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„Spaniolen, tretet alle der Union bei!“

Michael HALÉVY

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In dem leider nur wenig bekannten Film Désobéir (Ungehorsam) des französischen Regisseurs Joël Santoni spielt Jean-Marc Cocherey die Rolle des in Bukarest geborenen und aus Wien nach Frankreich geflüchteten sefardischen Textilhändlers Mosco Galimir. Dank des „Ungehorsams" des couragierten portugiesischen Konsuls in Bordeaux, Aristide de Sousa Mendes, konnten Mosco Galimir und seine Tochter Marguerite Rollin 1941 endlich in die USA ausreisen.1 Vier Jahre zuvor, im Sommer 1937, hatten seine Kinder Felix und Renée Galimir - die Musiker waren nach Palästina ausgewandert - den vergeblichen Versuch unternommen, ihren damals 68-jährigen Vater und ihre Schwester Marguerite mit Hilfe von D-Visa, also mit Visa für Angehörige von in Palästina ansässigen Personen, nach Tel Aviv zu holen. Das Visum für Mosco Galimir wurde gewährt, das für seine Tochter jedoch nicht.

Über Mosco Galimir (גלימיר), seine Familie in Bukarest, Wien und den USA, über sein Leben und seinen kulturellen Beitrag für die Wiener sefardische Gemeinde sind wir nach wie vor nur bruchstückhaft unterrichtet.2 Der aus einer angesehenen sefardischen Bukarester Familie stammende Mosco Galimir - ein Dr. J. Galimir war zwischen 1910 und 1913 im Vorstand der sefardischen Gemeinde von Bukarest (Comunitatea Israeli�ilor de rit spaniol din Bucure�ti)3 - wurde am 13. Oktober 1872 in Bukarest geboren:

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Mosco Galimir mit dem portogiesischen Präsidenten Bernardino Machado (rechts). Mit freundlicher Genehmigung M. Halévy

„It was in Bucharest, my native city, on the shore of the little Dimbovitza, that I spent my happy youth. I remember so well my many professors, but particularly the geographer Bratila, who with his vivid lectures brought to life the many foreign cities and countries I was to visit in my later days."4

Der Kaufmann Mosco Galimir liess sich, wie viele seiner rumänischen Landsleute, um 1900 in Wien nieder5, in sein Geburtsland Rumänien kehrte er nur für kurze Besuche zurück. Mit seiner 1884 in Sofia geborenen Frau Elsa Russo6 und den vier Kindern Clara Marguerite (geb. 18.10. 1905), Renée Camille (geb. 31. 5. 1908), Felix (geb. 21. 5. 1910, gest. 10. 11. 1999),7 und Adrienne Leonie (geb. 6. 6. 1912, gest. 1997) - späteren Absolventen des Neuen Wiener Konservatoriums, die 1929 ein Quartett gründeten, das als Galimir Quartett die Konzertsäle der Welt erobern sollte - wohnte er in der Leopoldstadt, Taborstrasse 23, nicht weit entfernt vom prächtigen, im orientalisierenden Stil errichteten Türkischen Tempel in der Zirkusgasse 22 (an den heute, nach der Zerstörung durch die Nazis, nur noch eine Gedenktafel erinnert) sowie den Wohnungen zahlreicher Gemeindemitglieder.8

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Türkischer Tempel, Wien. Mit freundlicher Genehmigung M. Halévy

In Wien nahm Mosco Galimir aktiv Anteil am Gemeindeleben der Türkisch-Israelitischen Kultusgemeinde, etwa als Mitglied des Vorstandes sowie der Steuerkommission.9 1919 gründete er mit dem aus Adrianopel (heute Edirne, Türkei) stammenden späteren Oberrabbiner Dr. Joseph Nissim Ovadia (1890-1942)10 den Club Union Espanola [Española]. Die Absicht der beiden war nicht nur, ein intellektuelles Klima für Sefarden zu schaffen, sondern auch, mithilfe ihrer spaniolischen Muttersprache den Kontakt mit den Balkangemeinden aufrecht zu erhalten11:

