunisten“, die so „judenfreundlichen Titopartisanen“, die die Stadt als „das Rote Rijeka“ vereinnahmten.
Die orthodoxe Synagoge von Rijeka
Die nach dem Ersten Weltkrieg an die 300 Seelen zählende orthodoxe Judenschaft von Rijeka konstituierte sich 1920 als Unione degli Israeliti Ortodossi di Fiume und liess sich 1928 in der Via Galvani, heute ulica Ive Filipovića (Nr. 9) vom ungarisch-italienischen Architekten Győző (Vittorio) Angyal und seinem italienischen Kollegen Pietro Fabbro eine Syna- goge errichten: ein frei stehendes Gebäude in einer Zeile von Miethäusern aus dem 19. Jahrhundert.
Ehemaliger Standort der 1948 zerstörten neologen Synagoge in Rijeka. Foto, 2009. Quelle: Pomorski fakultet sinagoga pomerio 7.9.2009.JPG (201.23 KiB) Pogledano 4015 puta, Preuzeto sa: http://www.lokalpatrioti-rijeka.com/forum/viewtopic.php?f=235&p=99960, mit freundlicher Genehmigung Lokalpatrioti-Rijeka/“Fiumana“ – Administracija.
Die klaren Linien und sparsamen Schmuckelemente an der Fassade entsprachen der italienischen Moderne der Dreissigerjahre des 20. Jahrhunderts. Auch die Wohn-und Geschäftsbauten des Architektenduos in Rijeka kontrastieren mit zeitgleich errichteten pompösen Repräsentationsbauten der faschistischen Herrschaft in der Stadt. Der erste Rabbiner der orthodoxen Synagoge Josef (Giuseppe) Breuer kam aus Frankfurt am Main und entstammte einer Rabbinerfamilie, „Altmeistern der deutschen Orthodoxie“ (Matthias Morgenstern). Für seinen Plan, eine Thoraschule (Jeschiwa) zu gründen, fand er in Rijeka keine Unterstützung, so dass er nach nur drei Jahren Wirkens Rijeka wieder verliess und zu seinem Bruder Isaac nach Jerusalem auswanderte. Armando (Abraham) Adolfo (1897-1982), Schreiber aus Gorizia (dt. Görz), auch er ein orthodoxer Jude aus Ungarn, betreute die Gemeinde in Rijeka; 1939 wurde er von den Faschisten aus Rijeka vertrieben und emigrierte mit seiner Familie nach Palästina.
Innenansicht, neologe Synagoge Rijeka: Blick zum Thoraschrein. Historisches Foto, undatiert. Quelle: Fiumeb2.jpg (80.29 KiB) Pogledano 4163 puta, Preuzeto sa: http://www.lokalpatrioti-rijeka.com/forum/viewtopic.php?f=235&p=99960, mit freundlicher Genehmigung Lokalpatrioti-Rijeka/“Fiumana“ – Administracija.
Renovierung der orthodoxen Synagoge
Diese orthodoxe Synagoge überstand die deutsche Besatzung (ab 15.9.1943) sowie insbesondere die Zerstörungswut der Wehrmacht und SS bei deren Abzug aus Rijeka am 3. Mai 1945. Der Bund der Jüdischen Gemeinden Jugoslawiens (Belgrad) als Rechtsnachfolger der 1941-1945 erloschenen Jüdischen Gemeinden Jugoslawiens verkaufte das Areal an die kommunistische Stadtverwaltung Rijeka. Im Jahre 1993 restituierte es die 1992 gegründete Republik Kroatien an die Jüdische Gemeinde Rijeka. Die Sanierung der Kriegsschäden dauerte fünfzehn Jahre, bis 2008. Finanziert wurde sie von der Republik Kroatien, von der Gespanschaft Küstenland-Gorski kotar und der Stadt Rijeka.
