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Das Wiener Tagebuch des jüdischen Journalisten Benjamin Kewall

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Erlebte Revolution 1848/49. Das Wiener Tagebuch des jüdischen Journalisten Benjamin Kewall. Hg. von Wolfgang Gasser unter Mitarbeit von Gottfried Glassner. Wien: Böhlau Verlag,  2010. 545 Seiten, Euro 40.80 .- ISBN 978-3-205-78302-2

Benjamin Kewall(1806-1880) wurde als Sohn eines Bündelsträgers in der mährischen Kleinstadt Polna geboren. Er studierte vermutlichh in einigen Jeschiwot seiner Heimat und wurde danach in Wien Hauslehrer und Journalist für die „Allgemeine österreichische Zeitung" und für den „Lloyd". Sein Tagebuch aus den Revolutionsjahren 1848/49 blieb auf einer sehr abenteuerlichen Weise der Nachwelt erhalten. In den fünfziger Jahren zog es ein gewisser Herr Leonhardsberger (der Vorname war offensichtlich nicht mehr eruierbar) in Schwertberg aus einem Haufen alter Bücher aus einem Wiener Nachlass, die zu Kartons weiterverarbeitet werden sollten. Aus mehreren Tagebuchbänden und Briefen rettete er damals nur einen Band. 2003 wurde dieser Band im Altstoffzentrum in Bad Zell von Karl Bachner ein zweites Mal aus dem Müll gerettet. Der Band kam danach an die Melker Stiftsbibliothek, deren Bibliothekar mit der Direktorin des Instituts für die jüdische Geschichte Österreichs, Martha Keil, Kontakt aufnahm. Das Institut beauftragte den Historiker Wolfgang Gasser mit einer kommentierten Edition des Tagebuchs. Ein Faksimile befindet sich auf der Homepage der österreichischen Nationalbibliothek.

Nach der Revolution kehrte Kewall nach Polna zurück. Die Gründe sind nicht klar; möglicherweise spielten auch die verschärften Aufenthaltsbestimmungen in Wien eine Rolle. Er lebte zurückgezogen und verarmt bis zu seinem Tod 1880 in Polna, wo sein Grabstein bis heute zu sehen ist.

Das Tagebuch ist eine herausragende Quelle für die Entwicklung der Presse und des Journalismus und für den jüdischen Anteil an der Revolution von 1848. Der Herausgeber hat es in seiner ausführlichen, akribischen Einleitung kontextualisiert und im Anhang die in der Quelle erwähnten Personen biographisch erläutert. Unverständlich ist, warum er bei Hermann Jellinek dessen Bruder Adolf Jellinek, den Nachfolger des im Tagebuch oft erwähnten Rabbiners Isak Noah Mannheimer, einen Talmudgelehrten und nicht einen Rabbiner nennt. Unter der Sekundärliteratur fehlt leider das Buch über die Jellineks von Klaus Kempter.