„Die Anregung eines geschätzten Mitglieds der hiesigen spaniolischen Kolonie, einen Club Español in Wien zu gründen, wurde in einer am 11. Mai a.c. [1919] stattgefundenen Versammlung mit grossem Beifall aufgenommen und der Entschluss gefasst, diesen Club baldigst ins Leben zu rufen. Der Zweck dieses Clubs ist, einen Konzentrationspunkt für die hiesige spaniolische Kolonie zu schaffen, die Geselligkeit zu fördern und die mannigfachen Interessen seiner Mitglieder zu wahren."12

Der Gemeindevorsitzende Leon Haim appellierte immer wieder an die Mitglieder, die Sprache ihrer Vorfahren nicht zu vergessen:

„El uso de del idioma español tiene tambien una grande importancia practica, porque es el mejor y mas firme atadijo con nuestros conhermanos de los paises orientales.  Estas nos acavidan dunque de continuar en el mismo camino por poder ofrecer siempre a nuestros conhermanos del oriente, cuando vienen a  Viena, un asilo en cual ellos se sienten a sus gusto como miembros de una familia, como miembros de una hermandad nacional."13

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Gruppenbild, das auch Mosco Galimirs Tochter, Marguerite Rollin (Dame in der Mitte) zeigt.
Mit freundlicher Genehmigung M. Halévy

Weitere Gründungsmitglieder14 waren Leon Adutt, David Alazdraky15, Jacques Alba(c)hary16, Jacques Beracha, Rudolf Canetti17, Aron Gadol, Mosco Galimir, Dr Isidor Haim, Leon Haim18, Dr. Marcel Halfon19 und Heinrich Lazar Sussin20. Ihr Club Union Espanola wie auch der Rabbiner Dr. Ovadia kritisierten offen die intellektuelle Ausrichtung der 1898 von Dr. Yosef Salom gegründeten akademischen Vereinigung Esperansa (Sociedad academica de judios españoles) und deren Entfremdung vom Alltagsleben der Mehrzahl der Gemeindemitglieder.21 Die Esperansa war eine selbstbewusste Vereinigung sefardischer, meist aus den Balkanländern stammender Studenten, die regelmässig in ihrem Gemeinschaftshaus, Novaragasse 23, zusammentrafen.22 Von diesen Studenten und ihren hochfliegenden Plänen berichtete der einflussreiche spanische Senator Angel Pulido Fernandez begeistert an seine Landsleute:

„Viena tiene esa numerosa y brillante juventud oriental, que pisa las aulas universitarias y recoge las luces de la cultura occidental para después llevarlá sus respetivos pueblos."23

Die Annäherung an Spanien und damit an die spanische Sprache und Kultur zeigt sich auch in der Anwesenheit des spanischen Konsuls Dr. Diego Lastras und zahlreicher Mitarbeiter des Konsulats.24 Ein Jahr später zählte die Casa Union Espanola schon mehr als 200 Mitglieder, von denen die meisten einen griechischen, bulgarischen, rumänischen oder spanischen Pass besassen.25 Da sich viele Mitglieder jedoch gegen eine zu grosse Annäherung an das spanische Konsulat (und damit an einen katholischen Staat, der ihre Vorfahren so unbarmherzig vertrieben hatte) aussprachen, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen innerhalb des Clubs. Als Anhänger der „spanischen Sache"  sprach sich Mosco Galimir für gute Beziehungen mit Spanien aus, da die spanische Sprache die Kommunikation mit der sefardischen und hispanischen Welt erleichtern würde:26

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Mosco Galimir zu Besuch in Niederösterreich. Mit freundlicher Genehmigung M. Halévy.