Bei der Renovierung wurde der ursprüngliche Grundriss, eine West-Ost-ausgerichtete Längsachse, beibehalten: Die Synagoge umfasst nunmehr einen Vorraum, den Betraum mit drei Fenstern und eine Frauenempore. Markant heben sich die asymmetrisch angelegte Fassade und der Risalit, der vorspringende Turm in ganzer Höhe des Bauwerks, durch ihr Ziegelrot vom Grauweiss des Langhauses ab: Der Risalit wurde durch die helle Umrandung des asymmetrischen „Übereck“-Fensters und das grauweisse Relief des Davidsternes sowie durch umlaufende helle Girlanden unter dem Dach gegliedert. Auch im Inneren schliesst eine umlaufende kolorierte Girlande die Wände zum Plafond ab. Das heutige Aussehen der Synagoge und die Innenausstattung entsprechen weitgehend dem originalen Zustand. Als einzige Neuerung wurde die Frauengalerie durch eine diskrete Verglasung vom Gebetsraum getrennt, um die Nutzung des Frauenraumes zu kulturellen Veranstaltungen zu ermöglichen.
Neologe Synagoge von Rijeka, Schnitt, undatiert. Quelle: sinagoga Tempio skica rijeka.jpg (32.18 KiB) Pogledano 3993 puta, (Velika sinagoga Tempio) antrfile! Ciottina ul. / Ul. Pomerio (izvorno Piazza Cambieri) Arh. Lipót Baumhorn [graditelj ing. Carlo Conighi] 1901.-1903, Preuzeto sa: http://www.lokalpatrioti-rijeka.com/forum/viewtopic.php?f=235&p=99960, mit freundlicher Genehmigung Lokalpatrioti-Rijeka/“Fiumana“ – Administracija.
Die sechzig heute in der Stadt Rijeka und Umgebung lebenden Jüdinnen und Juden entstammen zumeist sogenannten Mischehen, denn von den 1943 aus der Stadt in die Vernichtungslager des Deutschen Reiches deportierten rund 400 Personen kehrten nach Kriegsende nur 28 Personen lebend zurück. Die Judenschaft von Rijeka hatte schon 1938 durch die Rasssengesetze des faschistischen Italien eine Dezimierung ihrer Mitgliederschaft zu beklagen: von 1.700 im Jahr 1938 (44% der Gesamtbevölkerung) auf 1.200 im Jahr 1939 (29%) und bis 1941 (dem Jahr des Kriegsbeginns in Jugoslawien) auf weniger als 400. Die faschistische Polizei in Rijeka erwies sich, nach den Erinnerungen von Überlebenden wie des „Auschwitz-Zeugen“ Arminio Wachsmann aus Rijeka , als besonders brutal bei der Aberkennung der italienischen Staatsbürgerschaft und Ausweisung der Juden aus der Stadt, aber die „Rassengesetze“ („Gesetzespaket Nr. 1728 zur Verteidigung der italienischen Rasse“) wurden von den Polizeibeamten unterschiedlich (in)konsequent umgesetzt, so dass sich Rijeka auch nach deren Inkrafttreten (am 17.11.1938) als rettender Hafen für flüchtende Jüdinnen und Juden aus dem Deutschen Reich, Ősterreich, dem Sudetenland und dem Reichsprotektorat erwies. Rijeka verzeichnet einen Gerechten unter den Völkern, den aus der Provinz Catania stammenden (faschistischen!) Polizeibeamten Dr. Giovanni Palatucci, Neffe des Bischofs von Catania Dr. Giuseppe Palatucci. An die 5.000 jüdische Flüchtlinge, die zwischen 1938 und 1940 noch über den Hafen Rijeka per Schiff nach Palästina gelangten, schrieben ihre Rettung seiner Hilfe durch Ausstellung von Schiffspatenten (zu der er gar nicht befugt war) zu. Mittlerweile relativierten Überprüfungen die Art seiner Hilfe, so dass der Ehrentitel „wankt“.
