Ausgabe

„In Bezug auf das eigene Leben darf man sich Sentimentalität nicht zugestehen“

Monika Kaczek

In Erinnerung an Mirjam Pressler s.A. (1940 – 2019)

 

Inhalt

Mirjam Pressler, eine der erfolgreichsten deutschen Autorinnen und Übersetzerinnen, wird am 18. Juni 1940 als Mirjam Gunkel in Darmstadt geboren. Da sie ein uneheliches Kind ist, wächst sie in einer Pflegefamilie auf. Aus der Enge in dieser Familie, bei der sie auch Gewalt erfährt, kann sie sich oft nur durch Bücher befreien, denen sie „verfallen“ ist.

 „Bei meinen Pflegeeltern wuchsen auch deren vier Enkelkinder auf. Eines der Mädchen war die Angepasste, Brave, Schöne, Gescheite. Das andere war ein Miststück, weder gescheit noch schön, noch angepasst. (...) Ich habe als Kind sehr unter ihr gelitten. Immer, wenn sie mir nachgelaufen ist und mich geschlagen hat, habe ich gewusst, dass sie wieder was abgekriegt hat und es an mir auslässt. Ich war eben die Kleinste und Schwächste.“

h120_56.jpg

Mirjam Pressler.

 

Als Mirjam sechs oder sieben Jahre alt ist, erfährt sie von ihrer Pflegemutter, dass ihre Mutter Jüdin ist. 

„Als ich Kind war, habe ich alles, was an meinen sozialen Verhältnissen kaputt war, auf das Jüdischsein geschoben. Ich hatte ja nur den schlechten Klang im Ohr, den das Wort Jude damals hatte. Auch als Autorin habe ich jüdische Themen erst gemieden.“

Nach der Matura studiert sie an der Hochschule für Bildende Künste in Frankfurt am Main sowie Englisch und Französisch an der LMU München. 1962 arbeitet sie in Israel in einem Kibbuz und heiratet zwei Jahre später einen Israeli, zwischen 1966 und 1969 werden die drei Töchter geboren. Nach der Trennung von ihrem Mann kehrt Mirjam Pressler 1970 nach Deutschland zurück, wo sie in München einen Jeansladen betreibt und eine Halbtagsstelle als Bürokraft annimmt. Nebenbei widmet sie sich  ihrer grossen Liebe, dem Schreiben. 1980 erscheint ihr erstes Buch „Bitterschokolade“, dem weitere Werke, wie zum Beispiel „Nathan und seine Kinder“ und „Anne Frank. Eine Biografie“ folgen. Es entstehen wunderbare Romane für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und die Werke zeigen einen liebevollen und menschlichen Blick auf die Protagonistinnen. 

Als Übersetzerin überträgt Mirjam Pressler mehr als 300 Titel aus dem Hebräischen, Englischen und Niederländischen ins Deutsche, darunter Werke von John Steinbeck, Amos Oz und Zeruya Shalev. 2015 erhält sie für ihre Übersetzung von Amos Oz’ Roman „Judas“ den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Übersetzungen.

Am 16. Jänner 2019 stirbt Mirjam Pressler nach schwerer Krankheit in Landshut. Im März 2019 erscheint im Beltz Verlag ihr letztes Buch „Dunkles Gold“, ein Roman über jüdische Identität, Antisemitismus, aber auch Liebe und Hoffnung.

„Jeder braucht einen Platz in der Welt, einen Ort, an den er gehört, und Menschen, in deren Mitte er Geborgenheit findet. Niemand kann in den Räumen dazwischen leben.“ 

(Aus: Nathan und seine Kinder)

 

Zitate:

Breyer, Adriane: „Ich war sehr auffällig“.
In: DIE ZEIT Nr. 42/2015, 29. Oktober 2015, 

https://www.zeit.de/2015/42/mirjam-pressler-literatur-interview/komplettansicht (aufgerufen: 17.01.2019)