„Mosco Galimir avait le culte du sefardisme et du parler Castellan de nos pères. Il disait, avec juste raison, que sans la conversation du judéo-espagnol, le séfardisme finirait par disparaître. Il parvint à faire partager cette vérité primordiale à un groupe de jeunes coreligionnaires enthousiastes avec le concours desquels il acheta à Vienne une propriété située: II Weintraubengasse 9, qui devint la Casa Sefardita, la première du genre. Son succès fut considérable. Elle groupa, jusqu‘a quatorze cent cinquante membres. "27

Der Club erwarb für seine Vereinsaktivitäten die Casa Sefardi in der Weintraubengasse 9 und veröffentlichte die überwiegend in deutscher Sprache erscheinenden, heute nur in wenigen Bibliotheken vorhandenen Mitteilungen der Union Espanola. Die Casa Sefardi besass eine Bibliothek, über deren Verbleib leider nichts bekannt ist28, sowie eine Lesehalle. Sie war nicht nur gesellschaftlicher Treffpunkt, sondern diente den Türken auch für literarische Abende, an denen judenspanische Lieder gesungen und judenspanische Gedichte rezitiert wurden. Nach der Übersiedlung des Oberrabbiners Dr. Joseph Nissim Ovadia nach Paris fanden bis in die 1930er Jahre regelmässig kulturelle Veranstaltungen in der Casa Sefardi statt.29

Nach dem Tod seiner Frau Elsa im Jahre 1935 liess sich Mosco Galimir mit seiner Tochter Marguerite Rollin in Frankreich nieder.30 Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Frankreich suchte Galimir im Oktober 1940 beim amerikanischen Konsulat von Bordeaux um eine Ausreise in die USA an.31 Mit Hilfe eines falschen, vom Konsul Aristides de Sousa Mendes (oder einem Konsulatsbeamten in Hendaye), ausgestellten Pass konnte seine Tochter Marguerite die französische Grenzstadt Hendaye verlassen und ihrem Vater nach Bordeaux folgen. Dort gewährte der Konsul ihr, ihrem Vater und weiteren Flüchtlingen im Konsulat zwei Wochen ein sicheres Versteck vor der französischen Polizei. Im Mai 1941, der Konsul war im Juli 1940 wegen Befehlsverweigerung nach Portugal zurückberufen worden, konnten Mosco Galimir und seine Tochter in die USA ausreisen. Insgesamt hatte der Konsul 2.862 Visa ausgestellt, darunter auch zahlreiche für österreichische Flüchtlinge, so zum Beispiel für Professor Arnold Wiznitzer und das Ehepaar Norbert und Heddy Gingold. Insgesamt gelangten über 100.000 meist jüdische Flüchtlinge über die Pyrenäen ins rettende Portugal.32 Weit mehr als hundert Wiener Sefarden wurden jedoch in die deutschen und österreichischen Vernichtungslager und Konzentrationslager deportiert und dort ermordet.33

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Cahal Grande Synagoge in Bukarest. Mit freundlicher Genehmigung M. Halévy

Mosco Galimir wohnte bis zu seinem Tod im Jahre 1952 in New York, 151 East 90th Street, New York 28, N.Y., der sefardischen Welt bis zuletzt zutiefst verbunden. So schrieb er am 4. 12. 1945 an J. M. Altaraz, der ihn über die schlimme Lage der Sefarden in Sarajevo informiert hatte:

"Dear M. Altaraz, / Thank you for the received records. / I mean the best thing to do is to write to the Sephardic Community / to New York 225 W 34 Str, for helping / our brothers of Sarajewo. I am not a / director of the Board, but indirectly I / will intervene in their favour. / Sincerely yours, / M. Galimir"

1945 veröffentlicht Galimir unter dem Titel Half a Century of World Travel einen schmalen Band mit Erinnerungen an seine Reisen nach Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Griechenland, in die Türkei, nach Palästina, Ägypten, Spanien, Portugal, Italien und andere Länder. Wien findet dort kaum Erwähnung. Fünf Jahre später verfasste er eine kleine, jedoch wenig Neues bietende spekulative Studie über den „jüdischen und messianischen Juden" Kolumbus (Cristobal Colón. The Discoverer of America. His Origin. Other Explorers, New York). Mosco Galimir blieb bis zu seinem Tod Sefarad und seiner Muttersprache, dem Spaniolischen, verbunden. In dieser Sprache schrieb er kurz vor seinem Tode sein wichtigstes Buch: Proverbios (Refranes) de Sefarditas-Españoles recogidos der MOSCO GALIMIR, New York 1951:34 646 Sprichwörter aus seiner rumänischen Heimat, von denen er einige vorher in der Zeitschrift Le Judaïsme Sephardie veröffentlicht hatte.35 Dieses Buch war für ihn

