404: Not Found Weltreligionen im Überblick David - Jüdische Kulturzeitschrift

Ausgabe

Weltreligionen im Überblick

Tirza Lemberger

Inhalt

Monika Tworuschka und Udo Tworuschka: Illustrierte Geschichte der Weltreligionen.

Stuttgart: J.B. Metzler Verlag 2017, 176 Seiten, gebunden, Euro 25.69

ISBN 978-3-467-04477-8

 

Im Zeitalter der Globalisierung, wenn die ganze Welt zum „globalen Dorf“ zusammenschrumpft, in einer Zeit, in der „man“ herumreist und die „anderen“ ein Teil des „Strassenbildes“, des Alltags geworden sind, wäre es nicht abwegig, die „anderen“, deren Kultur und Religion näher kennen zu lernen.  Und – seien wir ehrlich – kennt denn jeder seine eigene Religion ganz genau? Diese Lücke soll das vorliegende Buch Illustrierte Geschichte der Weltreligionen schliessen. Fünf Weltreligionen werden vorgestellt – ihre Entstehung, ihre Entwicklung und ihr Stand heutzutage. Es sind: das Judentum, das Christentum, der Islam, der Buddhismus und der Hinduismus. Das Buch ist sehr aufwendig gestaltet. Fotos und Abbildungen von Malereien sind von hoher Qualität. Der Inhalt übersichtlich aufbereitet: Begriffe (z.B. Talmud) und hervorragende Persönlichkeiten (Herzl, Dalai-Lama) werden in einem Kreis mit farbigem Untergrund und einem blauen „Info“-Hinweisschild etikettiert, längere Zitate sind in blauer Farbe gedruckt.

Die VerfasserInnen dieses Buches möchten, gemäss eigener Aussage, einen kompakten Überblick über die fünf Weltreligionen präsentieren. In der Einleitung definieren die Verfasser den Begriff „Weltreligion“ (im Unterschied zur Volksreligion). „Nur Universalreligionen vertreten einen Absolutheitsanspruch, reklamieren das Heil für sich allein und haben die Tendenz zur Missionierung“ (S.6). Bezüglich des Judentums muss man anmerken, dass das Judentum den Absolutheitsanspruch nur bezüglich G’ttes Existenz und Seiner Einzigkeit erhebt. Darüber hinaus ist das Judentum keine „Heilsreligion“ und daher wird auch nicht missioniert.

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Cover: Copyright J.B. Metzler Verlag (Stuttgart)

 

Die AutorInnen setzen sich mit den Anfängen der Religionen auseinander. Sie machen einen darauf aufmerksam, dass der Hinduismus, im Unterschied zum Christentum, dem Islam und dem Buddhismus, keinen historisch belegbaren Religionsstifter hat. „Hinduismus“ ist interessanterweise ein Begriff, den die Engländer im 19. Jahrhundert für die Vielfalt, welche die Religion Indiens ausmacht, stifteten. Der Name Hinduismus ist vom Fluss Indus, den die Perser als Hindu aussprachen, abgeleitet. In Sanskrit lautet es sindhu.

Ebenfalls in Indien, aber mit einem Religionsstifter, entstand der Buddhismus. Siddhartha Gautama, dessen Lebensweg hier nachgezeichnet wird, ist – in seinen Dreissigern – zum  Buddha, dem Erwachten, geworden – und damit zum Stifter des Buddhismus.

Bezüglich des Christentums nennen die VerfasserInnen ausser den Evangelien – in einer Info-Blase (S.49) – mehrere Quellen christlichen Ursprungs. Über diesbezügliche jüdische Quellen heisst es – bis zum 3. Jahrhundert scheint es nichts zu geben. Allerdings fügen sie hinzu: „Hinweise im Talmud werden als historisch unbrauchbar eingestuft“ (S.49).

Über die Anfänge des Islam wird gemäss des Korans, Hadith und Sira berichtet, da diese, wie angemerkt wird, praktisch die einzigen Quellen sind. Anders schaut es bei den Anfängen des Judentums aus. Es wird zwar die biblische Geschichte kurz nachgezeichnet, doch dann (S.12f) unter dem Titel „Kritische Blicke auf die biblische Geschichte“ werden Ansichten solcher Wissenschaftler gebracht, die die biblische Chronologie „über den Haufen werfen“. Nicht für jeden annehmbar.

