Die im christlich-jüdischen Dialog engagierte Malerin Ingrid Swossil und der Musiker Isaak Loberan führten im Sommer 1998 mit dem damals schon pensionierten Oberkantor des Wiener Stadttempels, Abraham Adler (1916-2003), über mehrere Tage ausführliche lebensgeschichtliche Interviews. Isaak Loberan konzipierte außerdem eine Videodokumentation über Oberkantor Adler, die zusätzliche ausführliche Interviewpassagen enthält. Adler äußerte sich in diesen Interviews ausführlich zu seinem Lebensweg und zu seinem künstlerischen Selbstverständnis als Kantor. Oberkantor Abraham Adler s. A. Erst vor kurzem erschienen Adlers kantorale Kompositionen in einer Edition des Musikwissenschaftlers Martin Czernin. Das Buch enthält auch einen biographischen Text von Christina Haydn-Koch und Robert Singer. Der folgende Artikel, der sich besonders auf das reichhaltige Interviewmaterial sowie auf Adlers Nachlass in verschiedenen Wiener Archiven stützt, soll die dort gemachten Angaben ergänzen. Überblick zur Biographie Abraham Adlers Abraham Adler wurde am 1. Juni 1916 im Dorf Saraseo (nahe Sighet), im damals noch ungarischen Siebenbürgen, dem späteren rumänischen Kreis Maramures geboren. Der Vater, Schmuel ben Yaakov war von Beruf Veterinär und Landwirt. Mütterlicherseits war Adler ein Cousin von Elie Wiesel. 1921/22 besuchte Adler den Cheder. Um 1928 (nach seinen eigenen Angaben im 12./13. Lebensjahr) übersiedelte Adlers Familie nach Sighet. Adler besuchte eine Jeschiwa und sang im dortigen Chor. 1931 nahm der Sigheter Kantor Mendl Hörer den fünfzehnjährigen Adler nach einem Chanukkakonzert in den Synagogenchor auf. 1934 wurde Adler der Stellvertreter von Kantor Hörer. 1936/37 erhielt Adler eine fundierte musikalische Ausbildung in Czernowitz. Daneben arbeitete Adler als privater Religionslehrer, als Garderobier in einem jiddischen Theater und nahm Privatstunden bei Pinchas (Pinje) Spektor. 1938 wurde Adler in die rumänische Armee eingezogen (Kavallerie). Aufgrund der Spannungen zwischen Rumänien und Ungarn dauert seine Militärzeit bis nach der Besetzung Siebenbürgens durch Ungarn. Adler wurde aus dem Militär entlassen und arbeitete wieder als Kantor in Sighet. Am 10. Juni 1942 wurde Adler als Zwangsarbeiter des ungarischen Arbeitsdienstes mit tausenden anderen jüdischen Männern aus Sighet abtransportiert und einem Bautrupp zugewiesen, der hinter der Front Straßen- und Reperaturarbeiten durchführen musste, und gelangte so durch die Ukraine bis Stalingrad. Jänner 1943 geriet Adler im Kessel von Stalingrad in Gefangenschaft der Roten Armee. Nach mehreren Durchgangslagern, in denen er an Typhus erkrankte, wurde er in ein sibirisches Lager verschickt. In Mai 1944 wurden Adlers Eltern und Geschwister sowie deren Familien nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Im Frühjahr 1946 wurde Adler in ein Arbeitslager in einem Bergbaubetrieb in Aserbaidschan verlegt. Es gelang ihm, als Mitglied einer „Künstlerischen Gruppe" leichtere Arbeit zu erhalten. Im August 1948 wurden die rumänische Kriegsgefangenen nach Hause geschickt. Nach der Entlassung aus dem letzten Durchgangslager Fuksan erfuhr er durch einen Landsmann von der Ermordung seiner Familienangehörigen. Physisch und psychisch schwer angeschlagen, fuhr er nach Bukarest. Dort fand er eine Anstellung als Kantor an der orthodoxen Malbim-Synagoge. 