Opatija
Die heute noch aktive Synagoge in Rijeka musste schon in der Vergangenheit die jüdischen MitbürgerInnen in dem fünfzehn Kilometer westlich gelegenen Kurort Abbazia/Opatija betreuen. Das elitäre Seebad der adeligen und grossbürgerlichen Gesellschaft des Fin de Siècle, eine Art „Bad Ischl am Meer“, von Erzherzog Franz Ferdinand (angeblich) als „Judenaquarium“ verspottet (damals lebten in Opatija 77 Juden), beherbergte zwar Hotels, Sportanlagen und andere Investitionen von Juden, aber nur ungeeignete Kulträume. Einen Verein zur Förderung einer israelitischen Kultusgemeinde in Abbazia gründeten Juden aus Ungarn und Ősterreich erst 1911, am Vorabend des Ersten Weltkrieges. Dessen Statut wurde vom Wiener Kultusministerium noch am 17. Juni 1914 genehmigt. 1922 bestätigte die italienische Präfektur (Polizei) den Verein unter der Bezeichnung Comunita Israelitica di Abbazia. Deren Zuständigkeit erstreckte sich auf die gesamte „Liburnische Riviera“ zwischen Volosko und Lovran. Ein Friedhof wurde 1908, noch vor der Genehmigung der Gemeinde, oberhalb des in Terrassen ansteigenden katholischen sowie des evangelischen Friedhofs angelegt.
Das Hotel Breiner. Quelle: 1927 hotel Breiner.jpg (109.42 KiB) Pogledano 7946 puta. Preuzeto sa: https://www.lokalpatrioti-rijeka.com/forum/viewtopic.php?f=237&t=3012, mit freundlicher Genehmigung Lokalpatrioti-Rijeka/“ Fiumana“ – Administracija.
Nach derzeitigem Quellenbefund wurden schon 1905 G'ttesdienste in der Pension Breiner (heute: Hotel „Kristal“) abgehalten: Die Pension Breiner wurde 1936 von der aus Wien gebürtigen Berliner Schauspielerin Tilla Durieux (geboren in Wien 1880 als Ottilie Godeffroy; als Künstlerin benannte sie sich nach ihrer französischen Grossmutter) eröffnet. In ihrer Autobiografie Die ersten 90 Jahre meines Lebens (Berlin 1956) schildert sie den Existenkampf um diese Pension, die vor allem jüdischen Flüchtlingen aus dem Deutschen Reich diente, aber keinen Ertrag abwarf. In der Pension richtete Tilla Durieux einen Betraum ein, dessen Interieur sie selbst entwarf. Während des Ersten Weltkrieges wurden Beträume für Soldaten auf Fronturlaub noch im Hotel Imperial und in der Pension Stern (heute Orthopädisches Rehabilitationszentrum „Thalassotherapia“) eingerichtet.
1925 legte die Gemeinde den Grundstein zu einer Synagoge, die den Namen von König Viktor Emanuel II. tragen sollte. Der König sandte eine Grussdepesche; Wirtschaftskrise und faschistische Herrschaft vereitelten jedoch die Ausführung des G´tteshauses. Die Bauparzelle befand sich am Rand des Parks Mandrija in der Villenzone und war - eine Seltenheit im zeitgenössischen Synagogenbau – nicht isoliert, sondern als Element der Parkarchitektur konzipiert. Projektant war Vittorio Győző Angyal, der Mitprojektant der Synagoge in Rijeka - Pomerio, der in Opatija wohnte. Ob nach der Grundsteinlegung Arbeiten begonnen wurden, ist nicht mehr festzustellen; heute deutet nicht einmal mehr eine Gedenktafel auf die geplante Synagoge hin.