„una deuda de piedad que debemos pagar por memoria eternel de nuestros abuelos que vivieron en España muchos siglos hasta la Inquisición." 36

Am 15. Oktober 1967 trafen sich im israelischen Konsulat in New York die Angehörigen des Konsuls Aristides de Sousa Mendes und einige der von ihm in seinen Konsulat versteckten jüdischen Flüchtlinge zu einer besonderen Ehrung. Unter den Gästen befand sich neben den Kindern des Konsuls (er wurde erst nach der Nelken-Revolution von 1974 rehabilitiert) auch Marguerite Rollin, Mosco Galimirs Tochter. Diese Ehrung für einen portugiesischen Gerechten unter den Völkern hätte ihren Vater besonders gefreut, liebte er doch dieses Land und fühlte sich dem portugiesischen Staatspräsidenten Bernardino Machado besonders verbunden.

Michael Halévy studierte Linguistik, Romanistik, Judaistik und Balkanologie in Bukarest, Lissabon, Lausanne, Freiburg und Perugia. Er ist als Eduard-Duckesz-Fellow Mitarbeiter am Hamburger Institut für die Geschihte der deutschen Juden.

1  Zur Rolle des portugiesischen Konsuls und Gerechten der Völker Aristides de Sousa Mendes, siehe Rui Afonso, Um Homem bom: Aristides de Sousa Mendes, o ‘Wallenberg Português', Lissabon 1995; José-Alain Fralon, Le Juste de Bordeaux, Limoges 1998.

2   Zu Mosco Galimir und seine Familie siehe die spärlichen und erstaunlich fehlerhaften Informationen im opulent aufgemachten Ausstellungskatalog Die Türken in Wien (Wien 2010). Weder die Datenbanken von Yad Vashem (www.yadvashem.org) noch das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (www.doew.at/ausstellung) verzeichnen den Namen Galimir.

3   Ileana Popovici et al (Hrsg.), Evreii din România (1900-1920). FAST �i NEFAT într-un rǎstimp istoric, Bukarest 2003, Bd. 1, S. 282-283. Zur Geschichte der Sefarden in Rumänien siehe Raoul Siniol, Cahal Grande, Jerusalem 1979; Ders., Momente Sefarde, Jerusalem 1980; idem, Portetete �i schi�e sefarde, Jerusalem 1981.

4   Mosco Galimir, Roumania, In: Ders., Half a Century of World Travel. Impressions and Reflections, New York 1945, S. 29-30 [29].

5   Der Wiener Zentralfriedhof zeigt auf seinen sefardischen Arealen zahlreiche Grabsteine rumänischer Sefarden, vgl. www.friedhof.ikg-wien.at

6   Siehe Mathilde Tagger, Turkish Community of Vienna, Austria, 1845-1938. Weddings Register, www.sephardicgen.com; Turkish Community of Vienna, Austria, 1845-1938. Birth Register, www.sephardicgen.com. Die Angaben von M. Tagger sind widersprüchlich. So wird der Geburtsort von Elsa Russo mit Sofia, Ruse, Istanbul und Moskau angegeben. Elsa Galimir war Schatzmeisterin des Sephardisch-Israelitischen Wohltätigkeitsvereins, dem 1919 ca. 120 Mitglieder angehörten, siehe Mitteilungen der Türkischen Israeliten-Gemeinde (Sephardim) in Wien II, 4, 1920, S. 44.

7   Allan Kozinn, Felix Galimir, 89, a Violonist, who taught generations, died, New Times v. 12. 11. 1999; Social Security Death Index, vgl. www.ssdi.rootsweb.ancestry.com 

8   Barbara von der Lühe, Die Musik war unsere Rettung, Tübingen 1998, S. 110; Regina Thumser, Vertriebene Musiker: Schicksale und Netzwerke im Exil 1933-1945. Univ. Diss., Selbstverlag, Salzburg 1998.