1950 emigrierte Adler im Rahmen der großen Auswanderungswelle rumänischer Juden, die von 1948 bis 1951, dem Zeitraum, in der Anna Pauker rumänische Außenministerin war, stattfand. Er gelangte von Constanca per Schiff nach Israel. Ein Vertreter der Poalei Agudat Yisrael in der Stadtverwaltung von Haifa, Yaakov Katz, erwartete ihn und begrüßte ihn: „Ah, do kumt a chasn!". Er vermittelte ihm eine erste Anstellung. Adler erhielt in der Folge eine Anstellung an der Zentralsynagoge (Beth Haknesseth hamerkasi) Haifa und arbeitete als Kantor bei der Israelischen Marine und in der Carmia-Synagoge in Haifa. Er trat auch im Radio auf. 1955 heiratete Adler Hilda Miller eine Überlebende des Holocaust aus Wien, und beschloss, ein Stellenangebot an der Carlton-Synagoge in Melbourne anzunehmen. 1958 wurde Adler an der neu eröffneten Elwood-Synagoge angestellt. 1974 unternahm das Ehepaar Adler eine dreimonatige Weltreise. Adler trifft in Wien seinen Jugendfreund Elisa Gutmann, Oberkantor des Wiener Stadttempels. In der Folge erhielt er eine Einladung des Vorstandes der IKG, sich um dessen Nachfolge zu bewerben. Er nahm diese mit Anfang des darauf folgenden Jahres an und wirkte in der Funktion eines Oberkantors bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1993. Nach dem Tod seiner Frau Hilda lebte er im Elternheim der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Am 28. Nov. 2003 starb Adler in Wien. Er wurde im Familiengrab in Bne Brak, Israel, beigesetzt. Der kantorale Stil Adlers in seinem historischen und kulturellen Kontext Kantor Abraham Adler entstammte der Welt des rumänischen Judentums vor dem Holocaust, wie sie heute nur mehr in der historischen Erinnerung existiert. Er durchlebte die seine Generation prägenden Spannungen zwischen traditionellem Leben und Modernisierung. Adlers Stil als Kantor wie auch als Sänger jüdischer Lieder war durch die darin zum Ausdruck kommende reiche Lebenserfahrung und die Synthese unterschiedlichster musikalischer Einflüsse unverwechselbar und einzigartig: In Wien führte Adler einerseits die musikalische Tradition des Stadttempels, die von Salomon Sulzer geschaffen worden war, fort. Als Kenner einer weltlichen Musiktradition, v. a. der jiddischen Liedern hatte er einen Anteil an der Renaissance jüdischer Musikkultur in Wien, wobei seine Rolle darin bisher zu wenig gewürdigt worden ist. Anzumerken ist, dass Oberkantor Abraham Adler als wichtiger Vermittler jüdischer Musiktradition in Australien, wo er lange Zeit lebte, bis heute geschätzt und anerkannt wird. Chasan und Kantor Adler verstand sich selbst eher als ein traditioneller Chasan, der eine Verbindung der durchaus unterschiedlichen Musiktraditionen von Chasan und Kantor erreicht hatte. Abraham Adler war Vertreter einer Generation, die noch das „Goldene Zeitalter der kantoralen Musik" erlebt hatte, die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts bis zur Schoah. Sein Werdegang und seine besonderen Qualitäten als Kantor sind vor diesem Hintergrund zu sehen. Adlers kantoraler Stil entwickelte sich vor dem Hintergrund dieser reichen musikalischen Tradition, in der sowohl traditionelle „Chasanuth" als auch moderner Kantorengesang eine Rolle spielten. Die Mitgliedschaft in einem Synagogenchor war für Adler der Weg zu seiner musikalischen Laufbahn. Adler entstammte einer streng religiösen, aber auch praktisch orientierten Familie. Sein Vater war gegen die Kantorenlaufbahn des Sohnes eingestellt – „Chasan" war für ihn eine ökonomisch zu unsichere Laufbahn. Vielleicht spielten auch