Die Villa Zora
Zu Kultzwecken diente nach 1925 die Villa Zora beim Narodni dom („Volksheim“, einem Kulturzentrum der lokalen kroatischen Gemeinde). Die Villa wurde vom Geld einer Sammelaktion in den italienischen Gemeinden und unter der wohlhabenden Judenschaft von Opatija (unter ihnen Lionel Stock, Unternehmer aus Split und Besitzer einer Villa in Opatija) für die geplante Synagoge günstig erstanden, weil die kroatischen Organisationen das Gebäude wegen der faschistischen Provokationen loswerden wollten. In der Villa wurde ein kleiner Saal für die orthodoxe Gemeinde eingerichtet, das geräumige Atrium diente den Neologen: Auch dieses Nebeneinander der beiden Riten gibt es in keiner anderen Synagogen auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien.
Italienische Gemeinden stifteten die Kultgeräte – aus Rom stammte die antike silberne Menora, Triest, Livorno und Ancona spendeten Thora-Rollen, eine Wiener Familie den Parochet. Der Aron ha-Kodesch stammte aus der Scuola Spagnola im Triestiner Ghetto. Dass er sefardisch war, wurde hingenommen; den Transport des zerlegten Schreines und seinen Wiederaufbau finanzierte der Spliter Fabrikant Lionel Stock mit (ein Foto soll laut dem Architekten Zlatko Karač im Stadtmuseum von Rijeka existieren; dieses behauptete jedoch auf Anfrage der Autorin, keinerlei Dokumente betreffend die Geschichte von Juden dieser Region zu besitzen). Bei Zlatko Karač ist zur Beschreibung des Schreines dieses Foto zitiert: „polychromer Marmor mit frühbarockem Dekor“. Erhaltene Teile des Schreines, wiederholt Ziel von Angriffen der faschistischen Milizen und 1943 von den Deutschen zerstört, wurden in das Denkmal für die deportierten Juden auf dem Friedhof von Opatija eingefügt.1964 qualifizierten italienische Experten die Steinmetzarbeiten anhand der Relikte als Stilelemente des Manierismus von hoher Qualität.
1941 beschlagnahmte die faschistische Jugendorganisation Gioventu Italiana del Littorio, GIL, das Gebäude. Die Synagogenräume wurden entweiht, das Inventar teils geplündert, teils auf die Strassse geworfen. Der (nichtjüdische) Hausmeister der Villa Zora rettete die Thora-Rollen und Menora; er übergab sie 1945 dem ehemaligen Präsidenten der jüdischen Gemeinde von Opatija, Bernardo Natan (er bekleidete dieses Amt von 1928-1931 und 1934-1940). Nach Kriegsende, das Natan in der italienischen Internierung und als Partisan erlebte, engagierte er sich als einer von nur fünf Überlebenden aus Opatija für die Gestaltung des jüdischen Friedhofs sowie zugunsten eines Denkmals für die Opfer der Deportationen. Auch wirkte er 1950 beim Verkauf der Villa Zora an eine Institution der Stadt Opatija mit, bei dem die jüdische Gemeinde nicht nur durch die Behörden, sondern auch durch jüdische, nicht einheimische Funktionäre erheblich übervorteilt wurde: In der Villa wurde die Stadtbibliothek eingerichtet. Die Zuständigkeit der Jüdischen Gemeinde Opatija wurde 1945 von der kommunistischen Religionskommission an die Gemeinde in Rijeka übertragen.
