Alexander Kluy: Jüdisches Paris.
Wien: Mandelbaum Verlag 2011.
309 Seiten, Euro 22,90.
ISBN 978-3-85476-358-1.
In keinem europäischen Land leben so viele Juden wie in Frankreich, nämlich 500.000 bis 600.000 und davon ungefähr die Hälfte im Grossraum Paris. Noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts „ war die jüdische Gemeinschaft in Frankreich die kleinste in einem bedeutenderen europäischen Staat..." schrieb der amerikanische Historiker Eugen Weber. So gab es in Paris zur Zeit der Dreyfus-Affäre bei einer Einwohnerzahl von 3 Millionen nur 45.000 Juden. Erst durch verschiedene Immigrationswellen - ab 1900 Flüchtlinge vor den Pogromen in Osteuropa, ab 1933 jene vor der Nazidiktatur und schliesslich der Massenexodus aus den unabhängig gewordenen Maghrebländern - begann die Zahl der jüdischen Einwohner bedeutend zu steigen.
Alexander Kluy vermittelt in einer kurzen Einleitung einen informativen Einblick in die Geschichte der Juden in Paris, deren Anwesenheit dort schon im 6. Jahrhundert schriftlich belegt ist. Wie auch in anderen europäischen Städten folgte darauf keinesfalls eine kontinuierliche Besiedlung, denn nach Verfolgungen und Vertreibungen lebten jahrhundertelang keine Juden in Paris. Wenn dem Buch auch ein Zitat des französischen Schriftstellers Jules Renard vorangestellt ist: „Zwei Buchstaben zu Paris dazufügen, und es ist: le paradis, das Paradies", so war es das für Juden im Laufe der Geschichte eher selten, und auch in der Gegenwart gibt es zahlreiche antisemitische Übergriffe. Aber ohne den bedeutenden Beitrag von Juden und Stiftungen jüdischer Mäzene für Kunst und Wissenschaft wäre Paris für alle sicher etwas weniger „Paradies".
Gegliedert nach den zwanzig Arrondissements, erzählt Alexander Kluy Geschichten zu Ereignissen und zu bekannten Personen wie Theodor Herzl, Alfred Dreyfus, Marcel Proust, Amadeo Modigliani, Paul Celan, Heinrich Heine und vielen anderen, aber auch zu den vielleicht nicht so Bekannten wie z.B. dem österreichischen Buchhändler Martin Flinker, dessen Buchhandlung eine „Vertretung deutschen Geistes in Paris" genannt wurde.
Dieser City Guide bietet neben viel Wissenswertem zur Geschichte auch einen Anhang mit Adressen zu Einrichtungen des jüdischen Lebens, wie Synagogen, Mikwen, koschere Restaurants usw.