Vorbehalte der Orthodoxie gegen „moderne" Kantoren eine Rolle. In Osteuropa wurde die traditionelle mündliche Vermittlung bis ins 20. Jahrhundert gepflegt. Adler lernte auf traditionelle Weise durch das Vorbild seines Lehrers Mendl Hörer. Nachdem er noch sehr jung zu dessen Stellvertreter wurde, versuchte er, seine Ausbildung zu vertiefen. Die für ihn dafür erreichbare Stadt war Czernowitz, wo er sich um eine formale musikalische Ausbildung bemühte. Bezeichnend ist seine Angabe, dass er von einem Freund vor dem Besuch des dortigen Konservatoriums gewarnt wurde. Die multinationale Bukowina kam nach dem Ersten Weltkrieg an Rumänien. In den dreißiger Jahren wurde das politische Klima zunehmend von einem „großrumänischen" Nationalismus bestimmt, der Druck zur „Rumänisierung" der Minderheiten machte sich auch im traditionell multinationalen Czernowitz bemerkbar. Leidtragende waren nationale Minderheiten, welche die rumänischen Behörden besonders irredentistischer, „subversiver" oder „antinationaler" Tendenzen verdächtigten. Das betraf neben den Ukrainern in besonderem Maße die Juden. Der Antisemitismus hatte ja schon seit dem 19. Jahrhundert Tradition unter den rumänischen Nationalisten. Pinchas Spektor (1872-1951), der Abraham Adler in seinen Chor aufnahm und ihm Privatunterricht als Sänger gab, war ein bedeutender und weithin bekannter Vertreter der Synagogalmusik in Czernowitz. Die Bedeutung von Czernowitz als Ort, wo eine „westliche" und eine „östliche" musikalische Tradition aufeinander trafen, illustriert Abraham Adlers Bericht vom Treffen der verschiedenen Kantoren an Schabbat-Nachmittagen in einer Czernowitzer Gaststätte, bei denen es zu richtiggehenden Wettbewerben zwischen den Kantoren kam. An der Beschreibung ist der durchaus weltliche Ehrgeiz der Kantoren zu erkennen. Er illustriert die Widersprüchlichkeit, die im „Berufsbild" des Kantors angelegt ist. Einerseits soll er musikalische Qualitäten aufweisen, andererseits die erforderliche religiöse Tiefe seines Vortrages gegenüber dem effektvollen Vortrag nicht zu kurz kommen. Brüche und Kontinuitäten: Der Karriereverlauf Adlers Ein nicht unwesentlicher Faktor für unsere Vorstellung von einem „goldenen Zeitalter der Chasanuth" ist, dass es seit Beginn des 20. Jahrhunderts auch Tondokumente von kantoralem Gesang gab. Damit wurde es möglich, dass auch spätere Generationen die vergänglichen Qualitäten vom Stimmen großer Chasanim beurteilen konnten. Es entstand ein Markt für Tonträger und es wurde möglich, die Besonderheiten des Vortrages außergewöhnlicher Kantoren auch ohne Besuch eines Gottesdienstes zu hören. Kantoren wurden angeregt, sich auch an einem anderen Repertoire zu versuchen, und sie konnten die Popularität nutzen, um zu besseren Konditionen angestellt zu werden. Eine Konsequenz der neuen technischen Möglichkeiten war die Entstehung einer Art von „Starsystem" für Kantoren. Ein bekanntes Beispiel, das Adler zitiert, ist der Kantor Jossele Rosenblatt, ein legendärer Kantor mit chassidischem Hintergrund. Adler hebt in seinen Erinnerungen besonders die chassidische Barttracht Rosenblatts hervor, wodurch er sich deutlich von den üblichen Kantoren unterschied, welche in der Tradition der Reform Sulzers standen. Abraham Adler selbst sammelte im Laufe seines Lebens eine große Anzahl von Tonträgern, vor allem mit kantoraler Musik. Den musikgeschichtlich wichtigsten Teil dieser Sammlung, der auch seine eigene Tätigkeit