9   Siehe die zahlreiche Beiträge und Erwähnungen in den Mitteilungen der Türkischen Israeliten-Gemeinde (Sephardim) in Wien.

10  Rabbiner Ovadia, der 1924 an der Universität Wien mit der Arbeit Das Haar bei den Juden zum Dr. phil. promoviert wurde, war zwischen 1913 und 1929 Hilfsrabbiner, später Oberrabbiner (haham). Er unterrichtete Elias Canetti in der hebräischen Sprache und versuchte, jedoch vergebens, Canetti für den Rabbinerberuf zu begeistern. Darüber berichtet Canetti ausführlich in seiner Autobiographie Die gerettete Zunge. Rabbiner Ovadia nahm aktiven Anteil an den Wiener sefardischen Gesellschaften La Esperansa und Yehuda Halevy und veröffentlichte unter dem Titel Im ein ani li mi li? (Wenn ich nicht für mich einstehe, wer wird dann für mich eintreten?) regelmässige Kolumnen in der Zeitschrift El Correo Sefardi. Siehe über ihn I. M. Emanuel,  Ha-Yahadut ha-Sefaradit ha-olamit, Holon 1991; Elli Kohen, Dr. Nissim Joseph Ovadia: A Pillar of World Sephardi Judaism and Scholar. He completed what Napoleon started ...[ o. J., o. O]; Michael Studemund-Halévy/ Gaelle Collin, Sefarad sur les rives du Danube, MEAH, sección Hebreo 57 (2008), S. 149-211; Nicole Abravanel, Nissim Ovadia, Grand Rabbin de l‘Association Cultuelle Sépharadite de Paris, Aki Estamos (Paris), 2009.

11   Mitteilungen der Türkischen Israeliten-Gemeinde (Sephardim) in Wien 5, 1919, S. 54.

12   Gründung des Club Espannol, Mitteilungen der Türkischen Israeliten-Gemeinde (Sephardim) in Wien 5, 1919, S. 54.

13   „Der Verwendung der spanischen Sprache kommt eine grosse praktische Bedeutung zu, denn sie ist die beste und stärkste Verbindung zu unsere Brüdern in den Balkanländern und im Osmanischen Reich. Darum wollen wir in diesem Sinne fortfahren, um unseren Brüdern im Orient, wenn diese nach Wien kommen, eine Heimstatt bieten können, in der sich als Mitglieder einer Familien fühlen und als Mitglieder einer jüdisch-nationalen Gemeinschaft", Leon Haim, Ein nachahmenswertes Beispiel, Mitteilungen der Türkischen Israeliten-Gemeinde (Sephardim) in Wien 4, 1919, S. 40-41 [41]. In der türkisch-israelitischen Schule wurde nicht nur Hebräisch gelehrt, sondern auch Judenspanisch: „Die Kinder beantworteten die an sie gestellten Fragen mit Sicherheit und Schlagfertigkeit. Freudig überraschten die Kenntnisse der Zöglinge aus der hebräischen und spaniolischen Sprache" (Die Welt [Wien], 30, 1902, S. 10). Siehe dazu Michael Studemund-Halévy/ Gaelle Collin, Sefarad sur les rives du Danube, MEAH, sección Hebreo 57 (2008), S. 149-211. Über die späteren Aktivitäten der Union Espanola, siehe Mitteilungen der Türkischen Israeliten-Gemeinde (Sephardim) in Wien I, 12, 1919, S. 118-119 (Sylvesterfeier); II, 1, 1920, S. 5-6 (Union Espanola; Fruttasfeier; Generalversammlung); II, 4, S. 29-33 (Dankadresse an Henry Abraham Arditti; Sephardisch-jüdischnationale Organisation in Wien); II, 4, S. 33-34 (Mosche Levy, Zur Reaktivierung der nationalen Organisation der sephardischen Juden in Wien).

