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Fritz Wotruba Ein Remigrant, der sich nicht beirren liess

 Stephan Templ

Fritz Wotruba zählt zu den ganz wenigen Emigranten, die nach Wien zurückgekehrt sind. Und unter diesen ganz wenigen war er wiederum einer der noch einmal sehr wenigen, der trotz Anfeindungen Erfolg hatte. 

Inhalt

Als überzeugter Sozialdemokrat ging Fritz Wotruba (1905–1975 Wien) bereits nach dem Bürgerkrieg 1934 in die Schweiz, kehrte ein Jahr später zurück, um nach dem Anschluss mit seiner aus Düsseldorf gebürtigen jüdischen Frau Marian Fleck doch in die Schweiz zu fliehen, so wie seine Freunde Robert Musil und Fritz Hochwälder. Wotruba hatte das Glück, in der Eidgenossenschaft Mäzene und Anschluss an die Bildhauerszene gefunden zu haben, wie den Emigranten Marino Marini sowie Germaine Richier.  Die Rückkehr sieben Jahre später war für ihn – wie er selber schreibt – ein Schock. Als frisch ernannter Professor an der Akademie hatte er sich einmal mit den dortigen Naziprofessoren auseinanderzusetzen, seine Kunst wurde gleich von zwei Seiten angefeindet: von den Konservativen, den Reaktionären, die auf eine ständestaatliche „Kulturnation Österreich“ zurückblickten, und von der sowjetischen Besatzungsmacht, vertreten durch die kommunistische Partei, die damals mit Viktor Matejka den Wiener Kulturstadtrat stellte. Die 1954 gezeigte Schau in der Galerie Würthle wurde von den kommunistischen Medien in Anlehnung an „entartete Kunst“ als „Abnormalitätenschau“ bezeichnet.


Wotruba war zu dieser Zeit Österreichs präsentester Künstler im Ausland; Ausstellungen in Zürich, Paris, New York, Venedig, Arnheim, Brüssel, London stehen wenigen in Österreich gegenüber: jene 1950 bei Friedrich Welz in Salzburg wird gerade einmal von 763 Besuchern gesehen, während einige hundert Meter weiter der Nazi-Bildhauer Josef Thorak im Mirabellgarten mit seiner Schau angeblich 22.000 Menschen angezogen haben soll. Erst die Aufträge für ­Wiens Stadthalle und für den Brüsseler Weltausstellungpavillon (später als Museum des 20. Jahrhunderts adaptiert) brachten Wotrubas Durchbruch in Österreich. 

Wotruba engagierte sich kulturpolitisch, eine Zeitlang war er der Berater der Sammlerfamilie Kamm und ihrer Galerie Würthle. Gleich nach ihrer Rückkehr führten die Wotrubas einen „Salon“, wo sich vor allem hungrige junge Künstler trafen, legendär waren hier die Auftritte des jungen Helmut Qualtinger. Als Lehrer war Wotruba begehrt und sehr prägend – zu prägend, wie viele Kunsthistoriker meinen. Der streitbare Alfred Hrdlicka war sein Schüler wie auch der sehr früh verstorbene Andreas Urteil. Anna Mahler, der Tochter Gustav Mahlers erteilte Wotruba in den 1930er Jahren Privatunterricht.

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Fritz Wotruba und die Grosse sitzende Figur („Menschliche Kathedrale“), 1949, in der Ausstellung Ve Salon de mai Paris, Palais de New-York 1949 

Foto: Willy Maywald / Bildrecht, Wien 2025, Belvedere, Wien, Nachlass Fritz Wotruba. Mit freundlicher Genehmigung: belvedere 21.

Die nun laufende Schau zeigt – längst überfällig – Wotrubas Einbindung in den internationalen Kontext, zeigt ihn in der Gegenüberstellung mit seinen Zeitgenossen Henry Moore, Alberto Giacometti, Henry Laurens, Marino Marini, Ger­maine Richier und Barbara Hepworth. Und immer wieder kreist alles um die Kirche am Georgenberg bei Mauer, die Architekturgeschichte geschrieben hat, erbaut lange vor dem Auftreten der Dekonstruktivisten.

 

Bis 11. Jänner 2026 belvedere 21

 

Belvedere Museum Wien | Wotruba International

Belvedere 21 zeigt Wotruba-Ausstellung – wien.ORF.at