dokumentierte, bot er 1998 dem Österreichischen Phonogrammarchiv an, das sich um die Archivierung und Katalogisierung dieser Dokumente kümmert. Aus Adlers Äußerungen zu seiner Selbsteinschätzung als Kantor geht hervor, dass er eine ambivalente Einstellung zu diesem „Starsystem" der Kantoren hatte. Zweifellos verstand er, dass „self-promotion" wichtig war. Aber seine Distanz zur von ihm als „amerikanisch" beschriebenen Lebensart war wohl auch lebensgeschichtlich bedingt. Während der Phase der Zwangsarbeit, der Kriegsgefangenschaft, in der Zeit von 1942 bis 1948, war er auf Jahre von jeder Form synagogaler Musik isoliert. Seinem eigenen Bekunden nach lösten die Unmenschlichkeiten und Gräuel des Krieges und auch die unmenschlichen Bedingungen der Gefangenschaft, die er miterleben musste, auch eine tiefe Glaubenskrise aus. Abgesehen davon, dass er keinen jüdischen Kalender zur Verfügung hatte, war es ihm auch aus einer inneren Krise heraus nicht möglich, zu beten, wie er im Interview betonte. Seine Rückkehr zu seiner ursprünglichen musikalischen Berufung als Chasan ist daher auch als Prozess eines Wieder-Zu-Sich-Selbst-Findens nach der tiefen Traumatisierung, die durch die Kriegsgefangenschaft und die Nachricht vom Tod aller Familienangehörigen ausgelöst wurde, zu verstehen. Adlers Erzählungen deuten darauf hin, dass er aufgrund seiner Erfahrungen zeitweise unter extremen depressiv-paranoiden Zuständen litt, wo er sogar Bekannten auswich. Erst die zufällige Begegnung mit den Jugendfreunden Fuchs und Gutmann in Bukarest, die ihn an die Malbim-Synagoge verwiesen, führte eine entscheidende Wende herbei. Hier, in der Malbim-Synagoge, kam er in eine Hochburg traditionellen Judentums, was Erinnerungen an die Kindheit weckte. Obwohl er aufgrund seines verwahrlosten Äußeren beinahe abgewiesen worden wäre, überzeugte Adler durch seinen Vortrag beim Gebet so sehr, dass er als Kantor angestellt wurde. Die politische Entwicklung in Rumänien nach der kommunistischen Machtergreifung bot ihm aber keine Perspektive, und er schlug den Weg der „halblegalen" Emigration nach Israel ein, die in diesen Jahren von den Kommunisten geduldet wurde. Die Zeit in Israel war einerseits eine Zeit einer stetigen Karriere, aber aus Adlers Erzählungen lässt sich erkennen, dass sein osteuropäischer Stil der Chasanuth nicht unbedingt dem zeitgenössischen israelischen Geschmack entsprach. Erst allmählich erschlossen sich für Adler die technischen Möglichkeiten von Tonträgern. Die Anregung zu den ersten Aufnahmen kam von außen, von einem interessierten musikalischen Laien. Mit den ersten Tonbandgeräten, die in den Verkauf gelangten, entstand eine Möglichkeit, mit relativ geringem Aufwand Aufnahmen seines Gesanges herzustellen und in privatem Rahmen zu verbreiten. Wie Adler berichtet, hatten solche Liebhaber-Aufnahmen seiner chasonischen Stücke durchaus Konsequenzen für seinen Lebensweg: mit diesen ersten privaten Tonbandaufnahmen, die er in den fünfziger Jahren in Israel machte, konnte er entfernte Freunde und Verwandte erreichen, und nicht zuletzt auf Grundlage dieser Aufnahmen wurde ihm in Australien eine Kantorenstelle angeboten. Australien: Adler als Kantor einer sich konsolidierenden jüdischen Gemeinde Adler erreichte den Höhepunkt seiner Karriere in Australien. Seinen ersten Vertrag hatte er in Melbourne an dem Carlton United Hebrew Congregation, wo er 1956 und 1957 als Kantor fungierte. Er entschloss sich, diesen