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Der Berg-Karabach-Konflikt

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Christoph H. Benedikter, Brennpunkt Berg-Karabach, Ein Konflikt gefriert, Hintergründe - Folgen - Auswege, StudienVerlag, Innsbruck, Wien, Bozen, 2011

216 Seiten, gebunden, Hardcover.

29,90 EUR.

ISBN 978-3-7065-5015-4

 

Wie aus dem Titel bereits hervorgeht, beschäftigt sich das Buch mit dem seit den späten 80er Jahren schwelenden Bergkarabach-Konflikt. Der Autor, Christoph Benedikter, hat als Forscher des Ludwig Boltzmann Institutes für Kriegsfolgenforschung sich mehrere Jahre mit diesem Konflikt befasst und durch längere Forschungsaufenthalte Einblick nicht nur in die Äusserungen der politischen Elite, sondern auch der Bevölkerungen und Meinungsträger bekommen. Da er selbst weder der einen noch der anderen Fraktion angehört, hebt sich das Buch auch in angenehmer Weise von den üblichen subjektiven Darstellungen durch jeweils einer Seite nahestehende „Experten" ab.

Zu Beginn reisst der Autor in aller Kürze die historischen Grundlagen des Konfliktes ab, indem er die makropolitische Entwicklung des Kaukasus seit dem 18. Jhdt (osmanischer und persischer Niedergang und russische Expansion) beschreibt. Diese Einleitung ist insofern wichtig, als sich jede Partei auf eine sehr selektive Interpretation dieser Geschichte und der Sowjetära beruft, um die jeweils eigenen Ansprüche zu rechtfertigen.

Als der Sowjetunion gegen Ende der 80er Jahre die Lage in ihren Randgebieten zunehmend entglitt, eskalierte der durch die gesamte Sowjetzeit schwelende Konflikt. Hier arbeitet Benedikter auch gut heraus, dass Russland als Nachlassverwalter der Sowjetunion in erster Linie an einer Ausdehnung des eigenen Einflusses durch das wechselseitige Ausspielen der Konfliktparteien interessiert war. Der russisch-türkische Gegensatz entstand erst nach 1993, als die Türkei sich für den Konflikt zu interessieren begann.

Seither scheitert ein Voranschreiten der Lösung des Konfliktes am innenpolitischen Druck, taktischen Manövern der umliegenden Mächte und dem Unvermögen lokaler Politiker, aus den eingefahrenen Geschichtsbildern und Denkweisen auszubrechen. Hier arbeitet Benedikter sehr detailreich die verschiedenen Narrative und Unwägbarkeiten heraus, warnt auch gleichzeitig, dass der Konflikt in seinem gegenwärtigen Zustand als nicht stabilisiert betrachtet werden kann. Armenien hatte seine Kriegsziele im Grunde mit der eigenen Behauptung erreicht, und Aserbaidschan sieht in den steigenden Öleinnahmen eine Chance, seine politische und gegebenenfalls auch militärische Position verbessern zu können. Somit gibt es keinerlei Anreize, den Konflikt beizulegen, vielmehr versucht jede Partei durch taktische Manöver die eigene Position voranzubringen.

Alles in allem ist das Buch eine sehr solide Informationsbasis über den Konflikt um Bergkarabach und seine regionalen politischen Auswirkungen. Trotz einer Fülle an Fakten und Daten ist das Buch sehr übersichtlich gehalten und stringent aufgebaut. Es kann zur weiteren Lektüre wärmstens empfohlen werden.