Die Judenschaft von Opatija zählte bis zur Jahrhundertwende um die 80 Personen. Bis zum Jahr des Erlasses der italienischen Rassengesetze war die jüdische Gemeinschaft in Opatija auf 389 Mitglieder angewachsen, um dann durch die Internierung der Juden in den italienischen Lagern, durch Emigration und – ab September 1943 – durch Deportation in die Vernichtungslager des Deutschen Reiches praktisch vernichtet zu werden. Den Vollzug der Endlösung ab dem 15. September 1943 leitete der für die Aktion Reinhardt in Polen bekannte Franz Stangl, der aus Polen in die Operationszone Adriatisches Küstenland (mit Sitz in Triest) abkommandiert worden war. Er schlug sein Quartier in Opatija auf. 50 Personen aus Opatija wurden entweder nach ihrer Verhaftung von der SS ermordet oder nach Auschwitz deportiert. Von den Deportierten kehrten fünf nach Opatija zurück – unter ihnen der langjährige Präsident der Jüdischen Gemeinde Opatija Bernardo Natan (Nathan, geboren 1868, verstorben in Opatija 1964). In seinem 84. Lebensjahr verfasste er eine deutschsprachige „Geschichte der Israelitischen Kultusgemeinde Opatija“. Das Manuskript befindet sich im Jüdischen Historischen Museum in Belgrad (Jevrejski istorijski muzej, Beograd, JIM) wurde aber nicht publiziert und bisher auch in der kroatischen Őffentlichkeit nicht bekannt gemacht.
Rijeka, Dubrovnik (ital. Ragusa) und Split (ital. Spalato): diese drei Synagogen von insgesamt zehn aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg erfüllen auch heute noch ihre ursprüngliche Funktion, wenn auch nur zu den Hohen jüdischen Feiertagen. Dann feiert der Rabbiner der Koordination der Jüdischen Gemeinden aus Zagreb, Luciano Preljević (geb. 1953 in Split, Sohn von Blanka geb. Levi, ausgebildet in Jerusalem) mit den rund 60 Personen, die sich zum Judentum bekennen, den G‘ttesdienst. Die Gemeinde schätzt die Zahl der Einwohner von Rijeka und Umgebung mit jüdischem Hintergrund, aber ohne Beziehung zum Judentum auf weitere 60 bis 90 Personen. Aber die Synagoge in Rijeka wirkt allein schon durch ihre Präsenz, als Pflegestätte jüdischer Kultur, als Ort der Selbstvergewisserung der jüdischen MitbürgerInnen und zur Pflege ihres Gemeinschaftslebens.
Ich danke Frau Prof.in Rina Brumini, Rijeka, für ihre Hilfe bei der Beschaffung von Informationen und für die unermüdlichen, geduldigen Antworten auf meine Fragen. Die DAVID Redaktion schliesst sich diesem Dank an und bedankt sich überdies auch herzlich bei Herrn Goran Moravček, bei Frau Marija Lazanja Dušević vom Museum der Stadt Rijeka und bei bei der Organisation Lokalpatrioti-Rijeka/“ Fiumana“ – Administracija, die uns schnell und unbürokratisch Bildmaterial zur Verfügung gestellt haben, für ihre freundliche Unterstützung!
Dr. phil. Anna Maria Grünfelder dissertierte an der Universität Innsbruck mit der Studie „Die Zengger Uskoken in der Geschichte der innerösterreichischen Länder“. Sie lebt in Zagreb und forscht derzeit zu den Lebensumständen repatriierter Überlebender der Konzentrations- und Vernichtungslager im kommunistischen Jugoslawien. Am 29. April 2019 wurde ihr das Goldene Verdienstzeichen der Republik Ősterreich durch den österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen verliehen (entgegengenommen 29. 1. 2020). Zu ihren zahlreichen, mehrfach ausgezeichneten Fachpublikationen zählen Arbeitseinsatz für die Neuordnung Europas. Zivil- und ZwangsarbeiterInnen aus Jugoslawien in der Ostmark 1938/1941-1945. Böhlau Wien, 2010 (Kroatische Ausgabe, Zagreb, Verlag „Srednja Europa“/“Mitteleuropa“, 2007); sowie Von der Shoah eingeholt. Ausländische jüdische Flüchtlinge im ehemaligen Jugoslawien 1933–1945. Böhlau Wien, 2013 (Kroatische Ausgabe korrigiert und erweitert, Zagreb „Srednja Europa“, 2018).
Literaturnachweise
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