nicht mehr zu verlängern als er ein besseres Angebot der Elwood Synagoge erhielt, wo er bis 1975 tätig war. Wie Adler berichtet, bestand eine direkte Konkurrenz zwischen den Synagogen und seine Weigerung, den Vertrag an der Carlton-Synagoge zu verlängern brachte ihn in Konflikt mit der Gemeindeführung, die ihn letztlich nicht halten konnte. Der Zusammenhang von Bautätigkeit und Adlers Berufung dürfte so zu verstehen sein, dass die Möglichkeit für diesen Wechsel Adlers nur vor dem Hintergrund der Entwicklung innerhalb der jüdischen Gemeinde zu verstehen ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg integrierte die schon länger bestehende jüdische Gemeinschaft in Melbourne eine größere Anzahl osteuropäischer Überlebender. Dies brachte eine Ausdifferenzierung innerhalb der Gemeinden und verstärkte Bautätigkeit mit sich, und das „Anwerben" eines Kantors . Die Anstellung von Abraham Adler 1958 ist also in direktem Zusammenhang mit Bemühungen um Mitglieder mit europäischem traditionell-orthodoxem Hintergrund an sich zu binden, zu sehen. Die Erzählungen Adlers illustrieren dies sehr schön. Einer der wesentlichen Gründe für die Auswanderung nach Australien, so ergibt sich aus seinen Erzählungen, war die Tatsache, dass er unter den „Sabres", den in Israel geborenen und aufgewachsenen Generation, zu wenig Verständnis für die seelischen Lage der Holocaust-Überlebenden fühlte. Die selbstbewussten, verteidigungsbereiten Sabres verstanden nicht, warum die europäischen Juden nicht Widerstand geleistet hatten. In Australien trat Adler regelmäßig bei Gedenkveranstaltungen auf und nahm auch eine Sammlung von Ghetto- und Widerstandsliedern auf. Adler und das Revival des jiddischen Liedes Das mit den 1980-er Jahren einsetzende „Revival" jiddischen Liedgutes im deutschen Sprachraum ist ein widersprüchliches Phänomen, da es hier – im Unterschied etwa zu den USA - vor allem von Nichtjuden getragen war. Dieses Revival ist eine Auswirkung des in den 1970er Jahren vor allem in den USA erwachten Interesses an Klesmer-Musik und jiddischen Liedern. Kantor Adler selbst hatte in seiner Jugendzeit jiddische Lieder vor allem über das jiddische Theater kennen gelernt, sich aber während seiner Kantorentätigkeit nicht mehr damit beschäftigt. Während der Kriegsgefangenschaft baute er allerdings gelegentlich jiddische Lieder in die Unterhaltungsprogramme ein, die er für Mitgefangene gab (darunter viele deutsche Kriegsgefangene). Adler beschäftigte sich mit diesem Repertoire erst wieder intensiver in seiner Zeit in Australien, wo er auch als Sänger bei Hochzeiten und Bar Mitzwot auftrat. Aus seinen Aussagen geht hervor, dass dieses Repertoire in seinen ersten Jahren in Wien weniger gefragt war. Erst in späteren Jahren wurde er auch als Sänger jiddischer Lieder wieder geschätzt, was auch vor dem Hintergrund des erwähnten Revival zu sehen ist. Interessant ist, dass er in den 1980-er Jahren zwar Konzerte in Budapest gab, aber keine in Wien. Adler selbst erinnerte sich, dass er zwar in Australien italienische Musiker fand, die spontan den Vortrag jiddischer Lieder begleiten konnten, aber im Wien der 1970-er Jahre keine solchen Musiker antraf. Adler wurde also in Wien erst relativ spät, in seinem letzten Lebensjahrzehnt, als Träger von „authentischen" Versionen jüdischen Liedgutes erkannt und anerkannt als jemand, der noch den Vortragsstil der Zwischenkriegszeit selbst erlebt hatte und überliefern konnte.