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Erinnerung für die Zukunft – Gedenkkultur in Kärnten

Gastkommentar Herwig Seiser

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Viel zu lange war die Gedenkkultur im Hinblick auf die beiden Weltkriege und die Zwischenkriegszeit auch in Kärnten mit kollektivem Schweigen behaftet. Erst relativ spät, durch das öffentliche Bekenntnis des damaligen Bundeskanzlers Franz Vranitzky, dass Österreich nicht nur das erste Opfer des Nationalsozialismus war, sondern viele Landsleute auch Täter waren, wurde dieses Schweigen und Verdrängen durchbrochen.

In Kärnten haben sich viele private Initiativen um die Gedenkkultur sehr verdient gemacht. In den letzten Jahren und insbesondere seit der historischen Wende im März 2013 wurde der Gedenkkultur in Kärnten auch von Landesregierung und Landtag erhöhtes Augenmerk geschenkt und entsprechende Aktivitäten gesetzt.

Mahnung und Eintreten für den Frieden

Es ist unsere Überzeugung, dass es eine wichtige Aufgabe der Politik ist, den NS-Opfern ihr Ansehen und ihre Identität wiederzugeben und dass eine würdige Gedenkkultur sowohl als Mahnung vor den Folgen einer menschenverachtenden Politik als auch als wichtiges Signal für das Eintreten für Frieden, Menschenrechte und Demokratie seine unverrückbare Berechtigung hat. Der Kärntner Landtag hat als sichtbaren Ausdruck dieser Überzeugung veranlasst, dass am 8. Mai 2014 im Arkadengang des Landhauses eine Gedenktafel angebracht wurde, mit der Aufschrift „Unvergessen - nepozabljeni"  und den Namen von sechs ehemaligen Landtags- und Nationalratsabgeordneten aus Kärnten, die aufgrund ihrer Gesinnung Opfer des NS-Regimes wurden. Im Oktober 2014 fand die Enquete des Kärntner Landtages zum Thema „Erinnerung für die Zukunft - Erinnerungs- und Gedenkkultur in Kärnten" statt, in deren Rahmen sich neun Initiativen, die sich der Gedenkkultur in Kärnten widmen, präsentiert haben.

Die Enthüllung einer Gedenktafel am symbolträchtigen 8. Mai 2015 in der Klagenfurter Burg, in der sich heute das Museum Moderner Kunst  befindet, ist der jüngste Akt im Sichtbarmachen des Gedenkens und Erinnerns. Während des NS-Regimes von 1938 bis 1945 war die Klagenfurter Burg Sitz der Gestapo-Zentrale für Kärnten und Oberkrain. Von dort aus wurden Menschen, die verhaftet worden waren, oft nach brutalen Verhören und Folterungen, die auch zu Todesfällen geführt haben,  in die Konzentrationslager weitergeleitet.

Der Errichtung dieser Gedenktafel gingen ein Antrag der SPÖ-Abgeordneten im Kärntner Landtag und ein einstimmiger Beschluss der Kärntner Landesregierung voraus.

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Gedenktafel am Landhaus. Foto: Günter M. Pinter.

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Gedenktafel in der Klagenfurter Burg. Foto: Günter M. Pinter.

Gedenkdienst ausbauen

Für die Zukunft wird es angesichts des Umstandes, dass  es 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg immer weniger Zeitzeugen gibt, vermehrter Anstrengungen bedürfen, um die Erinnerung an die Verbrechen jener Zeit und das Gedenken an die Opfer wach zu halten.

Eine Möglichkeit, das zu erreichen, wäre es, jungen Menschen den Zugang  zu Gedenkdiensten zu ermöglichen und diesen entsprechend  auszubauen.

Die neue Form der Vergangenheitsbewältigung in Kärnten wird weiter fortgesetzt. Der Blick auf das, was geschehen ist, wurde in Kärnten wieder geöffnet.

Herwig Seiser, Klubobmann SPÖ-Landtagsklub Kärnten

Alle Fotos: Mit freundlicher Genehmigung SPÖ Lärnten.