Nicht nur die Quellen und Anfänge der Religionen werden hier dargestellt. Die Autoren führen den Leser durch die Geschichte, bis zum 21. Jahrhundert. Man wird über entstandene Sekten, divergierende Lehrmeinungen, Abspaltungen und daraus resultierende Religionskriege, die oft politisch motiviert waren, informiert. Die Trennung zwischen Religion und Politik erfolgt erst mit der Säkularisierung und betrifft vor allem das Christentum.

Am Beispiel des Christentums – der historische Überblick umfasst die theologische Entwicklung (S.57ff), die Kämpfe gegen Häretiker, am Beispiel der Albigenser (S.68f). Nicht nur Martin Luther, sondern auch Calvin und Zwingli und natürlich auch die Gegenreformation und der Jesuitenorden kommen zur Sprache. Das Verhältnis Hitler - Kirche wird nicht übergangen, ebenso wie die Feststellung: „Nach 1945 gestanden die Kirchen ihre Schuld ein, als Glaubensgemeinschaft in der Zeit des Nationalsozialismus versagt zu haben“ (S.83). 

Bezüglich des Islam werden nicht nur die Herrscherdynastien vorgestellt sowie der Mongoleneinfall etc., d.h., die politische Entwicklung nachgezeichnet, sondern auch die religiöse und kulturelle Entwicklung präsentiert. Wir hören von den Rechtsschulen, der Philosophie und vor allem vom Sunniten-Schiiten Bruch und dessen Folgen. Die Kreuzzüge finden hier breiteren Raum und werden, trotz Kriege, als Kulturaustausch bezeichnet. Die Verbreitung des Islam auch im südlichen Afrika und in Indien sowie die Entwicklung im Osmanischen Reich sind weitere Themen. Der Bericht schliesst mit einem „Ausblick auf das 20. Jahrhundert und 21. Jahrhundert“.

Hinduismus und Buddhismus sind in unseren Breiten weniger präsent und daher weniger bekannt. Der Überblick macht uns mit den vorvedischen Religionen, dem Kastenwesen, der vedischen Religion, dem Neohinduismus und den bedeutenden Reformbewegungen bekannt. Mahatma Gandhi ist ein Infokreis gewidmet (S.141) – ebenso den „Katzen und Affenwegen“ (S.133). 

Die Person Siddhartha Gautama, uns eher als Buddha, der Erwachte, bekannt, steht im Mittelpunkt des Kapitels über den Buddhismus. Sein Lebensweg wird nachgezeichnet und seine Erkenntnisse dargestellt. Wir hören von der Mahayana-Lehre sowie vom Zen-Buddhismus, vom Dalai Lama, von der Verbreitung des Buddhismus in den USA und in Europa. Die Verbreitung des Buddhismus nach Westen und mit ihm die Begegnung mit der westlichen Kultur, die nicht ganz reibungslos verlaufen ist (S.168), gaben dem Buddhismus bereits im 19. Jh. Impulse zur Erneuerung.

Zurück zum Judentum, das im Buch als erstes vorgestellt wird. Der historische Überblick umfasst u.a. Info-Kreise über Vorurteile gegenüber Juden (S.27) als auch Antijudaismus und Antisemitismus (S.42). Andere Info-Kreise sprechen von Sepharden und Aschkenasen (S.33), Aufklärung und Reformbewegung (S.31, S.45). Zu Recht werden die Aliot – Einwanderungswellen, die durch die Pogrome nach der Ermordung des Zaren Alexander II. in Russland ausbrachen, als „Der Weg zu einem eigenständigen jüdischen Staat“ bezeichnet. Im abschliessenden Abschnitt berichten die Autoren über die Lage der heutigen jüdischen Gesellschaft weltweit.

Auf 169 Seiten geben uns die AutorInnen einen Überblick über die fünf Weltreligionen. Für manch einen eine Bekanntschaft mit Unbekanntem, für viele ein Schliessen von Lücken. Interessant auf jeden Fall.