Bernhard Gitschtaler (Hg.): Ausgelöschte Namen.
Die Opfer des Nationalsozialismus im und aus dem Gailtal
Salzburg: Otto Müller Verlag 2015
383 Seiten, gebunden
Euro 27,00
ISBN: 978-3-7013-1234-4
Auch als eBook erhältlich (Euro 21,99)
Die Autorinnen und Autoren rund um den Kärntner Politikwissenschaftler Bernhard Gitschtaler erzählen die Geschichte einer Kärntner Region, dem Gailtal, und den Umgang mit der eigenen Vergangenheit - aufgearbeitet in über 200 Biographien von NS-Opfern und deren Angehörigen. Der sorgfältigen Recherche verpflichtet, bringen Interviews und Biographien den LeserInnen diese Welt ein Stückchen näher. Interessant und aufschlussreich wird ein Einblick in die traurigen Geschichten einzelner Familien gewährt. In einer dreijährigen Forschungsarbeit konnte das Team um Bernhard Gitschtaler die Biographien von Familien im Gailtal rekonstruieren. Den vergessenen Opfern wurde anlässlich des Gedenkjahres 2015 eine Stimme gegeben, und es gelingt den AutorInnen, die LeserInnen mit auf eine Reise in die Vergangenheit dieser Region zu nehmen. Die Intention des Sammelbands ist eine mögliche Vision des „am Bildschirmbleibens" und nicht der moralische Fingerzeig, wie der Herausgeber selbst betont. Besonders hervorzuheben ist der Aufbau des Buches, welches nach den Kapiteln mit Literaturangaben und Quellenangaben sowie Biographien versehen ist. Die inhaltliche Gliederung ergibt sich zwar nicht auf den ersten Blick, die Ausführung sowie der Aufbau sind jedoch klar und verständlich. Die zusammengetragenen Dokumentationen gliedern sich mit einem kurzen Abriss zur Thematik, was den Zugang vereinfacht, um dann anschliessend in die Lebensgeschichten einzelner Personen einzutauchen. Es wird hier nicht versucht zu urteilen, sondern Prozesse zu beschreiben. Klar treten die unglücklichen Verkettungen, die bewusste Ignoranz bis zur Obrigkeitshörigkeit, sowie die individuellen Überzeugungen zutage. Ergänzt wird dieses Werk durch einen historischen Abriss, welcher die Hintergründe und den nötigen Einblick in die Entwicklungen und Abläufe gibt. Als Erklärung für die starke Ausprägung des Antisemitismus wird die Propagandastrategie der Nationalsozialisten genannt, welche auf eine Kombination verschiedener Feindbilder abzielte und, im Fall von Kärnten, insbesondere dem Gailtal, von Erfolg gekrönt war. Es gibt kaum Untersuchungen, welche die Widerstandsformen gegen das NS-Regime im Gailtal wissenschaftlich konzeptualisiert zugänglich machen. Formen des Widerstands, sowie die Partisanenaktivitäten und Widerstandsaktionen werden skizziert und mit Beispielen einzelner dokumentiert. Bernhard Gitschtaler gibt hiermit denjenigen Personen einen Namen, einen Ort und rückt sie ein wenig in den Fokus der Aufmerksamkeit. Erschütternd ist jede einzelne Geschichte. Die Opfer werden durch ihre eigenen erzählten Familiengeschichten allgemeinverständlich dargestellt, um ein angemessenes „Nicht Vergessen" zu schaffen. Die überwiegenden Opferberichte enden in einem Konzentrationslager, dem Symbol der Unmenschlichkeit des Nationalsozialismus, weswegen der Herausgeber einen Einblick zu gewähren versucht und auf eine ausführliche Literaturliste am Ende seines Werkes verweist. Der Autor versteht es eine besondere, wichtige Thematik des „Nicht Vergessens" in unsere heutige Zeit zu spannen. Er thematisiert eindringliche Fragen, wie Konsequenzen und Aufarbeitung der NS-Verbrechen, indem er den Blick auf diese Region in Kärnten wendet und die Geschichte ihrer EinwohnerInnen erzählt, um nicht in Vergessenheit zu geraten.