14   Im Vorstand der Union Espanola waren 1919: Leon Haim (Vorsitz), Lazar Sussin, Canetti, Cohen, Galimir, Dr. Salom, David J. Sussin; Dr. Halfon (Sekretär), siehe Mitteilungen der Türkischen Israeliten-Gemeinde (Sephardim) in Wien 4, 1919, S. 42.

15   Siehe Mitteilungen der Türkischen Israeliten-Gemeinde (Sephardim) in Wien 4, 1919, S. 40-41 [40].

16   Isaac / Jacques Alba(c)hary, gest. 1924, Zentralfriedhof, www.friedhof.ikg-wien.at

17   Rudolf Canetti, gest. 1929, Zentralfriedhof, www.friedhof.ikg-wien.at

18 Siehe Mitteilungen der Türkischen Israeliten-Gemeinde(Sephardim) in Wien 4, 1919, S. 40-41 [41]

19    Dr. Marcel Halfon, gest. 1938, Zentralfriedhof, www.friedhof.ikg-wien.at

20   Heinrich Lazar Sussin, gest. 1932, Zentralfriedhof, www.friedhof.ikg-wien.at . Siehe auch Mitteilungen der Türkischen Israeliten-Gemeinde (Sephardim) in Wien 4, 1919, S. 40-41 [41]

21    Mitglieder waren u.a. Dr. Isaak Alcalay, Dr. Solomon Alkalaj, Dr. Raphael Margulies (alle Belgrad), Dr. Moritz Levi, Isidor Sumbul, Dr. Vita Kajon, Dr. Jakov Kajon und Dr. Isak Samokovlija (alle Sarajevo). 1925 gründeten Studenten in Zagreb ihre eigene Esperansa. Siehe dazu Jakov Atijas, Esperansa‘ Jevrejski sefardski studentski klub u Zagrebu, Jevrejski almanah, 1955-1956 (Belgrad), S. 110-112. Siehe auch den Ausstellungskatalog Die Türken in Wien, Wien 2010, S. 174-175; Michael Studemund-Halévy/ Gaelle Collin, Sefarad sur les rives du Danube, MEAH, sección Hebreo 57 (2008), S. 149-211.

22  ‚Esperansa‘ tenia komo buto de arebivir i konservar el ladino i su kultura, formado para esto los futuros lideres de las komunidadeas sefardis (Mordechai Abell, El ladino i su kultura en Viena, Austria, Sefardica 15, 2003, S. 52). Nach dem Vorbild der Wiener Esperansa wurden später in Zagreb, Sarajevo und Belgrad akademische Vereinigungen gegründet. Seit einigen Jahren kommt es regelmässigen Esperansa-Treffen in den Balkanstaaten. Die Bibliothek der Esperansa ging nach der Auflösung des Vereins in den Besitz der Türkisch-Israelitischen Gemeinde über. Siehe dazu Michael Studemund-Halévy, Sefarad an der Donau. Catálogo de los impresos austricos en lingua sefardí, siglos XIX y XX, Barcelona 2010 (im Druck).

23    „In Wien gibt es zahlreiche und brilliante junge ‚Orientalen‘, die sich in den Vorlesungsräumen der Universität das Beste an der westlichen Kultur aneignet, um diese später ihren Völkern weiterzugeben", Ángel Pulido Fernández, Espanõles sin Patria y la Raza Sefardí, Madrid 1905, S. 306. Zur der von dem spanischen Senator Ángel Pulido Fernández entfachten Diskussion über die Re-Hispanisierung des Judenspanischen siehe Ivana Vu�ina Simovi�, El léxcico "linguícida" vs. "favorecidor" en el proceso de mantenimiento/ desplazamiento del judeoespañol de Oriente, in: W. Busse/ Michael Studemund-Halévy (Hrsg.), El Léxico Sefardí. Lexicología y lexicografía judeoespañolas, Bern 2010.

