Andrea Sinn: Jüdische Politik und Presse in der frühen Bundesrepublik.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2014
400 Seiten, Euro 59,99
ISBN 978-3-525-57031-7
Die Historikerin Andrea Sinn, die bereits 2008 eine Monografie über Hans Lamm, den langjährigen Präsidenten der Kultusgemeinde München und Kulturdezernenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, publizierte, hat sich in ihrem neuen Buch mit einem wichtigen Kapitel aus der Frühgeschichte der Juden in der Bundesrepublik Deutschland befasst. Sie untersuchte das Wirken des Journalisten Karl Marx (1897-1966) und des Juristen Dr. Hendrik George van Dam (1906-1973), die in ihrer jeweiligen Funktion als Chefredakteur der „Jüdischen Allgemeinen" und als Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland in den fünfziger und sechziger Jahren als die zentralen Sprecher der Juden in der Bundesrepublik wahrgenommen wurden. Beide kehrten aus dem Exil in England zurück und hinterliessen keine persönlichen Nachlässe. Dennoch basiert Sinns als Dissertation bei Michael Brenner entstandene Studie auf einer umfangreichen Quellenbasis aus 40 Archiven. Sie hat die frühen Biografien und die offiziellen politischen und publizistischen Stellungnahmen von Marx und van Dam nachgezeichnet und auch einige persönliche Konflikte aus der Sicht der ihr zugänglichen Quellen beschrieben. Marx hat 1949 in einem über 1250mal nachgedruckten Interview das erste öffentliche Bekenntnis von Bundeskanzler Konrad Adenauer zur Wiedergutmachung publiziert. In späteren Jahren kam es jedoch wegen seiner Tendenz der Überidentifikation mit deutschen Politikern zu einer Abkühlung des Verhältnisses mit van Dam, was mit der Gründung des Jüdischen Pressedienstes 1965 sogar zum Bruch führen sollte.