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Marsch des Lebens Österreich im April 2014 – ein Rückblick

Marie-Louise WEISSENBÖCK

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„Ihr habt uns Courage gegeben, weiterzuleben."

Am Freitag, dem 4. April, begann ein bewegtes Wochenende, als ein kleines Empfangsteam fünf Überlebende mit ihren Familien bzw. Begleitpersonen vom Flughafen Schwechat abholten.

In Gedenken an die Errichtung des KZ Lagers Gusen II und der damit verbundenen menschenverachtenden Arbeit im Stollen Bergkristall in St Georgen vor 70 Jahren, hatte Christen an der Seite Israels in Kooperation mit der Bewegung „Marsch des Lebens International", dem Gedenkdienstkomitee Gusen sowie den Elaia Christengemeinden Überlebende dieses grausamen Lagers eingeladen. Ziel des Marsches war es, gemeinsam mit den Überlebenden und ihren Familien ein Zeichen für das Erinnern, für Versöhnung und für ein unüberhörbares „Nie wieder!" gegen den modernen Antisemitismus und Rassismus in unserer Zeit, sowie ein Zeichen der Solidarität mit Israel zu setzen.

Angereist waren Yehiel Aleksander mit einem Freund Igal EvenZiv (Israel) , Itzhak Bronstein mit seinem Sohn Zvika und Neffen Mordechai Golan (Israel), Armando Gasiani mit einem Schuldirektor und Freund Mauro Borsarini aus Italien, Dusan Stefancic mit seiner Frau Stenka aus Slowenien und Stanislaw Zalewski mit seiner Nichte Ewa Pytkowska aus Polen. David Fisher, Produzent des Dokumentarfilms „Six Million and One" und Sohn eines Überlebenden, reiste mit seiner Frau Liliane aus Amerika, wo er derzeit als Gastprofessor an der Yale University doziert, an. Yehiel Aleksander und Itzhak Bronstein waren deportiert worden, weil sie Juden waren, während Armando Gasiani, Dusan Stefancic und Stanislaw Zalewski als junge Männer im Widerstand tätig gewesen waren. Bis Anfang Mai 2014 war Dusan Stefancic der Präsident des Internationalen Mauthausen Komitees während Stanislaw Zalewski den Vorsitz des Hauptvorstandes des Polnischen Verbandes ehemaliger politischer Häftlinge der NS-Gefängnisse und KZs innehat.

Nach einem entspannten Tag in Wien, der mit einer Stadtrundfahrt und einem Besuch in einem typischen Kaffeehaus begann und mit einem gemeinsamen Abendessen in einem Wiener Restaurant endete, ging die Reise am Samstag, dem 5. April, weiter nach Perg, wo ein Empfangsteam unsere geschätzten Gäste mit Blumen und Mozartkugeln willkommen hiessen.

Der Begegnungsabend am 5. April begann mit einem Filmnachmittag im grossen Saal des Sport Aktiv Parks in St. Georgen. Es hatten sich 560 Besucher eingefunden, um im Beisein des Produzenten David Fisher den aussergewöhnlichen Dokumentarfilm „Six Million and One" anzusehen. Im Anschluss führten Marie-Louise Weissenböck und Gerhard und Martina Führer ein Podiumsgespräch mit David Fisher, der Einblicke im Entstehen des Filmes gab.

Herr Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer beehrte uns am Abend mit seinem Besuch.  Sichtlich ergriffen von den bewegenden Zeitzeugenberichten und den daran anschliessenden Bekenntnissen mit der Bitte um Vergebung von Enkeln von Deutschen und Österreichischen Nazitätern, gab er eine kurze Rede in der er betonte, dass „gelebte Erinnerungskultur" ein wichtiges Stück Zukunftssicherung sei. Er dankte allen, die sich in den Dienst dieser Aufgabe stellten.

Ein herrliches Buffetessen, wertvolle Begegnungen und Gespräche folgten. Der Abend schloss mit vier Liedern aus „The Sound of Music" und einem Segenslied „Schma Israel - may the Lord bless you!" gesungen von den Kisi Kids unter der Leitung von Mag.Hannes Minichmayr.

Yehiel Aleksander, 87 Jahre alt und zum ersten Mal seit dem Kriegsende wieder in Österreich, bemerkte bewegt bei dem Anblick so vieler Jugendlicher „früher war nur mein Körper hier, jetzt ist mein Herz auch hier".

