Das Sigmund Freud Museum zeigt eine Auswahl aus dem Werk des Radierers Ferdinand Schmutzer (1870-1928), der im frühen 20. Jahrhundert zu den bedeutendsten Porträtkünstlern Wiens zählte. Schmutzers Porträts liefern einen exemplarischen Einblick in das Wiener Kultur- und Geistesleben der Jahrhundertwende. Das gesellschaftliche, politische und kulturelle Umfeld, in dem sich Sigmund Freud bewegte und die Psychoanalyse entwickelte, steht im Zentrum der Präsentation im Sigmund Freud Museum. Ein Teil der Ausstellung beschäftigt sich mit den politischen Machthabern und Entscheidungsträgern zu Freuds Lebzeiten: Als prägende Köpfe der Politik vor dem Ersten Weltkrieg sind Kaiser Franz Josef und Bürgermeister Karl Lueger zu sehen. Bürgermeister Karl Seitz und Stadtrat Julius Tandler stehen für das „Rote Wien" in der Zwischenkriegszeit.
Albert Einstein, Radierung von Ferdinand Schmutzer 1921
Ein zweiter Bereich thematisiert die Überschneidungen und wechselseitigen Einflüsse zwischen Kultur und Psychoanalyse. Exemplarisch für die schon damals zahlreichen thematischen Verbindungen präsentiert die Ausstellung Abbildungen von Schriftsteller Arthur Schnitzler, Komponist Richard Strauss und dem Burgschauspieler Josef Kainz. Wissenschaftler und Denker machen den Schwerpunkt eines dritten Sektors aus, mit Albert Einstein ist das vermutlich berühmteste der Porträts zu sehen. Er begegnete Freud 1927 in Berlin und initiierte mit ihm den Briefwechsel „Warum Krieg?". Der Archäologe Emanuel Löwy, einer seiner engsten persönlichen Freunde, unterstützte Freud bei der Erstellung und Katalogisierung seiner Antikensammlung. Mit dem Gynäkologen und Mitbegründer der modernen Frauenheilkunde Rudolf Chrobak verband Freud dieselbe medizinische Schule unter Prof. Ernst Brücke und eine von gegenseitigem Respekt getragene Beziehung. So schrieb Freud von Chrobak als „dem vielleicht hervorragendsten unserer Wiener Ärzte". Schmutzers Porträt des Journalisten Ernst Benedikt beschließt diesen Teil der Präsentation. Er war Eigentümer und Herausgeber von Freuds bevorzugter Tageszeitung, der Neuen Freien Presse. Ferdinand Schmutzer stammte aus einer traditionsreichen Künstlerfamilie: Sein Urgroßvater Jacob Mathäus Schmutzer gründete die „k.k. Kupferstecher-Academie" in Wien, die bald mit der „k.k. Akademie der vereinigten bildenden Künste" zusammengelegt wurde und heute als „Akademie der bildenden Künste Wien" zu den bedeutendsten internationalen Kunsthochschulen zählt. Schmutzer folgte in jungen Jahren der Tradition seiner Familie und wandte sich der Bildhauerei zu, ehe er ein Studium der Malerei an der Akademie der bildenden Künste aufnahm. Besonders prägend für seine künstlerische Entwicklung war ein Studienaufenthalt in den Niederlanden, wo er – beeinflusst durch Rembrandts Werk – sein Interesse für die Radierung entwickelte, die von da an im Zentrum seines künstlerischen Wirkens stand. Mit seinen Porträts der Wiener Gesellschaft konnte Schmutzer große kommerzielle und künstlerische Erfolge verbuchen; seit 1901 Mitglied der Secession, erhielt er in den Folgejahren unterschiedliche Preise und Auszeichnungen, seine Werke wurden international ausgestellt. Neben der techni-schen Perfektion brachten ihm vor allem die Formate seiner Arbeiten – sie waren bedeutend größer als bisherige Radierungen – Ruhm als innovativer Künstler ein. Mit der Berufung zum Professor an der Akademie der bildenden Künste 1908 erfolgte die akademische Anerkennung, in den darauf folgenden Jahren führte er neben den größeren Formaten weitere technsche Neuerungen ein: Er verwendete innovative Ätzverfahren und experimentierte mit neuartigen Nadeln. 1922 übernahm er für zwei Jahre das Amt des Rektors an der Akademie. Ferdinand Schmutzer starb 1928 in seiner Villa in der Sternwartestraße, die sich heute noch im Besitz seiner Familie befindet.