Steffen Höhne, Anna-Dorothea Ludewig, Julius H. Schoeps (Hg.): Max Brod (1884 - 1968). Die Erfindung des Prager Kreises
Köln, Weimar, Wien: Böhlau Verlag 2016
408 Seiten, gebunden
Euro 52,00
ISBN 978-3-412-50192-1
Die 22 Beiträge des Sammelbandes basieren auf den Vorträgen eines internationalen Symposions, das im Mai 2014 unter der Schirmherrschaft von Karl Schwarzenberg in Prag stattfand. Julius H. Schoeps beschreibt die Zusammenarbeit seines Vaters Hans-Joachim Schoeps mit Max Brod an der ersten, vielkritisierten Kafka-Ausgabe. Die Herausgeber kamen aus unterschiedlichen Welten; gemeinsam war ihre Deutung von Kafka als religiösen Autor. Weitere Beiträge des ersten Abschnitts widmen sich Brod als Lyriker, Dramatiker und seinem Frauenbild, das Anna-Dorothea Ludewig mit der amerikanisch-jüdischen Literatur vergleicht.
Einige Autoren behandeln Brods Rolle als Mentor des Prager Kreises; eigene Aufsätze sind Ludwig Winder, Willy Haas und Auguste Hauschner gewidmet.
Mark H. Gelber erinnert sich in seinem Beitrag über Brod und den Prager Zionismus an die scharfe Kritik seiner verstorbenen Kollegin Margarita Pazi, einer der ersten Brod-Forscherinnen, als er auf einer Tagung in Israel nicht verschwieg, dass Brod 1938 auch eine Flucht nach England oder in die USA erwogen hatte. Gaelle Vassogne, die 2009 eine Monographie über Max Brod veröffentlichte, beschrieb Brods Engagement für die jüdische Politik nach dem Ende des Ersten Weltkriegs im jüdischen Nationalrat der Tschechoslowakei. In ihrem zweiten Beitrag über Brods literarische Tätigkeit im Lichte der Briefe im Museum für tschechische Literatur in Prag stellt sie viele neue literaturhistorische Quellen vor. Der empfehlenswerte Band vertieft unser Wissen auf viele Aspekte und Zusammenhänge des Prager Kreises. Die Bemerkung von Hans-Gerd Koch, dass Brod „auch als Komponist, Philosoph, Kritiker, Übersetzer und Dramaturg nahezu vergessen" ist, verweist auf die weiteren Dimensionen dieses vielseitigen Autors, die in dem Band nicht behandelt werden.