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Ein unsichtbarer Friedhof in St. Pölten

Georg TRASKA

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Der alte jüdische Friedhof im Süden der Stadt St. Pölten - mitten im dicht verbauten Stadtgebiet am Pernerstorferplatz - ist sowohl den Stadtbewohnern als auch den meisten an jüdischer Geschichte Interessierten unbekannt.

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Der alte jüdische Friedhof von St. Pölten. Blick über das Areal, aktueller Zustand. Foto: G. Traska, mit freundlicher Genehmigung.

Zwischen 1859 und 1906 wurden hier 583 Menschen begraben - so ergab die von Christoph Lind und dem Autor durchgeführte Recherche der vollständig erhaltenen Sterbematriken der 1938 zerstörten jüdischen Gemeinde. Gefördert wurde die Recherche von Nationalfonds und Zukunftsfonds der Republik Österreich, dem Kulturforum Niederösterreich, der Diözese St. Pölten und der Sparkasse NÖ.

Die Nazis haben den Friedhof geschändet und alle Grabsteine abgetragen; der Verbleib der Steine ist unbekannt. Doch ging das Zerstörungswerk nicht unter die Grasnarbe. Eine Bodenprospektion mit Magnetik und Georadar, die die Stadt St. Pölten bei der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik im Jahr 2011 beauftragte, zeigt nicht nur alle Grabstellen, sondern auch die Verdichtungen des Bodens unter den Hauptwegen sowie Fundamentreste der Aufbahrungshalle. Das „Bild", das aus der Bodenprospektion hervorging, ist durchaus sensationell im Verhältnis zu dem, was ober der Erde von dem Friedhof übrig ist: ein Gedenkstein in der Mitte und einige Bäume einer ehemaligen Allee.

So liegen alle archivarischen und archäologischen Daten vor, die eine Flächenrekonstruktion und historische Dokumentation vor Ort ermöglichen würden. Das Ziel ist, den Friedhof wieder als solchen erkennbar und die Grabstellen in ihrer genauen Lage und Ausdehnung sichtbar zu machen, eine Wegführung zu rekonstruieren, die zugleich den Besuchern zeigen würde, wo sie sich bewegen können, ohne auf Gräber zu treten (was gegenwärtig unvermeidlich ist, sobald man die Fläche nur betritt) und alle Namen der hier Begraben vor Ort wieder sicht- und lesbar zu machen, um das Totengedenken zu ermöglichen. Der aufgrund der Recherche entwickelte Plan sieht dafür eine Landschaftsgestaltung vor, die der geistigen Bedeutung des Ortes ästhetisch zu entsprechen hätte. Die Namen der Verstorbenen könnten auf Tafeln im Umriss der ehemaligen Aufbahrungshalle eingetragen werden. Das sind aber bereits Details für eine Ausschreibung.

Um einen Schritt weitergehen zu können, müssen sich erst die Stadt St. Pölten und die Israelitische Kultusgemeinde Wien über die Pflegevereinbarung einigen, die zur Umsetzung des von der Bundesregierung 2001 eingegangenen Washingtoner Abkommens zur Restaurierung und Erhaltung der jüdischen Friedhöfe notwendig ist.