254 Seiten, Euro 20,50.- ISBN: 978-3-627-00123-0 Minka Pradelski, selbst Kind Überlebender, hat einen berührenden, aber auch humorvollen Roman geschrieben über eine fast vergessene Zeit - die Zeit, als das jüdische Leben in den polnischen Kleinstädten noch blühte. Sie lässt Menschen und Schicksale wiederauferstehen, die über Jahrzehnte vergessen waren. Denn sie hat es wohl am eigenen Leben erfahren: Die Eltern erzählten als Überlebende ihren Kinder nicht nur kaum etwas über die Schrecken der Lager und der Verfolgung, sie schwiegen gegenüber der nächsten Generation auch über das Leben „davor", um sie nicht mit Gedanken an Tod und Verlust zu belasten. Tatsächlich aber hatte das zur Folge, dass Last und Druck auf die nächste Generation noch größer wurden. Viele Juden, die nach dem Krieg geboren worden sind haben nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Niederlanden und in Israel versucht, dem literarisch zu entkommen, indem sie das Dilemma beschrieben. Dazu zählen in jüngster Zeit Leon de Winter („Place de la Bastille"), Doron Lizzie ( „Ruhige Zeiten") und Michel Friedman („Kaddisch vor Morgengrauen"). Minka Pradelski lässt ihre Hauptfigur Zippy Silberberg eine Erbschaft machen. Um einen Koffer mit Fischbesteck von ihrer verstorbenen Tante Halina abzuholen, reist sie nach Tel Aviv und begegnet dort im Hotel einer seltsamen Frau: Frau Kugelmann, die früher in Bendzin in Polen gelebt hat, beginnt der zunächst wiederstrebenden Zippy von den Menschen ihres ehemaligen Dorfes zu erzählen. Und indem sie erzählt, erweckt sie die Menschen wieder zum Leben und löst etwas in Zippy aus, von dem diese nicht mehr los kommt. Die Fäden beginnen sich zu verweben, und schon bald befindet sich Zippy mitten in ihrer eigenen Geschichte. „Und da kam Frau Kugelmann" ist ein wunderbares Buch, das auf der einen Seite zu Tränen rührt, auf der nächsten Heiterkeit auslöst, dann wieder in tiefes Nachdenken stürzt. Es ist ein Stück Literatur gewordener Beweis dafür, dass nur im Erinnern das Leben bleibt.
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