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In Erinnerung an Amos Oz s.A. (1939 - 2018)
Im grossen Roman „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ aus dem Jahre 2002 schilderte Amos Oz seine Herkunft und Kindheit. Der Autor kam am 5. Mai 1939 als Amos Klausner im Jerusalemer Stadtviertel Kerem Avraham zur Welt. Seine Eltern stammten aus Osteuropa und er selbst war ein Grossneffe des Gelehrten Joseph Klausner.
Amos Oz.
Foto: Uzi Varon, mit freundlicher Genehmigung Suhrkamp Verlag.
In einem Interview mit Iris Radisch im März 2015 erinnerte sich Amos Oz an die lebendige Vielfalt in der Nachbarschaft:
„Als ich ein Kind war, sprachen alle über Vierzigjährigen um mich herum andere Sprachen. Nur wir Kinder sprachen Hebräisch. Ich dachte, wenn ich erst einmal 40 bin, spreche ich ebenfalls Jiddisch. Als wäre Jiddischsprechen eine Sache, die erst mit dem Alter kommt.“
Als er zwölf Jahre alt war, beging seine Mutter Selbstmord – ein Akt, der ihn sein Leben lang begleitete:
„Das geheime Gespräch mit den Toten hört nicht auf. Mein Vater starb vor 45 Jahren, und noch immer streite ich an jedem Tag mit ihm. Wenn die Eltern sterben, bücken wir uns, heben sie auf, stecken sie irgendwo in uns hinein und sind für den Rest unseres Lebens mit ihnen schwanger. Jeder Mensch ist eine Art Matroschka und trägt die Traumata, die Sehnsüchte und die Enttäuschungen der vorangegangenen Generationen mit sich herum. (...) Ich brauchte vierzig Jahre, bevor ich über meine Mutter sprechen konnte.“
Mit 15 zog Amos in den Kibbuz Chulda im Norden Israels und änderte seinen Familiennamen in Oz – das hebräische Wort für Kraft. Einige seiner Romane, wie zum Beispiel Ein anderer Ort oder Der perfekte Frieden, spielen in einem Kibbuz.
Amos Oz war nicht nur Dichter und Denker, sondern auch ein wachsamer politischer Aktivist. Über seine Ansichten verfasste er immer wieder Artikel, schrieb Essays, hielt Vorlesungen. Unter dem Titel Man schiesst und weint veröffentlichte er Gespräche mit israelischen Soldaten nach dem Sechstagekrieg. Als Mitbegründer der Friedensbewegung Schalom Achschaw setzte sich Oz für die Zweistaatenlösung ein. In seinen Vorlesungen aus der Tübinger Poetik-Dozentur 2002, die unter dem Titel Wie man Fanatiker kuriert erschienen sind, stellte er sich ironisch als „vergleichender Fanatismusforscher“ vor.
Bis zu seinem Tod blieb Amos Oz eine besonnene Stimme der Verständigung zwischen Israelis und Palästinensern. Bei der Beerdigung seines Freundes Schimon Peres im Jahre 2016 meinte er:
„Und weil Israelis und Palästinenser nicht auf einmal zu einer einzigen glücklichen Familie werden können und zu Flitterwochen ins Doppelbett springen, müssen wir dieses Haus in zwei Wohnungen teilen. Doch wo sind heute die mutigen und klugen Politiker, die genau das zustande bringen?“
Seit 1960 war Amos Oz mit Nily Zuckerman verheiratet und das Paar hatte drei Kinder. Der Dichter erlag am 28. Dezember 2018 einem Krebsleiden und wurde im Kibbuz Chulda bestattet. Beim Begräbnis erinnerte sich seine Tochter, die Historikerin und Professorin Fania Oz-Salzberger:
„Und Vater sagte zu mir: Alle moralischen Anleitungen und die Zehn Gebote und die guten Eigenschaften kann ich zu einem Gebot zusammenführen: Füge keinen Schmerz zu. Das ist alles. Füge keinen Schmerz zu. Und wenn das unmöglich ist, verursache zumindest weniger Schmerz. So wenig wie möglich.“
Quellen
Ludwig, Frank: Nachruf auf Amos Oz. Ein Leben für Literatur und Verständigung. Tagesschau.de, 28. Dezember 2018, https://www.tagesschau.de/kultur/amos-oz-nachruf-101.html (aufgerufen: 07.01.2019)
Oz-Salzberger, Fania: Amos Oz, My Father, Left Us With Words That Can Still Change the World, Haaretz, 6. Jänner 2019, https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-my-father-amos-oz-left-us-with-world-changing-words-1.6805808?fbclid=IwAR0evCtX-DelOQRa709VEN8Xl0OOCuHA98ldXyp-pzA238iRUZM7zOv5zvE (aufgerufen: 07.01.2019)
Radisch, Iris: Amos Oz. Ein Verrat aus übergrosser Liebe. In: DIE ZEIT, Nr. 11/2015, 12. März 2015, https://www.zeit.de/2015/11/amos-oz-schriftsteller-israel (aufgerufen: 07.01.2019)