24   Der Priester und Orientalist Dr. Lastros übersetzte nicht nur einige baskologische Studien des Grazer Linguisten Hugo Schuchardt (der sich seinerseits für das Judenspanische interessierte) ins Spanische, sondern transliterierte auch für das Buch Los Judíos Españoles en el Imperio Austriaco y en los Balkanes des spanischen Botschafters Graf Isidoro de Hoyos y de la Torre aus der Rashi-Schrift die abenteuerliche Geschichte El Enkuvrido o Diego de Agilar, die 1888 in der in Wien verlegten zweisprachigen Broschüre Istorya de la Komunidad israelit espanyola en Vyena. Del Tyempo de su fundasyon asta oy segun datos istorikos von Michael M. Papo und Adolf(o) von Zemlin(s)zky veröffentlicht worden war. Siehe dazu Michael Halévy, Wie Wien zu seinen Sefarden kam. Die wundersame Geschichte des Diego Aguilar, DAVID 84, 2010, S. 36-38.

25   Die Angaben von Aviva Ben-Ur in ihrem Buch Sephardic Jews in America. A Diasporic History (New York 2009, S. 285), nach der die Casa Sefardita 1.450 Mitglieder gehabt haben soll, sind nicht zutreffend.

26   In seinem Reisebuch Half a Century of World Travel schreibt Mosco Galimir: "A few days after the Armistice of the First World War, the Count of Romanones, the Spanish Prime Minister, was passing through Vienna on his way to Budapest [....] I called him at the Hotel Bristol, extending to him and his family an invitation to visit the Spanish Sephardic Union and its temple, a veritable jewel under the protection of the Public Monuments Department of Austria [...] At a dinner in his honor, also attended by the Spanish Ambassador and the leading government officials, I was delighted to listen to his speech [...] He brought to our mind that we were descendants of Maimonides, Gabirol, Halevy, Abrabanel, Cresquez, Spinoza, Disraeli, and so many others" (S. 25-26).

27   Les Cahiers Sefardis, September 1947, S. 347-338; siehe auch Mair José Benardete, Hispanic Culture and Character of the Sephardic Times, New York 19892, S. 190.

28   Siehe Michael Studemund-Halévy, Sefarad an der Donau. Catálogo de los impresos austriacos en lengua sefardí, siglos XIX y XX, Barcelona 2010 (im Druck).

29  Zu den Vereinsaktivitäten der Esperansa und der Casa Sefardi bzw. Casa Sefardita siehe Xavier Sellés-Ferrando, Spanisches Österreich, Wien 2004, pp. 371-374. An einige dieser Veranstaltungen kann sich meine Mutter, Dr. Hélène Halévy de Jeiteles, geb. 1912 in Pressburg und später Studentin in Wien, noch gut erinnern. Sie besuchte diese gelegentlich mit ihrem Cousin Arthur Koestler, der wie viele aschkenasische Juden von einer sefardischen Herkunft träumte.

30   Die Friedhofsdatenbank der IKG verzeichnet jedoch keine Elsa Galimir.

31   Siehe Katalog Die Türken in Wien, Wien 2010, S. 181 (unten).

32   Avraham Milgram, Portugal, the Consuls, and the Jewish Refugees, 1938-1941, Shoah Resource Center, Yad Vashem, Yad Vashem Studies XXVII, 1999, S. 123-156.

33   Siehe die nicht immer zuverlässigen Angaben bei Corry Guttstadt, Die Türkei, die Juden und der Holocaust, Berlin 2008, S. 320-327.

34   Siehe die positive Besprechung von Denah Lida in der Nueva Revista de Filología Hispánica IX, 4, 1951, 397-399.

35   Le Judaïsme Sephardi IX, 7, 1950, S. 102; 8, S. 121; X, 1, 1951, S. 7; 2, S. 23; 3, S. 47; 4, S. 55; 5, S. 75; Nouvelle Série 1, 1953, S. 33; weitere Sprichwörter in El Tiempo (Tel Aviv) 2, 1952, S. 87.

36   „Eine Dankesschuld, die für die ewige Erinnerung an unsere Vorfahren bringen müssen, die jahrhundertelang bis zur Inquisition in Spanien gelebt hatten",  Galimir, Proverbios, S. 7.