Marsch des Lebens Österreich am Sonntag, den 6. April 2014 

Am Sonntag begann die offizielle Eröffnung des Marsches um 13 Uhr vor dem Besucherzentrum in Mauthausen. Marie-Louise Weissenböck begrüsste im Namen der Veranstalter (Christen an der Seite Israels, der Elaia Christengemeinden, des Gedenkdienstkomitees und Marsch des Lebens Int.) die Gäste und moderierte die Zeitzeugengespräche während des Marsches. Die Eröffnungsrede hielt der Initiator vom Marsch des Lebens International, Jobst Bittner. Grussworte des Botschafters der Republik Polen, Mag. Artur Lokowski, der mit seiner Familie und zwei polnischen Schulklassen angereist war und am gesamten Marsch teilnahm, sowie von Dusan Stefancic,  Vorsitzender des IMK als auch der Präsidentin der IKG Linz, Frau Dr. Charlotte Herman, folgten. Die israelische Botschaft und die ungarische Botschaft waren durch die Botschaftsrätinnen Beth Eden Kyte und Andrea Ägoston vertreten. Weitere Ehrengäste waren die zweite Präsidentin des OÖ Landtags, Gerda Weichsler- Hauer, der Bürgermeister von St. Georgen, Erich Wahl (MBA), der Vizepräsident des Koordinationsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit Dr. Willy Weisz und seine Frau Ewa, der Oberkantor der Synagoge in Wien, Mag. Shmuel Barzilai und seine Frau Dvora, und der Präsident der Vereinigung von Opfern des Naziterrors in Ungarn, Herrn György Frisch. Auch Mag. Harald Eckert, Vorsitzender von Christen an der Seite Israels in Deutschland sowie Vorsitzender von Christians for Israel Int. und der ECI war angereist. Ein besonderes Wort des Dankes wurde allen privaten Spendern als auch dem Zukunftsfonds der Republik Österreich ausgesprochen, der die beiden Veranstaltungen finanziell unterstützt hatte.

Der Marsch führte vom Mauthausener Besucherzentrum über die Todesstiege hinunter nach Langenstein, durch Gusen I und Gusen II,  via der alten Schleppbahntrasse nach St. Georgen und endete beim Stollen Bergkristall. Gedenkveranstaltungen fanden im Steinbruch Wiener Graben, beim Krematorium im KZ Lager Gusen I, auf einer Wiese im Bereich des ehemaligen KZs Gusen II und beim Stollen Bergkristall statt. Angelika Schlackl, Historikerin, sowie Bernhard Mühleder, Martha Gammer und Rudi Haunschmied vom Gedenkdienstkomitee Gusen erläuterten den historischen Hintergrund des jeweiligen Ortes. Zeitzeugen berichteten vor Ort vom Erlebten, Enkelkinder und Kinder von ehemaligen Nazi Tätern bekannten die Schuld ihrer Vorfahren, es flossen viele Tränen, gefolgt von Gesten der Versöhnung und dem Anzünden von Gedenkkerzen. Dr. Willy Weisz las beim Krematorium Psalm 13 im Gedenken an die vielen jüdischen Opfern auf Hebräisch, gefolgt von Frau Dr. C. Herman, die den gleichen Psalm auf Deutsch vorlas. Besonders berührten zwei Kindergedichte aus Theresienstadt, vorgetragen von Tabea Binder und Johanna Gruber. Beim Stollen Bergkristall fand die abschliessende Gedenkveranstaltung statt. Oberkantor Shmuel Barzilai sang Eli, Eli gefolgt vom El Male Rachamim (Gott voller Erbarmen) zum Gedenken an die Opfer des Holocaust, während die Überlebenden die Gedenkkerzen anzündeten. Der Überlebende Itzhak Bronstein sprach im Kreise zehn jüdischer Männer das Kaddish, und gemeinsam wurde Ani Maamin (Ich glaube) gesungen. Vertreter der evangelischen, römisch - katholischen und Freikirchen in Österreich, Pfarrer H. Binder, Pfr. P. Riedmann, Pastor H. Eiwen und Pastor J. Krämer sprachen ein Bussgebet und mit einem wiederum gemeinsam gesprochenen Bekenntnis der deutschen und österreichischen Teilnehmern endete dieser bewegende, versöhnungsreiche und hoffnungsgebende Tag.

Marie-Louise Weissenböck, Vorsitzende von Christen an der Seite Israels - Österreich und Hauptinitiatorin des Marsch des Lebens in Österreich